Internationaler Praxisaustausch in Griechenland

Flüchtlingsrat Niedersachsen nimmt an einem internationalen Praxisaustausch in Griechenland zum Thema „unbegleitete minderjährige Geflüchtete“ teil

Vom 24. bis 27. September 2024 nahm der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. an einem internationalen Austauschtreffen zur Begleitung und Unterstützung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten in Griechenland teil. Organisiert wurde das Treffen von Family for Every Child, einem globalen Bündnis lokaler zivilgesellschaftlicher Organisationen, das sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen gefährdeter Kinder weltweit einsetzt. Der Flüchtlingsrat ist ein Mitglied dieses Netzwerkes.

Gemeinsam mit Mitarbeiter*innen verschiedener NGOs aus Griechenland, Bulgarien, Italien und England informierten wir uns über die Arbeit unserer Organisationen und tauschten uns über gesetzliche Vorgaben, Unterbringungs- und Betreuungsbedingungen sowie Unterstützungsangebote für unbegleitete minderjährige Geflüchtete in den jeweiligen Ländern aus.

In Griechenland präsentierte uns insbesondere die Organisation METAdrasi ihre beeindruckende Arbeit. 2010 gegründet, ist METAdrasi in allen Hotspots und auch auf dem griechischen Festland aktiv. METAdrasi führt viele verschiedene Projekte durch, darunter die Betreuung unbegleiteter Kinder und Jugendlicher in Schutzeinrichtungen, die Übernahme der Vormundschaft für unbegleitete Minderjährige, sowie Unterstützungsangebote für junge Erwachsene in Bezug auf Wohnen und Arbeit. Darüber hinaus bietet METAdrasi Bildungsprogramme für Kinder und Jugendliche in Camps an, schult und koordiniert Dolmetscher*innen in Camps, Krankenhäusern und Schulen und leistet rechtliche Beratung und Unterstützung für Schutzsuchende im Asylverfahren.

Bei den Treffen in Athen und auf Chios hatten wir die Gelegenheit, direkt von einigen Vormündern mehr über ihre Arbeit und die Herausforderungen in der Betreuung unbegleiteter Minderjähriger zu erfahren, die entweder in Schutzeinrichtungen (shelter) oder in sogenannten „sicheren Zonen“ (safe zones) in Camps untergebracht sind. Aus den Berichten wurde das enorme Engagement der Mitarbeitenden deutlich, ebenso wie die äußerst schwierigen Bedingungen, unter denen sie zum Schutz und Wohl der Kinder arbeiten. Es mangelt an kindgerechten Unterbringungsmöglichkeiten. Geflüchtete Kinder und Jugendliche unterstehen in Griechenland generell der Migrationsbehörde und nicht wie griechische Kinder der Sozialbehörde. Hiermit gehen viele Benachteiligungen einher. Der Bundesverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF) veröffentlichte 2019 einen Bericht über die menschenunwürdigen Bedingungen, denen geflüchtete Kinder in den Aufnahmelagern ausgesetzt sind. Wie andere zivilgesellschaftliche Organisationen versucht METAdrasi eine bessere Versorgung unbegleiteter minderjähriger Geflüchtete zu ermöglichen, wo öffentliche Behörden versagen – eine Aufgabe, die mit viel Frustration, Rückschlägen und unentlohntem persönlichem Engagement verbunden ist. Es ist bemerkenswert, was METAdrasi in den letzten Jahren trotz der schwierigen Bedingungen erreicht hat.

In Chios nutzten wir auch die Gelegenheit der Organisation Equal Rights Beyond Borders unsere solidarischen Grüße zu überbringen. Equal Rights Beyond Borders arbeitet in Deutschland und Griechenland und eröffnete 2017 in Chios ihr erstes Büro. Sie bieten geflüchteten Menschen kostenlose rechtliche Unterstützung an, insbesondere bei Familienzusammenführungen und Visumsverfahren. Zudem helfen sie bei Inhaftierungen und dem Zugang zu sozialen Rechten, auch durch anwaltliche Vertretung vor Gericht.

Was nehmen wir persönlich mit? Uns ist erneut bewusst gemacht worden, dass persönliches Kennenlernen eine wichtige Voraussetzung für enge Zusammenarbeit und solidarische Unterstützung ist. Es ist entscheidend, uns europaweit zu vernetzen, um über neue politische Entwicklungen informiert zu bleiben und Informationen auszutauschen. Es macht einen großen Unterschied, ob wir nur hören oder lesen, was geflüchtete Kinder und Jugendliche auf ihrem Fluchtweg erleben, oder ob wir diese Orte selbst besuchen. Eine zunehmend restriktiver werdende Migrationspolitik, die Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen verharmlost und Abschiebungen rechtfertigt, darf unser Engagement nicht mindern. Auch darin wurden wir durch die Reise nach Griechenland noch einmal bestärkt.

 

Bitte schreiben Sie an dieser Stelle nur allgemeine Kommentare.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...

Schreibe einen Kommentar

Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!