Massaker auch in Syrien – 300 Flüchtlinge akut von Abschiebung bedroht

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„Massaker auch in Syrien“ titelt die heutige Ausgabe der Frankfurter Rundschau. Wie Hohn und Spott muss den für ihre Freiheit streitenden DemokratInnen da die Erklärung der niedersächsischen Landesregierung in den Ohren klingen, Syrien sei „im Unterschied zu anderen arabischen Ländern … ein weltlich orientiertes Land, in dem die verschiedenen Religionen und Nationalitäten weitgehend konfliktlos nebeneinander leben“ Die Landesregierung hielt noch im Februar eine Entwicklung wie z.B. in Ägypten für unwahrscheinlich, „da Präsident Assad bedeutend jünger ist als die anderen Machthaber in der arabischen Welt und somit dem Volk näher steht.“ ( siehe hier)

Wie einer Entscheidung des VG Hannover vom 9. Februar 2011 zu entnehmen ist, sind im Jahr 2010 bundesweit insgesamt 897 syrische Staatsangehörige und 314 Staatenlose/Drittstaatsangehörige zur Abschiebung angemeldet worden. Syrische Behörden haben für 321 syrische Staatsangehörige und 49 Staatenlose/Drittstaatsangehörige Passersatzpapiere ausgestellt. 65 syrische Staatsangehörige und 2 Staatenlose wurden 2010 tatsächlich abgeschoben. Daraus folgt, dass für bundesweit rund 300 Flüchtlinge aus Syrien Passersatzpapiere schon vorliegen, eine Abschiebung also jederzeit erfolgen kann.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Meldungen aus Syrien fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen erneut die Aufkündigung des Rückübernahmeabkommens mit Syrien sowie die sofortige Verhängung eines Abschiebungsstopps durch die niedersächsische Landesregierung.

gez. Kai Weber

Frankfurter Rundschau vom 25.03.2011
Aufruhr in Arabien
Massaker auch in Syrien

Das Regime in Syrien geht brutal gegen Demonstranten vor: Offenbar wurden Dutzende Menschen erschossen – deutlich mehr als bisher bekannt.

Der syrische Präsident Baschar al-Assad und seine Regierung versuchen mit brutaler Gewalt, die Proteste gegen das Regime zu beenden. In der syrischen Provinz Daraa versammelten sich am Donnerstag dennoch Tausende von Angehörigen und Regimegegnern, um die Opfer der Polizeigewalt vom Vortag zu Grabe zu tragen. In Sprechchören forderten sie einen demokratischen Wandel

Bei der Niederschlagung von Demonstrationen waren am Mittwoch offenbar deutlich mehr Menschen getötet worden als bisher bekannt. Laut Opposition starben mindestens 100 Menschen, als Soldaten das Feuer auf eine Menschenmenge eröffneten. Das örtliche Krankenhaus berichtete von 37 Toten, die alle Schusswunden gehabt hätten. Ein Regimegegner sagte, seit Beginn der Auseinandersetzungen mit der Staatsmacht seien in der Stadt insgesamt 224 Menschen ums Leben gekommen.

Syrische und ausländische Menschenrechtsorganisationen berichteten von zahlreichen Festnahmen. Amnesty International veröffentlichte eine Liste mit 93 Menschen, die seit Monatsbeginn festgenommen wurden. Es handele sich um Aktivisten, Studenten, Intellektuelle und Journalisten. Es sei aber davon auszugehen, dass die wahre Zahl der Festnahmen viel höher liege. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich bestürzt über die Lage in Daraa. „Die Gewalt muss unverzüglich enden“, sagte er. Sein französischer Amtskollege Alain Juppé forderte Syrien auf, „der Stimme des Dialogs und der Demokratie zuzuhören“. Auch die USA hatten sich zuvor besorgt über die Lage geäußert.

Das Regime kündigte nun an, „Mittel und Wege“ zu prüfen, um den seit 1963 geltenden Ausnahmezustand zu beenden“, sagte Präsidentensprecherin Buthaina Schaaban. Auch die Einführung eines Gesetzes, das die Gründung von politschen Parteien ermöglicht, werde erwogen. (dpa/afp/rtr)

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