Urteil zum Schutz der persönlichen Glaubensbetätigung

Nach bisheriger Rechtsprechung wurde lediglich nach Art. 16a Abs. 1 GG und § 60 Abs. 1 AufenthG das sog. religiöse Existenzminimum geschützt, sofern keine weiteren Verfolgungsgründe vorlagen.Nach einem neuen Beschluss des Verwaltungsgerichtes Stade (31.07.2007) wird einer Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes stattgegeben. Das Bundesamt hatte mit Bescheid vom 13.07.2007 festgestellt, dass die alleinige Konversion zum Christentum kein Abschiebehindernis darstelle: Das in Richtlinie 2004/83/EG des Rates geforderte religiöse Existenzminimum sei bei einer Rückkehr gegeben, und staatliche Repressionen oder politische Verfolgung nach § 60 Abs. 1 AufenthG könnten ausgeschlossen werden.

Das Verwaltungsgericht kommt jedoch in Würdigung der Qualifikationsrichtlinie der EU (Art. 10 Abs. 1 Satz 1b) zu einem anderen Ergebnis: Es bestehe ein Anspruch auf Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG, weil über das religiöse Existenzminimum hinaus auch die öffentliche Bekundung der persönlichen Glaubenszugehörigkeit geschützt sei.

Die formal noch nicht konvertierte Klägerin aus dem Iran habe überzeugend dargelegt, dass ihre Hinwendung zum Christentum bereits im Iran stattfand und keine aufenthaltsrechtlichen Gründe vorgeschoben wurden.

Bei einer Rückkehr in den Iran müsse die Klägerin bei einer öffentlichen Bekundung der Glaubenszugehörigkeit mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen. Außerdem müsse man in Betracht ziehen, dass der Abfall vom Islam einem politischen Hochverrat an der Gemeinschaft der Gläubigen gleichkomme und nach einer ungeschriebenen religiös-gesetzlichen Strafbarkeit mit dem Tod bestraft werden könne. Das Urteil als pdf gibt es hier (1 mb).

gez. Daniela Weber

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1 Gedanke zu „Urteil zum Schutz der persönlichen Glaubensbetätigung“

  1. Dieses Urteil ist uneingeschränkt zu begrüßen. Seit Jahren haben Rechtsanwälte/innen, Theolog(inn)en und Menschenrechtsexpert(inn)en immer wieder darauf hin gewiesen, dass das sog. religiöse Existenzminimum außer dem persönlichen auch einen öffentlichen Aspekt beinhaltet. Ich hoffe sehr auf eine rasche und nachhaltige Wirkungsgeschichte dieser der Sache nach wirklich nicht neuen Erkenntnis bei und in Deutschland.

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