Auf Nachfrage hat das niedersächsische Innenministerium einen Bericht der taz bestätigt: Der Abschiebungsstopp für den Iran endete mit Ablauf des 31.12.2023.
Zur Begründung heißt es aus dem nds. Innenministerium, der Abschiebungsstopp sei als Instrument der Intervention auf die unvorhergesehene Krise im Iran erlassen worden. Damit habe man iranischen Staatsangehörigen vorübergehenden Schutz geboten und ihren Aufenthalt weiterhin geduldet, ohne dass diese zunächst ein Asylverfahren durchlaufen mussten. Nunmehr müssten Iranerinnen und Iraner bei geltend gemachter Schutzbedürftigkeit im Rahmen eines Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ihre individuell-konkret befürchtete Situation nach Rückkehr vortragen.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert diese Entscheidung: Vor dem Hintergrund fehlender Rechtsstaatlichkeit und willkürlicher Verhaftungen selbst von Personen, die freiwillig in den Iran zurückkehren, ist der Beschluss der Innenministerkonferenz fahrlässig und unverantwortlich.
Der jetzt ausgelaufene Abschiebestopp wurde zunächst von einigen Ländern wie Nordrhein-Westfalen, Bremen und Niedersachsen in Eigenregie verhängt. Im Dezember 2022 einigte sich die IMK auf einen bundesweiten Abschiebungsstopp, den sie im Sommer 2023 mit Verweis auf die immer noch gravierende Menschenrechtslage bis Jahresende verlängerte. Geändert hat sich seither nicht die politische Lage im Iran, aber sehr wohl das politische Klima in Deutschland: Der vom Bundeskanzler ausgerufenen „Abschiebungsoffensive“ folgen politische Beschlüsse zur Beseitigung von „Abschiebungshindernissen“.
Der damalige Innenminister Boris Pistorius begründete den Abschiebungsstopp für den Iran im Oktober 2022 mit den Worten:
„Die Menschenrechtslage ist katastrophal und die Lage wird jeden Tag dramatischer. Ich werde spätestens auf der nächsten Innenministerkonferenz für einen allgemeinen Abschiebestopp werben und einen entsprechenden Beschlussvorschlag einbringen. Unsere Solidarität ist bei den vielen mutigen Menschen im Iran, die sich gegen das Mullah-Regime auflehnen. Dabei denke ich insbesondere an die mutigen Frauen, die für ihre Freiheit bei den Protesten auf der Straße ihr Leben riskieren.“
Seine Amtkollegin Josefine Paul (NRW) assistierte:
„Die derzeitigen Demonstrationen im Iran und das harte Vorgehen der iranischen Sicherheitskräfte führen uns deutlich vor Augen, wie dramatisch die aktuelle Menschenrechtslage im Iran ist. Vor diesem Hintergrund ist es unverantwortlich, im Moment Personen dorthin abzuschieben. Deshalb setzen wir Rückführungen in den Iran bis auf Weiteres aus. Nordrhein-Westfalen steht solidarisch an der Seite der Iranerinnen und Iraner, die sich für Frauenrechte, für Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie gegen Folter und die Todesstrafe einsetzen.“
Diese politische Solidarität mit den im Iran unter dem Slogan „Frau. Leben. Freiheit“ demonstrierenden Menschen scheint den Innenminister:innen nicht mehr opportun. Sie ist auch weiterhin erforderlich, denn die politische Repression dauert an. Besonders gefährdet sind Menschen, die hier in Deutschland in den letzte Monaten und Jahren auf Solidaritätsdemos mit den Protesten im Iran waren, wie z. B. die Kölnerin Nahid Taghavi, die bei einem Besuch im Iran verhaftet und zu 10 Jahren Haft verurteilt wurde.
Bitte korrigieren: Frau Mohammadi ist nicht Kölnerin. Sie meinten Frau Nahid Taghavi. Sie ist Deutsch-Iranerin.
Danke für den Hinweis! Der Eintrag wurde korrigiert. Glücklicherweise wurde Nahid Taghavi nun vorübergehend aus der Haft entlassen, siehe
https://www.spiegel.de/ausland/iran-deutsch-iranerin-nahid-taghavi-voruebergehend-aus-haft-entlassen-a-b751db73-9298-4461-942d-2878dd889f67. kw