Verantwortung übernehmen – Gewaltopfer aus Gaza aufnehmen!

Beim Flüchtlingsrat Niedersachsen haben sich in den vergangenen Tagen mehrere Menschen gemeldet, deren Angehörige im Gazastreifen leben oder sich auch nur zu Besuch aufhalten und dringend Hilfe benötigen, aber den Gazastreifen nicht verlassen können. Mit der nachfolgenden Presseerklärung appellieren wir an Bund und Länder, sich für ein Evakuierungsprogramm zumindest für kranke und verletzte Schutzbedürftige aus dem Gazastreifen einzusetzen:

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Landesflüchtlingsräte aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen fordern von Bund und Ländern die Evakuierung verletzter Kriegsopfer aus dem Gaza-Streifen.

Die geschundene Zivilbevölkerung des Gaza braucht dringend Hilfe. Neben Hilfslieferungen ist insbesondere die umgehende Aufnahme und medizinische Versorgung von kranken und verletzten Schutzbedürftigen aus dem Gazastreifen dringend erforderlich. Die Flüchtlingsräte aus SH und Niedersachsen fordern die Bundesregierung dazu auf, Verantwortung zu übernehmen und ein Evakuierungsprogramm für verletzte Kinder, Frauen und Männer aus dem Gaza Streifen aufzulegen.

Das Ausmaß der getöteten und verwundeten zivilen Opfer – darunter 70% Frauen und Kinder – ist schon jetzt fünfstellig und wächst von Nacht zu Nacht, denn es gibt in dem extrem dicht besiedelten Gaza Streifen keine Rückzugsräume. Zwischen 38.000 und 45.000 Gebäude wurden im Gazastreifen zerstört. Laut WHO sind die meisten der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen zerstört worden, die übrigen arbeiten nur noch im Notbetrieb. Die Zahl schwer von Gewalt traumatisierter Kinder und Erwachsenen im Gaza Streifen ist immens aber ungezählt. Etwa drei Viertel der 1,1 Millionen Einwohner:innen des Nordens sind dem Aufruf der israelischen Armee gefolgt und in den Süden geflohen, rund 300.000 Menschen harren unter unsäglichen Bedingungen weiter im Norden aus.

Die Abriegelung des umkämpften Gebiets führt zu akuter Versorgungs- und Überlebensnot. Die meisten der aus dem Norden in den Süden geflohenen Menschen befinden sich nun in ebenfalls gefährdeten UN-Unterkünften, Spitälern oder anderen öffentlichen Gebäuden, doch Platz gibt es kaum. Auch Brot ist knapp. Die wenigen Hilfstransporte, die über die Grenze gelassen werden, sind laut Rotem Halbmond in keiner Weise ausreichend. UNO, WHO, ICRK und internationale Hilfsorganisationen warnen vor dem nahen vollständigen Zusammenbruch der medizinischen und Lebensmittelversorgung. Aufgrund akuter Hygieneprobleme und Wassermangel bzw. Wasserverschmutzung drohen Seuchen; tausende Fälle von Durchfall aufgrund von schlechten hygienischen Bedingungen wurden bereits registriert.

Wir begrüßen, dass derzeit eine wachsende Zahl von israelischen Staatsbürger*innen, die dem sich möglicherweise in Israel noch ausweitenden Konflikt entkommen wollen, in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme und Schutz finden. Deutschland ist aber mit Blick auf die Verlängerung seiner Geschichte im Nahen Osten in besonderer Verantwortung, gegenüber allen unschuldigen Opfern des Konflikts mit konkreter Hilfe aktiv zu werden.

Wir fordern die Bundesregierung daher auf, mit den Ländern die Aufnahme für zivile Binnenflüchtlinge und insbesondere Verwundete des Krieges im Gaza-Streifen abzustimmen und seine Umsetzung mit den Regierungen Israels und Ägyptens zu verhandeln. Gerade auch für Menschen mit Bezügen zu Deutschland (deutscher Pass oder Aufenthaltserlaubnis, Verwandte in Deutschland) braucht es jetzt den Einsatz der Bundesregierung!

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Nachtrag: Das niedersächsische Innenministerium lehnt – ebenso wie die Bundesregierung – ein Aufnahmeprogramm für Gaza ab. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Kanada (Meldung der Tagesschau vom 22.12.2023)::

„Kanada erweitert ein Einwanderungsprogramm für vom Krieg im Gazastreifen betroffene Angehörige von kanadischen Staatsbürgern und Personen mit ständigem Wohnsitz in Kanada. „Dies ermöglicht uns, eine größere Anzahl von Personen hierher zu holen, die zwar keine Einwohner oder Kanadier sind, aber in jeder Hinsicht die Familie von Menschen repräsentieren, die den Kanadiern nahe stehen“, sagt der für Einwanderung zuständige kanadische Minister, Marc Miller, auf einer Medienkonferenz. Hunderte von Menschen könnten von dem Programm profitieren, so Miller. 
Familienangehörige wie Lebenspartner, Geschwister, Enkel und Großeltern könnten im Rahmen des Sonderprogramms einen Antrag stellen und nach einer Überprüfung drei Jahre lang in Kanada leben. Dennoch sei es extrem schwierig, die belagerte Enklave zu verlassen, warnt Miller und fügt hinzu: „Die Israelis haben das Sagen, sie werden die Menschen überprüfen und entscheiden, ob sie gehen dürfen oder nicht. Wir haben noch keine Zusicherungen und wir werden eine Diskussion darüber führen müssen.“ Bis zum 3. Dezember waren nach Angaben der Regierung bereits mehr als 600 aus dem Gazastreifen evakuierte Personen nach Kanada gekommen.“

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5 Gedanken zu „Verantwortung übernehmen – Gewaltopfer aus Gaza aufnehmen!“

  1. Humanitäre Hilfe ist unsere Pflicht ungeachtet dessen, welche Ethnie, Herkunft oder Religion. Deutschland hatte immer eine Vorreiter Rolle in solchen Situationen. Besonders kranke und verletzte Kinder bedürfen jetzt unsere Aufmerksamkeit.

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    • Die geschundenen Israelis kommen in Scharen zu uns ins Land, weil es anscheinend immer noch ein relativ sicherer Hort für sie ist.

  2. Was ich nicht verstehen kann, ist, dass sich für die Waisen in Gaza niemand verantwortlich zu fühlen scheint. Es müsste doch ein Leichtes sein, sie außer Landes zu bringen, beispielsweise per Schiff (dann hätten die Aidas und andere Kreuzfahrtschiffe endlich einmal eine sinnvolle Funktion!) und sie in europäischen Ländern in Pflegefamilien unterzubringen. Ich meine: wir fliegen zum Mond – aber ein solches humanitäres Unterfangen scheint unmöglich, was ist denn mit uns Menschen los, wie blöd sind wir eigentlich? Einstein sagte, es gebe keinen wahren Fortschritt, so lange noch ein unglückliches Kind auf Erden lebt.

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  3. Als Mutter von zwei Kindern kann ich nicht verstehen, dass Frauen in der Regierung sich nicht dafür einsetzen, dass Kindern in Not geholfen wird. Ist unsere Welt wirklich so, dass nur dem geholfen wird der finanziell was bieten kann oder dessen Meinung, Religion oder sonst zu einem passt. Ich wurde anders erzogen. Ich habe Empathie mit Menschen in Not.

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