Aufforderung zur bundesweit einheitlichen Anwendung der bestehenden Handlungsgrundlage zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit
von Christiane Maurer
siehe auch den aktualisierten Aufruf an die IMK mit Stand vom 24.05.2024
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Sehr geehrte Frau Bundesinnenministerin Faeser,
Sehr geehrte Frau Bundesaußenministerin Baerbock,
Sehr geehrte Innenminister:innen in den Ländern,
Sehr geehrte Menschenrechtspolitiker:innen aller demokratischer Parteien,
obwohl allen politischen Akteuren die Sachlagenbewertung zur Situation der Jesid:innen im Irak bekannt ist, droht ihnen weiterhin Abschiebung. Noch immer will niemand an diesem unsäglichen Zustand Schuld haben oder zuständig sein.
Der Bund verweist auf die Länder, die Länder wiederum auf Bund und Kommunen. Die Städte und Gemeinden fühlen sich an die Weisung des BAMF gebunden, das wiederum sagt, die Länder könnten die Abschiebungen verhindern.
Wenn die Politik, egal auf welcher Ebene eine Lösung finden will, wird es eine geben. Sollte diese Lösung ausbleiben, dann hat die Politik diese auch nicht gewollt. So bleibt abzuwarten ob „Nie wieder“ mehr als ein Lippenbekenntnis ist, oder Überlebende eines Völkermordes weiterhin zurück zu den Tätern in das Grauen geschickt werden.
Zur Sachlage stellte das BAMF schon vor der Abschiebeoffensive gegen Jesid:innen am 2.3.23 bereits klar: „Für jesidische Religionszugehörige aus dem Irak gilt jedoch unabhängig von der Herkunftsregion und damit unabhängig vom Vorliegen einer Sachlagenänderung, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 73 Absatz 3 des Asylgesetzes (AsylG Widerruf und Rücknahme) (seit 1. Januar 2023 gültige Fassung des AsylG) grundsätzlich erfüllt sind. Dieser Personengruppe ist es – ungeachtet veränderter Verhältnisse – nicht zumutbar, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren. Die Unzumutbarkeit der Rückkehr ist mit dem vom sog. Islamischen Staat (IS) verübten Völkermord an den Jesiden begründet.“
Bereits am 16.11.23 kritisierte der Menschenrechtsausschuss die seit Juni 2023 plötzlich stattfindenden Abschiebungen von Jesid:innen scharf. Mehrheitlich verlangt wurde eine Prüfung bzw. Korrektur der Abschiebepraxis im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
Kurz darauf, nach der Befragung der Vertreter des AA und des IM, fiel das Fazit des Menschenrechtsausschusses noch deutlicher aus:
Schlechte Rückkehrperspektiven für Jesiden:
“Dass aktuell die Abschiebung der vom Völkermord betroffenen Jesidinnen und Jesiden in den Irak von zahlreichen Behörden forciert wird, haben wir im Menschenrechtsausschuss scharf kritisiert. Unter meiner Sitzungsleitung haben wir Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und des Innenministeriums nach der aktuellen Lage in den Herkunftsgebieten im Nordirak und den Rückkehrperspektiven befragt.
Negatives Fazit
Auch wenn die Jesiden heute nicht mehr als Gruppe verfolgt werden, nachdem der IS weitgehend zurückgedrängt werden konnte: Die Jesiden werden weiter als Minderheit diskriminiert. Und bis in ihrer alten, weitgehend zerstörten Heimat überhaupt wieder ein sicheres, menschenwürdiges Leben möglich ist, werden trotz aller Bemühungen besonders im Rahmen des Sindschar-Abkommens leider noch viele Jahre vergehen. Die Abschiebepraxis muss deshalb überprüft werden.“
In einigen Bundesländern wurde und wird zwischenzeitlich auf z.T. chaotische Weise darum gerungen, noch irgendwie Nothilfe für akut abschiebebedrohte Jesid:innen zu leisten. Sofern hiervon überhaupt Kenntnis erlangt wird, der Wille besteht und sie nicht schon in Abschiebehaft oder fast im Flieger sitzen. Wobei selbst in den Ländern, die guten Willens sind, zeitlich begrenzte offizielle oder inoffizielle Abschiebestopps, Petitionsausschüsse oder Härtefallkommissionen dieses andauernde Politikversagen weder korrigieren noch eine dauerhafte Lösung bieten können. Aufgrund der Untätigkeit und Weigerung des Bundes für Rechtssicherheit zu sorgen, indem lediglich die vorhandene eindeutige Rechts-/ und Handlungs-Grundlage zu kommunizieren wäre, läuft die Galgenfrist demnächst ab.
Es kann nicht legitim sein und grenzt an Willkür, dass derzeit eine Abschiebung davon abhängt, in welchem Bundesland Jesid:innen leben und welcher politische Wille dort vorherrscht. Erschwerend kommt hinzu, dass die jesidische ethnische und religiöse Zugehörigkeit weder separat erfasst noch berücksichtigt wird. Anscheinend tritt dieser Fehler systembedingt schon viel früher, im Rahmen der Asylantragstellung auf und zieht sich durch. Anders ist die derzeitige Situation nicht erklärbar, da im Vorfeld aufgrund der selbst erstellten und bekannten Erkenntnismittel zumindest Abschiebeverbote hätten erteilt werden müssen. Es drängt sich zwangsläufig die Frage auf, auf welcher Rechtsrundlage die ablehnenden Entscheidungen während der letzten Jahre beim BAMF zustande kamen, die nun zur konkreten Abschiebebedrohung von über der Hälfte aller schutzsuchenden Jesid:innen führen.
Rechtsstaatlichkeit bedeutet, dass Regierung und Verwaltung nur im Rahmen bestehender Gesetze und Vorgaben handeln dürfen. Es ist Aufgabe der Politik Menschen vor staatlicher Willkür, Diskriminierung und Menschenrechtsverletzungen zu schützen.
Nichts mehr als das fordere ich hiermit. Schaffen Sie endlich Klarheit und sorgen Sie umgehend für eine bundesweit einheitliche Umsetzung der Handlungsgrundlage anhand der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel zur Situation der Jesid:innen im Irak.
Einen Auszug der Sammlung mir vorliegenden Erkenntnismittel füge ich nachstehend zur Verdeutlichung separat bei.
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Aktualisierte Information per 03.02.24:
zur Situation der Jesid:innen im Irak;
zur politischen Bleiberechtslage bzw. Abschiebungen
Überlebende eines Völkermordes sind im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) als Flüchtling anzuerkennen:
Bei der Schaffung des Art. 1 C Nr. 5 Satz 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) hatten die Signatarstaaten das Schicksal jüdischer Flüchtlinge aus dem nationalsozialistischen Deutschland vor Augen (vgl. auch Marx, AsylG, 11. Aufl. 2022, § 73 Rn. 53; Salomons, ZAR 2005, 1, 2; Frei/Hinterberger/Hruschka in: Hruschka, GFK, 1. Aufl. 2022, Art. 1 Fn. 406; Hathaway/Foster, The law of refugee status, 2. Aufl. 2014, S. 493). Die Vorschrift erlaubt es dementsprechend, besonderen Verhältnissen eines Flüchtlings Rechnung zu tragen, insbesondere, wenn dieser ein besonders schwerwiegendes Verfolgungsschicksal erlitten hat und ihm deshalb eine Konfrontation mit dem Land der ehemaligen Verfolgung nicht zuzumuten ist, namentlich dann, wenn Retraumatisierungen nicht auszuschließen sind, was – zwar prinzipiell ausgehend von einer objektiven Beurteilung der Zumutbarkeit – eine besondere Berücksichtigung der individuellen Einschätzung der konkreten Situation des Flüchtlings und die Einbeziehung dessen subjektiver Sichtweise erlaubt und erfordert (zum Vorstehenden: Funke-Kaiser, GK-AsylG, 124. Aktualisierung, Stand: 12/2019, § 73 Rn. 35). Erforderlich ist eine umfassende und individuelle Prüfung der Zumutbarkeit der Rückkehr (Frei/Hinterberger/Hruschka in: Hruschka, GFK, 1. Aufl. 2022, Art. 1 Rn. 147).
Gleiches muss auch in Fällen gelten, wo an anderen Volksgruppen ein Völkermord verübt wurde.
Die Annahme, dass ein Jeside im Irak sicher an seinen Wohnort zurückkehren könne, entspricht nicht den tatsächlichen Verhältnissen, weil es faktisch gar kein sicheres Wohngebiet in der Ursprungsregion Shingal/Sinjar mehr gibt. Jesiden hatten und haben bis heute niemals mehr die Chance auf die Rückkehr in ein gewohntes menschenwürdiges, wenn auch ärmliches Leben, wie vor 2014. Geschweige denn etwas, was man ein Zuhause nennen könnte. Ein Zelt in einem Binnenvertriebenen-Lager entspricht gerade nicht einem vorherigen gewöhnlichen selbst gewählten Wohnort. In diesem Zusammenhang positioniert sich UNHCR v. 3.6.2019 mit bis heutiger Gültigkeit wie folgt:
“Der Direktor der Abteilung für internationalen Schutz des UNHCR hat mit Schreiben vom 17. Mai 2019 dem Außenministerium, dem Ministerium für Justiz und Sicherheit sowie den Migrationsbehörden die Position des UNHCR in Bezug auf irakische Staatsangehörige aus dem Bezirk Sinjar, die der Ethnie und Religion der Yeziden angehören und deren Asylanträge mit der Begründung abgelehnt wurden, dass ein Lager für Binnenvertriebene in der Region Kurdistan im Irak als ihr letzter Wohnsitz bestimmt wurde, dargelegt.
In diesem Schreiben hat UNHCR folgende Position dargelegt:
UNHCR betrachtet Binnenvertriebenenlager in der Region Kurdistan im Irak (KR-J), nicht als Orte der dauerhaften Besiedlung/des gewöhnlichen Aufenthalts („normaler Wohnsitz Heimat“) oder Orte, die interne Fluchtalternativen darstellen. Diese Analyse ist nicht nur für die KR-J einzigartig. Sie gilt für IDP-Camps in allen von Konflikten betroffenen Ländern. In den UNHCR-Richtlinien zum internationalen Schutz Nr. 12 stellen wir Folgendes fest:
Die Präsenz von Binnenvertriebenen, einschließlich derjenigen, die internationale Hilfe erhalten, in einem Teil des Landes, ist nicht unbedingt ein Beweis für die Angemessenheit einer vorgeschlagenen Binnenflucht- oder Umsiedlungsalternative in „diesem Teil des Landes.“ Binnenvertriebene genießen oft keine Grundrechte und können mit wirtschaftlicher Not oder Existenz unterhalb eines angemessenen Existenzminimums konfrontiert sein, was ein Beweis für die Unangemessenheit der vorgeschlagenen Binnenflucht- oder Umsiedlungsalternative wäre. Es ist notwendig, die Fähigkeit der kommunalen Behörden, Schutz vor Schäden zu bieten, sowie die Frage, ob die Menschenrechte, insbesondere die unveräußerlichen Rechte und Freiheiten, respektiert werden, zu prüfen. Darüber hinaus kann in einigen Situationen interne Vertreibung das Ergebnis einer ethnischen Säuberungspolitik oder ähnlichem sein, unter Verstoß gegen die Verbote der Zwangsüberstellung und willkürlichen Vertreibung im Rahmen des Humanitären Völkerrechts im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten. Unter solchen Umständen sollte nicht davon ausgegangen werden, dass eine interne Flucht- oder Umsiedlungsalternative besteht.
Wir unterstreichen in diesem Zusammenhang auch das schwere und anhaltende Trauma, das viele Jeziden im Irak infolge ihrer Verfolgung erlebt haben, darunter viele Kinder. UNHCR erinnert an die Forderung, dass bei jedem Umgang mit Kindern das Wohl des Kindes vorrangig berücksichtigt werden muss.
Darüber hinaus betont UNHCR, wie wichtig es ist, die persönlichen Umstände zu bewerten, einschließlich des Vorliegens eines psychologischen Traumas, das gegen jede Erwägung einer Umsiedlung in ihrem Herkunftsland sprechen kann. Solche Traumata und Erfahrungen in der Vergangenheit sind entscheidende Elemente, die bei der Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz von einem Mitglied dieser Gruppe berücksichtigt werden müssen.“
Insbesondere haben zuletzt die grauenhaften Bilder der menschenverachtenden Angriffe der Terrororganisation Hamas auf israelisches Staatsgebiet am 07. Oktober 2023 bei vielen Jesiden die eigenen schrecklichen Erinnerungen wieder aufleben lassen. (Quelle: https://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=country&docid=5e1726a84&skip=0&publisher=UNHCR&coi=IRQ&querysi=Yazidi%202021&searchin=fulltext&sort=date)
Erst kürzlich übte der Menschenrechtsausschuss Kritik an den seit Juni 2023 plötzlich praktizierten Abschiebungen von Jesiden (s. Menschenrechte – Ausschuss – hib 871/2023 v. 16.11.23 “Kritik an Abschiebungen von Jesiden in den Irak“). Die Mitglieder des Menschenrechtsausschusses haben sich mehrheitlich für eine Prüfung bzw. Korrektur der aktuellen Abschiebepraxis im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgesprochen. Es wird von den Mitgliedern des Menschenrechtsausschusses scharf kritisiert, dass bei Abschiebungen in den Irak derzeit keine differenzierte Unterscheidung zwischen Genozid überlebenden Jesid:innen und islamistischen Gefährdern oder irakischen Straftätern vorgenommen wird. Es ist illusorisch anzunehmen, dass Jesiden, Christen oder Juden im Irak die gleichen Lebensbedingungen vorfinden könnten wie muslimische irakische Staatsangehörige. Überlebenden eines Völkermordes müsse Schutz gewährt werden. (Quelle: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-978206)
Die während der Sitzung im Menschenrechtsausschuss getätigten Ausführungen der Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Bundesinnenministeriums und des Bundesentwicklungsministeriums, sich für Rückkehrperspektiven einzusetzen, sind löblich aber verkennen leider die Realität, da sie bisher nachweislich nichts gebracht haben. (s. aktuelle Länderanalysen – 62G Kurzinformation – Irak Mai 2023 – Die Situation von Jesidinnen und Jesiden –)
Hiernach ist das vom Vertreter des AA erwähnte Sindschar Abkommen nicht wie von ihm dargestellt “ausbaufähig“, sondern wurde bisher gar nicht umgesetzt. Im Gegenteil, die Situation hat sich verschlechtert. Zitat: “Das Abkommen vom Oktober 2020 zwischen der irakischen Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung zur Stabilisierung von Sinjar34 wurde bislang nicht umgesetzt; vielmehr destabilisieren bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den o.g. Gruppen die Region weiter und verhindern somit faktisch einen tatsächlichen großflächigen Wiederaufbau.35 Im Mai 2022 wurden rd. 10.000 Bewohner Sinjars durch eine Eskalation von Kämpfen zwischen der irakischen Armee und der YBŞ erneut vertrieben.“
Ebenso kommt auch die „Yazidi Survivors Law“ faktisch bislang nicht zum Tragen. Gleichfalls wird auf die fragile Sicherheitslage und desaströsen humanitären Bedingungen in Sinjar und der KR-I verwiesen, wonach eine Rückführung in diese Gebiete aktuell nicht infrage kommt. Hier stellt sich die Frage, wohin man Jesid:innen dann überhaupt abschieben könnte, weil der Zentral- oder Südirak bekanntermaßen keine Alternative darstellen kann. Dort wären sie noch schutzloser ausgeliefert und ihrer ausschließlich im Nordirak lebenden Gemeinschaft entrissen. (Quelle: https://www.ecoi.net/en/file/local/2092921/Deutschland._Bundesamt_f%C3%BCr_Migration_und_Fl%C3%BCchtlinge%2C_Die_Situation_von_Jesidinnen_und_Jesiden%2C_01.05.2023._%28Kurzinformation_-_%C3%B6ffentlich%29.pdf)
“Dass aktuell die Abschiebung der vom Völkermord betroffenen Jesidinnen und Jesiden in den Irak von zahlreichen Behörden forciert wird, haben wir im Menschenrechtsausschuss scharf kritisiert. Unter meiner Sitzungsleitung haben wir Vertreter des Auswärtigen Amtes, des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und des Innenministeriums nach der aktuellen Lage in den Herkunftsgebieten im Nordirak und den Rückkehrperspektiven befragt.
Negatives Fazit
Auch wenn die Jesiden heute nicht mehr als Gruppe verfolgt werden, nachdem der IS weitgehend zurückgedrängt werden konnte: Die Jesiden werden weiter als Minderheit diskriminiert. Und bis in ihrer alten, weitgehend zerstörten Heimat überhaupt wieder ein sicheres, menschenwürdiges Leben möglich ist, werden trotz aller Bemühungen besonders im Rahmen des Sindschar-Abkommens leider noch viele Jahre vergehen. Die Abschiebepraxis muss deshalb überprüft werden.“
Zu den vielen irakischen Hilfs- und Aufbauprojekten, die oftmals nur auf dem Papier, aber nicht vor Ort existieren oder keine nennenswerten Erfolge bringen, siehe beispielhaft: Korruption und Misswirtschaft der UNO im Irak.
“So wundert es auch kaum, dass selbst simple Projekte wie Nähwerkstätten für Frauen, die das UNDP eröffnen wollte, offenbar kaum funktionieren: »Fünf Befragte, die mit der UNDP-Berichterstattung vertraut sind, sagten, dass diese die Realität vor Ort nicht widerspiegelt. ›Viele dieser Dokumente dienen hauptsächlich zu PR-Zwecken‹“
(Quelle: https://www.mena-watch.com/korruption-und-misswirtschaft-der-uno-im-irak/)
Hierzu ist zusätzlich zu erwähnen, dass im letzten Jahr das World Food Programme nahezu eingestellt wurde. Finanzierungsdefizit zwingt WFP Irak dazu, lebensrettende Lebensmittel- und Bargeldhilfe für vertriebene Iraker zu kürzen. Zitat: “BAGDAD – Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) gab heute bekannt, dass es aufgrund von Finanzierungsengpässen nicht in der Lage sein wird, weiterhin monatliche Nahrungsmittelhilfe für 137.000 Binnenvertriebene (IDPs) bereitzustellen, die vom WFP in 27 Lagern betreut wurden.“ Hierdurch wird die Ernährungssicherheit der vielen andauernd binnenvertriebenen Jesid:innen, die nunmehr bald seit 10 Jahren in den verbliebenen IDP-Camps unter ohnehin schon prekärsten Bedingungen ausharren, massiv gefährdet. (Quelle: https://reliefweb.int/report/iraq/funding-shortfall-forces-wfp-iraq-reduce-life-saving-food-and-cash-assistance-displaced-iraqis-and-syrian-refugees-enar)
Mit Bundestag Drs. 20/5850 S. 11, 2.3.2023 stellte das BAMF selbst fest „Für jesidische Religionszugehörige aus dem Irak gilt jedoch unabhängig von der Herkunftsregion und damit unabhängig vom Vorliegen einer Sachlagenänderung, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 73 Absatz 3 des Asylgesetzes (AsylG Widerruf und Rücknahme) (seit 1. Januar 2023 gültige Fassung des AsylG) grundsätzlich erfüllt sind. Dieser Personengruppe ist es – ungeachtet veränderter Verhältnisse – nicht zumutbar, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren. Die Unzumutbarkeit der Rückkehr ist mit dem vom sog. Islamischen Staat (IS) verübten Völkermord an den Jesiden begründet.“ Diese Aussage entfaltet Wirkung auf alle in Deutschland Überlebenden von Völkermord. (Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/20/058/2005850.pdf)
Obwohl sich die Politik mehrheitlich und parteiübergreifend, sowohl in den Ländern als auch im Bund, für den Schutz jesidischen Lebens in Deutschland und gegen deren Abschiebungen aussprechen und die entsprechenden Erkenntnismittel vorliegen, wurden und werden im krassen Gegensatz hierzu Jesid:innen trotzdem vermehrt in den Irak abgeschoben und Asylanträge abgelehnt. s. Hintergrundbericht MONITOR vom 14.12.2023 – Gebrochenes Versprechen: Abschiebung von Jesiden. Zitat: “Max Lucks (B’90/Grüne), MdB, Obmann Ausschuss für Menschenrechte: „Jetzt schieben wir diese Leute allen Ernstes dorthin zurück, wo sie nicht sicher sind. Das ist aus meiner Sicht ein moralischer Bankrott für unser Land.“ – Im Januar hat der Bundestag diese Gräueltaten als Völkermord anerkannt und einstimmig gefordert: Zitat: „… Êzîdinnen und Êzîden weiterhin unter Berücksichtigung ihrer nach wie vor andauernden Verfolgung und Diskriminierung im Rahmen des Asylverfahrens Schutz zu gewähren…”.
Und auch in einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage hieß es im März: Zitat: „Für jesidische Religionszugehörige aus dem Irak (…) ist es – ungeachtet veränderter Verhältnisse – nicht zumutbar, in den früheren Verfolgerstaat zurückzukehren.” Ebenso zeigt der Bericht diverse aktuelle Hassvideos, die in den sozialen Medien massenhaft kursieren. Z.B. bezeichnen Imame Jesiden hierin als Teufelsanbeter, bedrohen sie und rufen offen zum Kampf gegen die Ungläubigen Jesiden auf: Zitat: “Kämpfen Sie gegen sie, wo immer sie sind! Ich schwöre bei Gott, dass wir uns an dir rächen und dir eine Lektion erteilen werden!“ (Quelle: https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/gebrochenes-versprechen-abschiebung-von-jesiden-100.html)
Trotzdem dauert die Abschiebebedrohung und Unsicherheit für Jesid:innen, mangels konkreter Weisung und Rechtssicherheit aus dem Bundesinnen-/ und Außenministerium, an. Mit dem Ergebnis, dass in den Ländern auf z.T. chaotische Weise versucht wird, -sofern bekannt – Abschiebungen von Jesid:innen in letzter Minute zu verhindern und es wird um eine einheitliche politische Bleiberechtsregelung gerungen. Erwähnt sei hier der sozusagen als Nothilfe durchgesetzte, aber auf Länderebene nur auf 3 Monate befristet mögliche Abschiebestopp. Der durch die Landesregierung verhängte Abschiebestopp kam nicht zuletzt auch aufgrund der Überlastung des Petitionsausschusses und der Härtefallkommission zustande, wo diverse Anträge in größerer Zahl zu konkret abschiebebedrohten Jesid:innen eingingen. Trotz aller Anstrengungen kann dies weder eine Lösung, noch für diese Ausschüsse bewältigbar sein. In einem Rechtsstaat ist es zumindest befremdlich, wenn Petitionsausschüsse und Härtefallkommissionen als letztes noch verbleibendes Korrektiv eingreifen müssen. (Quelle: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/nrw-landesregierung-verhaengt-abschiebestopp-fuer-jesidinnen-a-48bd476e-4c5b-40cb-ad41-1b855825ab29). Diese politischen Wirrungen werden deutlich am am Beispiel in NRW . Einige Tage vorher, am 13. Dezember 2023, stellte die SPD-Fraktion bereits einen Dringlichkeitsantrag, in dem sie einen sofortigen Abschiebestopp für Jesidinnen und Jesiden forderte. Diesen lehnten die Abgeordneten von CDU und Grünen ab, obwohl sie sich in der Sache alle einig und dafür waren, dass Jesiden sofortiger Schutz zu gewähren sei. Sie verwiesen jedoch darauf, dass nur durch Frau Faeser und im Bund eine sichere langfristige Rechtslage geschaffen werden könne. Da dies kurzfristig nicht erreichbar war, erfolgte dann 5 Tage später der Abschiebestopp der schwarz/grünen Landesregierung. (Quelle: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-7509.pdf)
Die verwirrende und widersprüchliche Situation in NRW ist bezeichnend und übertragbar auf andere Bundesländer. Zum gleichen Ergebnis kommt der Bericht der ZDF Heute Redaktion. Jesiden: Abgeschoben in „das Land der Täter“ Zitat am Ende des Beitrages: “ NRW-Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) sagte, sie habe sich „mehrfach und über einen längeren Zeitraum“ beim Bundesinnenministerium für einen bundesweiten Stopp eingesetzt – und blieb erfolglos. Paul appellierte an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) „schnellstmöglich eine rechtssichere Perspektive“ für Jesiden zu schaffen. Leider steht dies bis heute noch aus! (Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/jesiden-abschiebung-irak-schutzquote-genozid-islamischer-staat-100.html)
Ebenso schränkt Thüringen die Abschiebungen von Jesiden ein. Durchaltbar für zunächst 3 Monate mit maximaler Verlängerung auf insgesamt 6 Monate (Quelle: https://bimf.thueringen.de/beauftragte/medieninfo/detailseite/thueringen-schraenkt-abschiebung-von-jesiden-ein)
Bremen stoppte kurzfristig die Abschiebung von Jesid:innen über den Petitionsweg. Der Aufschub galt bis zum 31.12.23 und ist mittlerweile ausgelaufen. Der Petitionsweg ist dauerhaft weder durchhaltbar noch ein angemessen. Bis es endlich Weisung aus dem Bund geben wird, versucht man sich irgendwie durchzuwurschteln. s. Drucksache 21/235 Seite 5 Eingabe Nr.: L21/31 Gegenstand: Abschiebung von Jesiden. (Quelle: https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2024-01-16_Drs-21-235_d23a4.pdf)
Mittlerweile und aktuell scheinen nur noch Bayern und Hessen Jesid:innen abzuschieben, während die anderen Länder sich sozusagen “unter der Hand“, also ohne formellen Abschiebestopp, aus humanitären Gründen verweigern und weiterhin versuchen, nur irakische Straftäter oder islamistische Gefährder abzuschieben. Dies zeigt das Land Niedersachen mit Lars Klingbeil im Austausch mit jesidischen Verbänden. (Quelle: https://www.lars-klingbeil.de/2024/01/19/klingbeil-und-colpan-im-austausch-mit-jesidischen-verbaenden/) Da die Religionszugehörigkeit aber behördlich nicht separat erfasst wird, gestaltet sich dies in den Ländern schwierig. – Es kann nicht legitim sein, dass derzeit eine Abschiebung davon abhängt, in welchem Bundesland Jesid:innen wohnen und ob ihre Religionszugehörigkeit überhaupt bekannt und berücksichtigt wird. –
Jesid:innen geraten zwischen bürokratische und politische Zuständigkeitsfragen, obwohl alle parteiübergreifend ihren Schutz proklamieren. Siehe den Bericht Zerstörte Leben, geraubte Träume; Jesiden ohne Zukunft – Keiner will zuständig sein. Zitat: “Keiner will zuständig sein – …Dies alles ist den planenden und ausführenden Akteuren bewusst. Zudem will keiner in Deutschland Schuld am derzeitigen Status Quo haben. Der Bund verweist auf die Länder, die Länder wiederum auf Bund und die Kommunen. Die Städte und Gemeinden fühlen sich an die Weisung des BAMF gebunden, das wiederum sagt die Länder könnten die Abschiebungen verhindern.
Jeder mag in seiner Argumentation in großen Teilen recht haben, aber es geht nicht darum „Schuldige“ zu benennen, sondern Lösungen zu finden. Den Jesiden ist egal, welcher der Akteure ihnen den Verbleib in der neuen Heimat ermöglicht.
Im Ausland werden diese Geschehnisse genau verfolgt. Im Land das für den Holocaust verantwortlich zeichnet, engagieren sich Shoa Überlebende für ein anderes, kleines Volk – dass immer wieder ausgerottet werden soll.
Bleibt zu hoffen, dass diese ganzen Anstrengungen zu einem Umdenken in der Deutschen Politik führen. Wenn nicht, dann gibt es keine Sicherheit für die Jesiden, nirgendwo auf der Welt. Und dann ist es nur eine Frage der Zeit bis der versuchte Genozid zum vollständigen Verschwinden der Jesiden führen wird.
Wenn die Politik, egal auf welcher Ebene eine Lösung finden will, wird es eine geben. Sollte diese Lösung ausbleiben, dann hat die Politik diese auch nicht gewollt. So bleibt abzuwarten ob „Nie wieder“ mehr als ein Lippenbekenntnis ist, oder ob künftige Generationen die Jesiden nur noch aus Geschichtsbüchern erleben werden.“ Zitat Ende (Quelle: https://jungle.world/blog/von-tunis-nach-teheran/2023/12/zerstoerte-leben-geraubte-traeume-jesiden-ohne-zukunft)
Von Menschenrechtlern, Politikern, Flüchtlingsräten, ProAsyl, UNHCR, Gesellschaft für bedrohte Völker, Heinrich Böll Stiftung, der ev. und kath. Kirchen, Jüdischen Gemeinden, der Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad, Anwaltsvereinen sowie aus der Zivilgesellschaft, von Vereinen und Ehrenamtlichen, etc. gibt es bereits unzählige Stimmen, Petitionen und offene Briefe, die aufgrund des Fehlens eindeutiger Rechtsgrundlagen, zumindest für ein Bleiberecht aus humanitären Gründen eintreten. Nachstehend ein beispielhafter Auszug der letzten Wochen:
https://www.gfbv.de/de/news/ein-jahr-nach-anerkennung-des-genozids-im-irak-191-11230/
https://www.instagram.com/abaerbock/p/C2RaYCytgd1/ ; https://twitter.com/ABaerbock/status/1748237844194177233
https://www.evangelische-zeitung.de/jesiden-abschiebungen-sind-wie-eine-fortfuehrung-des-genozids
https://www.evangelisch.de/inhalte/226022/18-01-2024/spd-menschenrechtspolitikerin-fordert-abschiebestopp-fuer-jesiden
https://www.proasyl.de/pressemitteilung/innenministerkonferenz-pro-asyl-fordert-sofortigen-abschiebestopp-fuer-jesidinnen-und-jesiden/
https://heimatkunde.boell.de/de/2023/12/22/bundesweiter-abschiebestopp-fuer-jesidinnen
https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/jahrestag-der-anerkennung-des-genozids-durch-den-bundestag-1008
https://www.change.org/p/stoppt-die-abschiebung-der-jesiden-in-deutschland-und-europa;
https://innn.it/abschiebestopp
https://www.mena-watch.com/abschiebung-von-jesiden-sofort-stoppen/
https://www.evangelische-zeitung.de/ramelow-scholz-soll-jesiden-sicheren-aufenthalt-ermoeglichen
https://www.nds-fluerat.org/57750/aktuelles/stopp-der-abschiebungen-von-ezidinnen-und-eziden-in-den-irak/
https://www.nadiasinitiative.org/news/nadia-murad-statement-calling-on-german-government-to-halt-yazidi-deportations
https://www.domradio.de/artikel/gruene-fordern-schutz-fuer-verfolgte-jesiden-deutschland
Obwohl sich viele Jesiden durch die Gräueltaten der Hamas auf israelisches Staatsgebiet am 7.10.23 an eigene Erlebnisse erinnert fühlen und starkes Mitgefühl für die Opfer haben, können sie dies im Irak nicht öffentlich äußern. Der Irak hatte bereits 2022 einstimmig ein Gesetz erlassen, welches jeglichen Kontakt zu Israelis unter Todesstrafe stellt. Somit schränkt der Irak die Meinungsfreiheit nicht nur in dieser Hinsicht für die Jesiden, sondern auch im Allgemeinen in Bezug auf die Religionsfreiheit, stark ein. (Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article239013191/Antisemitismus-Haft-und-Todesstrafe-drohen-Irak-verbietet-Kontakt-zu-Israelis.html)
Siehe auch: Religionsbeauftragter: Lage für Jesiden nach wie vor schwierig vom 19.01.24 (Quelle: https://neuesruhrwort.de/2024/01/19/religionsbeauftragter-lage-fuer-jesiden-nach-wie-vor-schwierig/)
Es bleibt zu erwähnen, dass den Jesiden seitens der jüdischen Gemeinden eine große Solidarität entgegengebracht wird. Viele Juden und Jüdinnen setzen sich öffentlich und mit deutlichen Worten für ein politisches Bleiberecht oder zumindest einen Abschiebestopp ein. z.B: Mehrfach hat die Jüdische Allgemeine berichtet und ein Bleiberecht für Jesiden gefordert. Zitat: “Wer wie die Bundesregierung zu Recht »Nie wieder!« sagt, der muss auch ein dauerhaftes Bleiberecht für das jesidische Volk durchsetzen.“ (Quelle: https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/bleiberecht-fuer-jesiden/) Völkermord ist für alle Betroffenen und Überlebenden gleich und entsprechend gleich zu werten.
Iraks oberster schiitischen Geistlicher, Großayatollah Ali Sistani äußerte sich nach den menschenverachtenden Angriffen der Hamas: “Die Widerstandsfront sagt, die Operation „Al-Aqsa-Sturm“ sei eine legitime, natürliche Reaktion auf die zunehmenden Gräueltaten und Verstöße Israels gegen die Palästinenser.“ Ebenso hat Ali Sistani alle Muslime auf der ganzen Welt aufgefordert, dem palästinensischen Volk angesichts der unerbittlichen Angriffe des israelischen Regimes auf den Gazastreifen zu helfen. (Quelle: https://parstoday.ir/de/news/middle_east-i84984-ayatollah_sistani_verurteilt_israelische_aggression_gegen_gaza_und_fordert_internationale_maßnahmen_zur_beendigung_der_gräueltaten)
Ebenso ruft der letzte Wahlsieger und einflussreiche schiitische Geistliche, Muqtada al-Sadr zu Pro-Palästinensischen Demonstrationen auf, denen bereits viele Zehntausende folgten und israelische Fahnen verbrannten. (Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/zehntausende-gehen-bei-pro-palaestinensischen-demonstrationen-in-bagdad-auf-die-strasse-102.html) Dies führt bis heute weiterhin zu einer Stimmungsmache gegen alle Nicht-Muslime und verschärft die Stimmung und gefährdet zunehmend die andersgläubigen Minderheiten im Irak.
Diverse Pro-iranische Milizen feierten im Irak den Triumph des Hamas-Kriegszuges. Zitat: “Mit Genugtuung beobachten auch die pro-iranische Milizen im Irak den Hamas -Kriegszug. Er sei ein Moment des Triumphs – und habe die Annäherungen zwischen einigen arabischen Staaten und Israel aufgehalten.“
(Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/libanon-hisbollah-aegypten-israel-100.html)
Die gesamte volatile Sicherheitslage im Irak sowie die Bedrohung durch den IS hat sich während der letzten Jahre für die Jesiden stetig und deutlich verschärft. Die Lage eskaliert weiter und lt. diversen Presseberichten kommt es seit den letzten Wochen fast täglich zu Anschlägen auf US-Stützpunkte im Irak durch den sog. “islamischen Widerstand“. Der Iran destabilisiert die ohnehin fragile Sicherheitslage zusehends und gewinnt an Einfluss. Der Irak fordert bereits den Abzug der Amerikaner und der Verbündeten im Kampf gegen den IS. Siehe Meldung v. 25.01.24 Bagdad beginnt Gespräche über den Abzug der US-Truppen, was zu Destabilisierung und im weiteren Verlauf zu einem erneuten Erstarken des IS führen könnte. (Quelle: https://www.tagesspiegel.de/internationales/seit-2003-im-irak-bagdad-beginnt-gesprache-mit-washington-uber-abzug-der-us-truppen-11112874.html). Die Jesiden verstehen die Koalition gegen den IS oftmals als einzig verbliebene Schutzmacht ihrer bedrohten Minderheit im Irak. Ein Abzug lässt sie befürchten, dass sie wieder einmal im Stich gelassen werden und sich das Grauen wiederholen wird.
Ein Erstarken des IS und anderer islamistischer Kräfte war bereits seit 2021 kontinuierlich zu beobachten, weshalb der Einsatz der Bundeswehr erst noch im letzten Jahr wieder als dringend angesehen und verlängert wurde. Hierzu wird die Bundesregierung aus der Beantwortung der “Kleinen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU – Drucksache 20/341 –“ (Quelle: https://dserver.bundestag.de/btd/20/003/2000396.pdf) wie folgt zitiert: “Vor dem Hintergrund zunehmender besorgniserregender Nachrichten über ein Wiedererstarken des IS vor allem im Irak (vgl. u. a. https://www.monde-diplomatique.fr/2021/12/PERPIGNA_IBAN/64139) ist der gemeinsame Kampf gegen den internationalen Terrorismus in der Region nicht beendet, sondern dringender denn je.“
Der Bericht, auf den sich die Bundesregierung bezieht, ist auf Deutsch unter “Angriff bei Nacht“ (vgl. https://monde-diplomatique.de/artikel/!5818263) abrufbar. Es wird die sehr komplexe und stark anwachsende Bedrohungslage durch den IS im Irak analysiert und prognostiziert. Ein düsteres Bild mit folgendem Fazit: “Der IS scheint sogar wieder in der Lage zu sein, eine Stadt zu erobern. Gerade erleben wir den Übergang in eine neue Phase, von gezielten Einzelangriffen hin zu territorialer Kontrolle.“
Bereits seinerzeit, zum Jahresende 2021, nachdem die USA ihren Rückzug bekanntgaben, nahm die Anschlagzahl durch den IS nochmals deutlich zu.
Allein in Irakisch-Kurdistan verübte ISIS im Jahr 2021 257 Terroranschläge, bei denen 387 Menschen starben, 518 verletzt und 37 entführt wurden. In dieser und auch anderen Analysen wird die begründete Befürchtung geäußert, dass sich die Geschichte wiederholen könnte und der IS einen erneuten rasanten Aufstieg wie nach dem US Truppenabzug 2011 erleben könnte.
Zur Veranschaulichung möge man sich die genannten 257 Terroranschläge einmal beispielhaft anhand des flächenmäßig noch etwas größeren Niedersachsens vorstellen. (Quelle: https://www.israelheute.com/erfahren/analyse-isis-bleibt-eine-bedrohung-fuer-israel/)
Dann demonstrierte der IS zunächst im Januar 2022 seine neue Stärke durch die bisher schwersten Angriffe im Irak und Syrien mit hohen Todesraten. Diverse Quellen gehen davon aus, dass der IS zukünftig noch mehr Zulauf erhalten und gefährlicher werden könnte. Vgl. IntelBrief: Islamic State Attacks in Syria and Iraq Demonstrate a Building Momentum (Quelle: https://thesoufancenter.org/intelbrief-2022-january-25/)
Bis heute erleben die Jesiden sich ständig wiederholende Gräuel und waren dem immer ohne staatlichen Schutz ausgeliefert.
Erst im letzten Frühjahr kam es wieder zu Hass- und Hetzreden größeren Ausmaßes gegen Jesid:innen, einschließlich bewusst eingestreuter Falschmeldungen. Diese von radikalen Islamisten gut organisierte Hetzkampagne verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Zitat: “Zahlreiche religiöse Führer nutzten dann die Freitagspredigt, um das Gerücht, das längst mehrfach widerlegt war, weiterzuverbreiten, gegen die Jesiden zu hetzen, zu Gewalt aufzurufen. Videos der Predigten wurden in den sozialen Medien geteilt. Die Jesiden seien Ungläubige, Teufelsanbeter, hieß es – dieselbe Terminologie, die auch der IS benutzte. Dann eskalierte es. Eine Hetzpredigt folgte der anderen, Zehntausende Kommentare: Die Jesiden werden als „Siedler“ bezeichnet; es wird mit einem weiteren Genozid gedroht; Anschlagspläne auf IDP-Camps werden diskutiert, welche Waffen und wo. Das Foto eines jesidischen Mädchens wird mit Worten kommentiert wie „der IS hat sie vergessen“. (Quelle: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/wie-gewalt-gegen-jesiden-eskaliert-18888385.html) Dieser Hass fällt in weiten Teilen der sunnitischen Bevölkerung auf fruchtbaren Boden und versetzt die jesidische Gemeinschaft wieder einmal mehr in andauernde Angst und Schrecken.
Mit Pressemitteilung vom 3. August 2023 verurteilte der Rat der Europäischen Union diese Vorfälle von Hetze ebenfalls scharf. Zitat: “Die jesidische Gemeinschaft in Irak steht weiterhin vor großen Herausforderungen. Hierzu gehören verschiedene Hindernisse, die einer Rückkehr Vertriebener in ihre Heimat, – insbesondere im Distrikt Sinjar/Shingal – entgegenstehen, sowie der eingeschränkte Zugang zu grundlegenden Sozialleistungen und Sicherheitsbedenken angesichts jüngster Vorfälle von Hetze, die die EU scharf verurteilt.“ (Quelle: https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2023/08/03/yazidi-statement-by-the-high-representative-on-behalf-of-the-eu-on-the-situation-of-the-yazidi-community-in-iraq/) Weder die irakische noch die kurdische Regierung äußerte sich hierzu.
Die Fallstudie des Yale Genocide Studies Programs ”Before It’s Too Late – A Report Concerning the Ongoing Genocide and Persecution Endured by the Yazidis in Iraq, and Their Need for Immediate Protection” stellt detailliert die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungsgefahr der Massen-Gräuel dar.
Diese Studie bietet eine Einschätzung des Verfolgungsrisikos, dem Jesiden im Irak nach der militärischen „Niederlage“ des ISIS-Kalifats und dem Verlust der territorialen Kontrolle ausgesetzt sind. Es wird auch analysiert, ob der Grad der Verfolgung mit einem ernsthaften Risiko zukünftiger Gräueltaten gegen die Jesiden korreliert. Das “Persecution Prevention Project“ (PPP) identifizierte zehn Grundrechte, die einer Person aus diskriminierenden Gründen verweigert wurden. Zu diesen Rechten gehörten beispielsweise das Recht auf Religionsfreiheit, das Recht auf Bewegungsfreiheit und Schutz vor erzwungener Vertreibung.
Der Bericht fasst eine Reihe von Beispielen zusammen, bei denen Jesiden die Rechte aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen verweigert wurden. Wichtig ist, dass der Bericht hervorhebt, dass die Tatsache, dass ISIS die Kontrolle über bestimmte Gebiete im Irak verloren hat, aber die Fähigkeit und Bereitschaft, Angriffe auf jesidische Gemeinschaften auszuführen, nicht beseitigt ist. Das bedeutet, dass die Verfolgung andauert. Anhaltende Verfolgungsmuster korrelieren mit einem ernsthaften Risiko zukünftiger Massengräueltaten. Diese Analyse erfolgt unter Bezugnahme auf Risikofaktoren, die im „Forschungsrahmen für die Analyse von Gräueltaten“ dargelegt sind.
Vier relevante Risikofaktoren werden zusätzlich zu zwei besonderen Risikofaktoren im Zusammenhang mit Völkermord berücksichtigt. Der Bericht enthüllt ein Kontinuum von Gewalt und Verfolgung, das sich über Jahrzehnte erstreckt, bis heute andauert und durch ein anhaltendes Klima der Straflosigkeit noch verstärkt wird. Selbst dort, wo ISIS in Gebieten des Irak die Kontrolle verloren hat, fand der Bericht keine Anzeichen dafür, dass die gegen Jesiden gerichtete völkermörderische Ideologie nachgelassen hat. Eine Betrachtung der etablierten Indikatoren deutet stark auf ein ernstes und anhaltendes Risiko hin, dass die Jesiden erneut Opfer von Gräueltaten, einschließlich Völkermord, im Irak werden.
In diesem Bericht wird davon ausgegangen, dass Verfolgung vorliegt, wenn eine Person aus Gründen, die mit diskriminierenden Gründen wie Religion, ethnischer Zugehörigkeit und/oder Geschlecht zusammenhängen, eines oder mehrerer Grundrechte schwer beraubt wurde. Diese spezifischen Grundrechte, die in diesem Bericht berücksichtigt wurden, sind:
Das Recht auf Religionsfreiheit
Das Recht auf Leben und Sicherheit
Das Recht auf Gesundheit und Rehabilitation
Das Recht auf Selbstbestimmung und politische Repräsentation
Das Recht auf Schutz des Gesetzes und Rechenschaftspflicht
Das Recht auf Freizügigkeit und den Schutz vor Vertreibung
Das Recht auf Anerkennung als Person vor dem Gesetz
Das Recht auf Bildung
Das Recht auf Wohnraum
Das Recht auf Beschäftigung bzw. Arbeit
Zu jedem der vorgenannten Rechte erfolgt eine umfassende Einzelanalyse. Es wird anhand einer Vielzahl von Beispielen hinreichend dokumentiert und ausgewertet, dass den Jesiden diese Rechte nicht gewährt werden. Weder vor den Übergriffen des IS 2014 noch danach und bis heute nicht.
Das Risiko künftiger Massengräueltaten wurde anhand der nachfolgenden Risikofaktoren bewertet, die im „Analyserahmen für Massen-Gräuelverbrechen“ festgelegt sind, der von dem UN-Sonderberater für die Prävention von Völkermorden entwickelt wurde.
Hier wird der Frage nachgegangen, ob der Grad der Verfolgung und das Ausmaß der Verwundbarkeit so groß ist, dass die ernsthafte Gefahr besteht, dass Massen-Gräueltaten gegen die Jesiden im Irak begangen werden.
Es werden die nachfolgenden einzelnen Risikofaktoren beschrieben und analysiert:
- Situationen bewaffneter Konflikte oder anderer Formen der Instabilität
- Nachweis schwerer Verletzungen der internationalen Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts
- Schwäche staatlicher Strukturen und die Fähigkeit, weitere Massen-Gräueltaten zu begehen
Besondere Risikofaktoren für Völkermord: Spannungen zwischen Gruppen oder Diskriminierungsmuster gegen zu schützende Gruppen und Anzeichen für die Absicht, eine zu schützende Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören.
Auch hier erfolgt zu jedem der vorgenannten Risikofaktoren eine umfassende Einzelanalyse anhand diverser Beispiele. Die Auswertung ergibt, dass die Jesiden einem ernsten und anhaltenden Risiko ausgesetzt sind, dass sich das Grauen wiederholt. (Quelle: https://gsp.yale.edu/sites/default/files/files/Before Its Too Late Report.pdf)
Am 24.01.24 berichtet Human Rights Watch entsetzt von Massenhinrichtung im Irak. 13 Männer wurden im Gefängnis über Lautsprecher ausgerufen, aus ihren Zellen geholt und am nächsten Morgen exekutiert. Sie hätten vorher weder ihre Familien noch ihre Anwälte anrufen dürfen. Mindestens 150 weiteren Gefangenen drohe die Hinrichtung ohne Vorwarnung. HRW befürchtet demnach weitere Menschenrechtsverletzungen. (Quelle: https://www.tagesschau.de/ausland/asien/irak-massenhinrichtung-100.html)
Zu den Lebensbedingungen der Binnenvertriebenen Jesiden in der Region Irakisch Kurdistan und den sich seitdem noch verschlechternden Zuständen der dortigen Camps verweisen wir auf den REACH Situationsbericht “In-camp internally displaced person (IDP) camp profiling (28 October 2021)“
In diesem Bericht wird anschaulich dargestellt, dass sich die ohnehin schon sehr angespannte Lage, im Vergleich zu früheren Berichten, insgesamt in nahezu allen lebensnotwendigen Bereichen nochmals deutlich verschlechtert hatte. (Quelle: https://reliefweb.int/report/iraq/camp-internally-displaced-person-idp-camp-profiling-28-october-2021) Einige Beispiele hieraus:
- Die Ernährungssicherheit hat sich verschlechtert. Insgesamt gaben 10% aller Befragten Haushalte an, dass sie in den letzten 30 Tagen aufgrund des Mangels an Ressourcen nichts zu essen hatten. Bei dem Camp mit dem höchsten Anteil dieser Meldung lag die Quote der Menschen, die nicht zu essen hatten, bei 48 % (AAF-Camp). In der Region Dohuk, Camp Bersive 2 hatten 29 % der Befragten nichts zu essen.
- Die Einkommensmöglichkeiten haben sich für alle Binnenvertriebenen in der Region deutlich verschlechtert. Die schlechtesten Bedingungen herrschen in den Camps, wo die meisten von Frauen geführten Haushalten vorhanden sind.
Reguläre Beschäftigung: Khazer M1 (7%), Hasansham U2 (6%) und U3 (1%);
Unregelmäßige Beschäftigung: Khazer M1 (25%), Hasansham U2 (20%) und U3 (19%).
Insgesamt berichteten 44% der IDP-Haushalte über Probleme mit der Wasserqualität. - Brände in den Lagern sind relativ häufig und Feuer wurde in fast allen Camps als die höchste Gefährdung angesehen. Im Bereich Dohuk lag die Quote bei fast allen Camps bei 75 – 100 %.
- Gesundheitsversorgung:
In der Region Dohuk gaben 89 % an, Probleme beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu haben. In der Region Erbil gaben dies 88 % an. Als Hauptproblem wurden zu hohe Kosten genannt (83%). - Die Situation bei den Unterkünften und der Instandhaltung in den Camps hat sich verschlechtert. Vor allem auch in der Region Dohuk. Insgesamt gaben 72% der befragten Binnenvertriebenen an, dass sie Verbesserungen an ihrer Unterkunft benötigen. Der Mangel an Schutz vor Witterungseinflüssen wird am häufigsten genannt.
- Seither hat sich die Lage nochmals verschärft und bereits seit Dezember 2021 wurden erhebliche Finanzierungslücken und damit verbundene Versorgungsmängel auf nahezu allen relevanten Ebenen (Ernährung, Sicherheit, Gesundheitsversorgung, Wasser-Sanitär-Hygiene und Kinderschutz) prognostiziert. Es besteht eine ständige Unsicherheit hinsichtlich der elementarsten Grundversorgung und es wurde bereits befürchtet, dass die allernötigste Nahrungsmittelversorgung in allen noch verbleibenden 26 Flüchtlingslagern bereits ab März 2022 komplett zusammenbrechen könnte.
– Wie sich bereits schon hier ankündigte, wurde wie weiter oben ausgeführt, das World Food Programme zwischenzeitlich eingestellt. Jesid:innen hungern derzeit in den Camps –
Siehe ebenso: OCHA Iraq: Humanitarian Snapshot – January 2022 (Quelle: https://reliefweb.int/report/iraq/iraq-humanitarian-snapshot-january-2022)
Dass die absolute Mehrheit der Yeziden und Christen, die 2014 den Genozid durch den IS überlebte, trotzdem und immer noch lieber seitdem als Binnenvertriebene unter den geschilderten prekären und zunehmend schlechteren Umständen ausharrt und auch in der Zukunft keine Rückkehrperspektive sieht, spricht für sich selbst und hat andauernde Gründe. Es hat eine lange Tradition im islamisch geprägten Irak die Jesiden zu vernachlässigen, zu diskriminieren, zu vertreiben und ihnen Grundrechte wie Sicherheit und Schutz vorzuenthalten und sie so jeglicher Teilhabe zu berauben. Die Ninive-Ebene, insbesondere das vormals von Yeziden bewohnte Sinjar-Gebiet, ist eines der unsichersten und zerstörtesten Gebiete mit der schlechtesten Sicherheit und dem geringsten Wiederaufbau. Von den wenigen Rückkehrern, wurden viele erneut vertrieben oder finden keine ausreichende Lebensgrundlage vor. Trotz fließender internationaler Gelder, schafft es weder die irakische Zentralregierung noch die KRG, nach nunmehr 9 Jahren, immer noch nicht für einen Wiederaufbau oder Sicherheit in der Region Sinjar zu sorgen, um überhaupt eine funktionierende Rückkehrperspektive zu ermöglichen.
Die Studie der Forschungsorganisation Social Inquiry “Return as Social Interaction: Networks and Perceptions Among Yezidi and Christian IDPs from Ninewa Governorate” befasst sich ausführlich mit der nicht gegebenen Rückkehrmöglichkeit in die jesidischen Heimatgebiete. Die Lage ist bis heute bestenfalls unverändert und eher schlechter geworden.
Die Studie erhebt Daten über das Rückkehrverhalten von Yeziden und Christen, die seit 2014 in andauernder Vertreibung in IDP Camps leben und ursprünglich aus den Bezirken Sinjar und Hamdaniya stammen. Es geht um Zielgebiete des Safe Return-Programms von HAI, welche eine Rückkehr in einzelnen Orten dort unterstützt und ist daher nicht anwendbar oder verfügbar für die Vielzahl der Vertriebenen, die keinerlei Unterstützung an den Ursprungsorten erhalten. Aufgrund der zunehmend prekären Sicherheitslage mussten seitdem viele solcher Projekte zwischenzeitlich eingestellt werden.
Selbst unter diesem bevorzugenden Aspekt der Unterstützung kam es am Ende dieser Studie zu dem Ergebnis, dass lediglich 28% versuchten an ihre Herkunftsorte zurückzukehren, während der Rest in den IDP Camps weiterhin ausharrt. Die breite Mehrheit gab an, dass sie kurz- bis mittelfristig weiterhin in den Camps bleiben wolle und es vorziehe, längerfristig ins Ausland zu flüchten.
Weiterhin geht es um Gründe, die die Teilnehmer dafür angaben, warum ihre Rückkehrversuche scheiterten. Sie reichen von mangelnder Sicherheit, der Unmöglichkeit neue Lebensgrundlagen zu finden, schlechten Lebensbedingungen aufgrund von Hauszerstörung und mangelnder Wiederherstellung von grundlegenden nicht vorhandenen Dienstleistungen und Infrastrukturen an ihrem Herkunftsort.
Betroffene tätigten folgende Aussagen hinsichtlich ihres gescheiterten Rückkehrversuches in den Ursprungsort:
- „Wir sind zurückgekehrt, aber wir haben festgestellt, dass es keine Arbeit gibt, kein Leben, und unser Haus kaputt ist. Wir können es nicht reparieren, also kamen wir wieder nach Sitak zurück.“ (Binnenvertriebene in Tasluja, Gouvernement Sulaimaniya, aus Khanisur, Distrikt Sinjar)
- „Wir kehrten zurück und versuchten, dort ein neues Haus zu mieten, aber wir sahen, dass es keine Arbeit gibt und meine Söhne dort keine Arbeit finden konnten, also kamen wir zurück.“ (Binnenvertriebene in Ainkawa, Gouvernement Erbil, aus dem Hamdaniya Center, Bezirk Hamdaniya)
- „Es war sehr schwierig, zurückzukehren. Wir sind wegen des Versagens bei der Erbringung von Dienstleistungen wieder vertrieben worden.“ (Binnenvertriebene im Lager Shariya, Gouvernement Dohuk, aus Hatin, Distrikt Sinjar)
- „Eine Woche nach unserer Rückkehr kehrten wir aufgrund der Schwierigkeiten, dort zu leben, und der Unsicherheit, die wir fühlten, in die Vertreibung zurück.“ (Binnenvertriebene im Lager Kabarto, Gouvernement Dohuk, aus Hardan, Bezirk Sinjar)
- „Wir kamen zurück [zur erneuten Vertreibung], weil das Familienoberhaupt krank ist und Ärzte in der Gegend, aus der wir kommen, nicht verfügbar waren.“ (Binnenvertriebener in Bajid Kandala, Gouvernement Dohuk, aus Borek, Distrikt Sinjar)
Auf die Frage nach den drei Bedingungen, die nach Meinung der Studienteilnehmer am wichtigsten sind, um an einem Ort leben zu können, wählten 80 % den Punkt “Körperliche Sicherheit“. Dies ist bei weitem die vorrangig genannte Voraussetzung. Die körperliche Unversehrtheit wählten alle Befragten entweder als erstes, zweites oder drittwichtigstes Bedürfnis. Es folgen wirtschaftliches Wohlergehen und Gerechtigkeit für Menschenrechtsverletzungen. Sicherheit ist die grundlegende Voraussetzung und der Punkt, der im Zeitverlauf der Studie spürbare Schwankungen in Richtung Verschlechterung gezeigt hat. Dies wird damit begründet, dass es wahrscheinlich sehr stark mit der sich entwickelnden und volatilen politischen Lage und Sicherheitsdynamiken an den Herkunftsorten (insbesondere im Bezirk Sinjar) zusammenhängt, die weiterhin stattfinden.
Ein konsistentes Ergebnis über alle analysierten Wellen hinweg ist, dass IDP-Teilnehmer ihre Fluchtorte im Allgemeinen über alle Wertungskriterien hinweg immer noch besser bewerten als ihre Herkunftsorte. Die Teilnehmer bewerten körperliche Sicherheit, Wohlbefinden und Dienstleistungen sowie Gerechtigkeit bzw. Schutz vor Menschenrechtsverletzungen als die Bedingungen, die sie an einem Ort am meisten schätzen, um dort zu leben. Diese haben auch die schlechtesten Werte unter den IDP-Teilnehmern an ihren Herkunftsorten, unabhängig von ihrer jesidischen oder christlichen Identitätsgruppe.
Für die individuell Betroffenen scheint es häufig unlösbar zu sein, zu einer Entscheidung zu kommen, wo und wie sie leben sollen und was sie inmitten der Unsicherheit für tatsächlich machbar halten. Die Komplexität der Probleme und generelle Instabilität des Irak in nahezu allen relevanten Bereichen macht es für die verfolgte Minderheit weiterhin schwierig, zu entscheiden, ob es überhaupt jemals möglich sein könnte, nach Hause zurückzukehren.
Jüngste Forschungen über Binnenvertriebene im Irak, die durch den IS vertrieben wurden, zeigen, dass selbst scheinbar „einfache“ wirtschaftliche Entscheidungen im Zusammenhang mit Vertreibung alles andere als einfach sind. Binnenvertriebene müssen Entscheidungen treffen, indem sie ihre eigenen aktuellen meist schon prekären Lebensumstände, denen in ihren Herkunftsorten und dem Potenzial dort überhaupt leben zu können, gegeneinander abwägen. Zu diesen Faktoren gehören wirtschaftliche Aussichten, die Unterkunftsmöglichkeit, die Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen und Infrastruktur, die Sicherheit, Fragen des sozialen Zusammenhalts und schließlich die Rechtssicherheit, der Wiedergutmachung und der Garantien für eine Nichtwiederholung der Ereignisse und Verstöße, die zu ihrer andauernden Vertreibung geführt haben.
Die Ankündigung vom Oktober 2020, alle Lager für Binnenvertriebene bis Ende des Jahres zu schließen, beschleunigte die Rückkehr sunnitisch arabischer Familien in den Bezirk Sinjar.
Der Bezirk Sinjar war mit historischer Marginalisierung und Entwicklungsvernachlässigung konfrontiert und als solches ist die Zerbrechlichkeit älter als der IS-Konflikt. Daten aus dem Jahr 2012 zeigen, dass dieses Gebiet im Vergleich zum Rest des Irak eine der höchsten Raten von Unsicherheit, Armut und wahrgenommener Korruption und Willkür aufwies.
Der Bezirk Sinjar weist im Vergleich zu anderen konfliktbetroffenen Gebieten insgesamt die schwierigsten Lebensbedingungen auf, insbesondere in Bezug auf die Zerstörung von Wohngebieten, den Zugang zu Arbeitsplätzen, den Wiederaufbau der Landwirtschaft und / oder Unternehmen, den Wiederaufbau des öffentlichen Sektors und die öffentliche Wasser- und Stromversorgung.
Die Situation ist in den meisten Teilen der Region Sinjar besonders schlimm, wobei der Zugang zur primären Gesundheitsversorgung fehlt, es nur schlechte öffentliche Wasser- und Stromversorgung gibt, die Infrastruktur und Wohnhäuser weitestgehend zerstört sind.
Die Unterbezirke Sinjar Stadt, Sinuni, Qayrawan, Hamdaniya und Bartella umfassen einen Teil der Gebiete, die zwischen der irakischen Bundesregierung und der Regionalregierung Kurdistans (KRG) umstritten sind. Ihr umstrittener Status ist ein anhaltender Streitpunkt, der sowohl die Sicherheitslage beeinträchtigt, als auch den Wiederaufbau blockiert. Die lokalen Behörden und die darin enthaltenen Gemeinschaften sind auch in Bezug auf ihre Unterstützung für die eine Seite, die andere oder keine Seite gespalten. Diese Dynamik setzt sich im Gefolge des Sinjar-Abkommens vom Oktober 2020 fort, dass von den Regierungen von Bagdad und Erbil ausgehandelt wurde, um Fragen der Regierungsführung, der Sicherheitsvorsorge und der Rückkehr unter anderem in dem Bezirk zu lösen, in dem die Bewohner unterschiedliche Ansichten darüber haben, was, wenn überhaupt, eine Veränderung mit sich bringen wird. Zumal diese politische Vereinbarung ohne Beteiligung der ursprünglichen jesidischen Bewohner oder deren Vertreter im Bezirks Sinjar stattfanden. Darüber hinaus haben anerkannte nationale Minderheiten im Allgemeinen keine angemessene politische Vertretung in den Regierungen von Bagdad und Erbil, wobei die lokalen Verwaltungen und der öffentliche Sektor zwischen den verschiedenen dort ansässigen ethno-religiösen Gemeinschaften umstritten sind.
Der Bezirk Sinjar erlebte nach 2003 und während des IS-Konflikts ein hohes Maß an Unsicherheit sowie extremistische Gewalt. In der Folgezeit sind die Sicherheitsbedenken angesichts der unterschiedlichen Konfliktdynamik besonders lokal begrenzt und verschieden. Probleme beziehen sich in der Regel mehr auf die zugrundeliegenden politischen Dimensionen und die allgemeine existenzielle Unsicherheit / Fragilität dieser jeweiligen Kontexte für ihre Bevölkerung. Im Bezirk Sinjar sind die Verbreitung von diversen Sicherheitsakteuren und anderen bewaffneten Gruppen, die derzeit vorhanden sind (und das Potenzial für Zusammenstöße zwischen ihnen), für die Bevölkerung von großer Bedeutung. Ebenso, wie die Besorgnis über Racheangriffe, ethno-religiöse Konflikte, IS-Angriffe, das Potenzial für Zwangsrekrutierung in bewaffnete Gruppen und Episoden von Brandstiftung. Diese Bedenken werden durch grenzüberschreitende Bewegungen bewaffneter Gruppen aus dem benachbarten Syrien und daraus resultierenden Vergeltungsluftangriffen noch verstärkt.
Die türkischen Luftangriffe gegen bewaffnete Gruppen im Bezirk Sinjar und im Gouvernement Dohuk nehmen seit 2020 und bis heute immer weiter zu. Die größere Präsenz türkischer Akteure, die aufgrund ihrer militärischen Präsenz in diesen Gebieten tätig sind, ist sowohl in Sinjar als auch in Dohuk zu einem Grund zur Besorgnis für Anwohner und lokale Behörden geworden.
Die jesidische und sunnitisch-arabische Bevölkerung im Bezirk Sinjar hatte historisch sozioökonomische und kulturelle Beziehungen aufrechterhalten. Diese sind nun aufgrund der Massengewalt und extremen Übergriffe des Konflikts vollständig abgeschnitten, wobei die Interaktion auf Gemeindeebene zwischen diesen Gruppen seit der Rückeroberung des Bezirks nicht mehr existiert. Die sunnitisch-arabische Bevölkerung wurde angesichts der verschiedenen verantwortlichen Sicherheitskonfigurationen effektiv daran gehindert, in einen Großteil des Bezirks zurückzukehren, wobei während und nach militärischen Aktionen Vergeltungsmaßnahmen gegen diese Bevölkerung ergriffen wurden. Eine Verschiebung der Sicherheitsakteure im Jahr 2018 und die Schließung von Lagern für Binnenvertriebene im Jahr 2020 ermöglichten es einigen sunnitisch-arabischen Familien, in Dörfer rund um Sinuni zurückzukehren, jedoch sind ihre Bewegungen im Allgemeinen in der Region und im gesamten Bezirk erheblich eingeschränkt. Es ist also keine Überraschung, dass die Sorge um Rache und die Spannungen in den Gemeinden überwiegen.
In den Unterbezirken Hamdaniya Stadt und Bartella bestehen auf Gemeindeebene angespannte Beziehungen zwischen Christen und Schabaks, den beiden vorherrschenden Gruppen in der Region. Dies ist weniger auf den IS-Konflikt zurückzuführen, in dem beide Gemeinschaften ins Visier genommen wurden, sondern auf Veränderungen nach 2003, als Schabak-Gemeinschaften infolge sektiererischer Gewalt in die mehrheitlich christlichen Unterbezirke von Mossul City und den umliegenden arabischen Gemischtdörfern zogen.
Diese Bewegung wird von einigen als ein von der Regierung geplanter, politischer Versuch der „Schiitierung“ christlicher Gebiete und von anderen als „natürliche“ Tendenz jeder Zielgruppe angesehen, die vor Gewalt flieht und sicherere, besser geeignete Gebiete zum Leben sucht.
Angesichts des Ausmaßes der Vergehen an den Jesiden, die bisher in diesen Gebieten stattgefunden haben, ist es nicht verwunderlich, dass diese Bevölkerungsgruppe nach wie vor tiefsitzende Befürchtungen hat. Für Gemeinden in und aus dem Bezirk Sinjar beziehen sich diese am stärksten auf das, was während und nach dem IS-Konflikt geschah. Zu ihren Forderungen für die jesidischen Gemeinschaften gehören die Aufklärung der Aufenthaltsorte der verbleibenden vermissten jesidischen Frauen und Kinder, die Exhumierung aller Massengräber und eine internationale gerichtliche Untersuchung der Ereignisse von 2014.
Alle Prozesse, mit denen diese Probleme angegangen werden könnten, müssten auch die zugrundeliegenden und wachsenden internen politischen, sicherheitspolitischen und sozialen Anliegen angehen. Aufgrund der Sensibilität für diese Themen sind die Bemühungen in dieser Richtung noch im Entstehen begriffen und bisher faktisch nicht angegangen worden. (Quelle: https://www.social-inquiry.org/reports-1/2021/4/9-return-as-social-interaction-networks-and-perceptions-among-yezidi-and-christian-idps-from-ninewa-governorate)
Ein weiteres Problem der Jesiden für eine nachhaltige Rückkehrperspektive bzw. überhaupt adäquate Lebensgrundlagen im islamisch geprägten Irak vorzufinden, liegt an der mangelnden sozialen Integrationsmöglichkeit und den andauernden sektiererischen Spannungsfeldern. vgl. Bericht Mercy Corps “Towards Durable Solutions to Displacement – Understanding Social Acceptance of Returnees in Post-ISIS Iraq”
Seit die irakische Regierung 2017 den Sieg über den Islamischen Staat (ISIS) verkündete, wird angeblich eine Rückkehr von Binnenvertriebenen (IDPs) in ihre Heimatgebiete angestrebt, obwohl vielfach die Voraussetzungen hierfür fehlen, was zu neuem Elend und teil wiederholter Vertreibung führt. Zahlreiche Barrieren bleiben bestehen und als Folge davon sind fast 1,2 Millionen Binnenvertriebene, worin die größte Gruppe die Jesiden darstellen, noch nicht zurückgekehrt. Während einige der Hindernisse für die nachhaltige Rückkehr und Wiedereingliederung von Binnenvertriebenen mit mangelnder Sicherheit und humanitären Bedürfnissen zusammenhängen, ist die mangelnde soziale Akzeptanz von Rückkehrern weiterhin ein sehr großes Hindernis. Einzelpersonen und Gemeinschaften haben sich geweigert, Rückkehrer aufzunehmen oder mit ihnen zusammenzuleben, die sie – zu Recht oder zu Unrecht – als Unterstützer des IS oder als Komplizen seiner Gräueltaten wahrnehmen. Dies ist eine besondere Herausforderung für die ethnischen und religiösen Minderheiten im Irak, die von ISIS systematisch verfolgt wurden.
Diese Probleme drohen die Vertreibungskrise im Irak weiter zu verlängern, die Spannungen zwischen den Gruppen wieder zu verschärfen und Racheanschläge und weitere Kämpfe auszulösen. Das Verständnis der Faktoren, die die soziale Akzeptanz von Rückkehrern fördern, ist daher nicht nur für die Beendigung der Vertreibung, sondern auch für den Aufbau des sozialen Zusammenhalts, die Förderung der Aussöhnung und die Verhinderung künftiger Konflikte im Irak von entscheidender Bedeutung. Leider ist dieses Problem bisher weder von der irakischen noch der kurdischen Regierung angegangen worden.
Der von der irakischen und kurdischen Regierung zugelassene Vernichtungsfeldzug des IS gegen die Jesiden und die Zeit danach, wo der IS von Teilen der sunnitischen Nachbarn willkommen geheißen und unterstützt wurde, sorgt für ein anhaltendes Gefühl der Ohnmacht und Opferrolle. Dies führt dazu, dass Jesiden weiterhin große Befürchtungen davor haben, mit sunnitischen Rückkehrern zusammen zu leben und dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Von den befragten jesidischen Männern gaben 38 % an, sich ein Zusammenleben mit sunnitischen Rückkehrern vorstellen zu können. Insbesondere bei befragten jesidischen Frauen sind die Befürchtungen jedoch immens. Lt. Umfrage akzeptierten lediglich 9 % der jesidischen Frauen sunnitische Rückkehrer, zu groß ist die Angst. Selbst unter dem Aspekt, wenn sie ein inklusives Opferbild, d.h. wenn sie zu der kleinen Gruppe gehörten, die mit Sunniten gemeinsam vertrieben wurden und mit diesen interagierten, stieg die Akzeptanzquote trotzdem nur auf 15 %. Dies verdeutlicht das Ausmaß der anhaltenden Traumatisierung, vor allem bei den Jesidinnen und das fortbestehende Misstrauen, was angesichts der grauenvollen Ereignisse nicht verwundert. Für die schwer verfolgte Bevölkerungsgruppe der Jesiden ist es schwierig, in einem stark polarisierten sektiererischen Umfeld weiterhin als sehr reduzierte Minderheit mit Sunniten zusammenzuleben. Ob, wann und wie eine soziale Wiedereingliederung und friedliche Koexistenz der Jesiden innerhalb der muslimischen Gesamtbevölkerung und islamischer Gesetzgebung jemals gelingen sollte, bleibt ungewiss. Denn bisher hat weder die irakische noch kurdische Regierung wahrnehmbare Anstrengungen hierzu unternommen. Die im Irak am schwersten verfolgte Bevölkerungsgruppe der Jesiden ist und bleibt marginalisiert. (Quelle: https://www.mercycorps.org/research-resources/towards-durable-solutions-displacement)
Zur Lage des Gesundheitssystems verweise ich auf den Bericht der Konrad Adenauer Stiftung: “Medicine Under Fire – How Corruption Erodes Healthcare in Iraq“
Bei den Krankenhausbränden im April und Juli 2021 in Nasiriya und Bagdad kamen Hunderte ums Leben, was ein medizinisches System, das bereits unter dem Gewicht der COVID-19-Pandemie zusammengebrochen war, nochmals verschlimmerte. Als Ursache für die mangelhafte Versorgung wird die allgegenwärtige Korruption im Gesundheitssektor identifiziert und beschrieben. Gerade vulnerable dauerhaft an den Rand gedrängte Vertriebene haben aufgrund der Mittellosigkeit häufig gar keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Die unter der Überschrift “Krankenhausvermeidung als Überlebensstrategie“ zusammengefassten Berichte von kranken und hilfesuchenden Menschen schildern eindrücklich das katastrophale Alltagsgeschehen. (Quelle: https://www.kas.de/documents/266761/0/Medicine+Under+Fire.pdf/03f798a0-c431-f3b2-3492-ba3b0448bc58?version=1.0&t=1639479110892)
Das ursprünglich von den Jesiden besiedelte Ninewa-Gebiet hat eine der höchsten Verseuchung durch explosive Kriegsreste weltweit, welche aufgrund der schlechten Sicherheitslage bis heute nicht geräumt werden. Diese stellen auf lange Sicht eine ständige Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Auch die Kontamination mit Blindgängern kann zu Tod, Verletzungen oder dauerhaften Beeinträchtigungen von Menschen führen. Zudem beeinträchtigen Blindgänger den sicheren Zugang und den Aufbau zu Dienstleistungen, auf die die Zivilbevölkerung angewiesen ist, wie z. B. Gesundheitsversorgung, Bildung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Verkehr und Telekommunikation, etc. Dies schränkt die Bewegungsfreiheit und die Rückkehrmöglichkeit der vertriebenen Bevölkerung bis heute ein. Zu dieser Aussage kommt der Bericht “No safe recovery: Die Auswirkungen der Verseuchung durch explosive Kriegsreste auf die betroffene Bevölkerung im Irak“ von Handicap International Deutschland. (Quelle: https://www.handicap-international.de/sn_uploads/de/document/Report2021_EO-Contamination-Iraq-EN-min_1.pdf)
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