Abschaffung des Asylrechts stoppen

30 Jahre nach Verabschiedung des so genannten „Asylkompromisses“ hat die Bundesregierung angekündigt, Asylrechtsverschärfungen auf europäischer Ebene zuzustimmen, die in ihrer Wirkung die 1993 vorgenommene empfindliche Einschränkung des Grundrechts auf Asyl weit übertreffen würden: Eine Zustimmung zu den Plänen des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ würde zu einer weitestgehenden Abschaffung des Flüchtlingsschutzes und zu einer Entrechtung der Schutzsuchenden in der EU führen. Während die Auswirkungen des damaligen „Asylkompromisses“ noch teilweise durch das europäische Recht korrigiert werden konnten, soll nun im EU-Recht die Abschaffung des europäischen Flüchtlingsschutzes verankert werden. Mit Erschrecken nehmen wir zur Kenntnis, dass die Bundesregierung offenbar grundsätzlich bereit ist, diesen Vorschlägen zur noch weitergehenden Abschottung und Entrechtung zuzustimmen, um dadurch – wie auch die Koalition aus CDU und FDP vor 30 Jahren – die Forderungen rechter Stimmen und Parteien zu befriedigen.

Wir sind fassungslos, dass eine Bundesregierung unter Führung der SPD und mit Beteiligung der Grünen den Abriss des europäischen Asylrechts umsetzen will. Um unserem Unverständnis und unserem Protest Ausdruck zu verleihen, rufen wir gemeinsam mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis von (bislang bereits) über 50 Verbänden und Menschenrechtsorganisationen, den Jugendorganisationen von SPD und Grünen sowie weiteren Akteuren für heute, 18 Uhr, zu einer Kundgebung am Küchengarten in Hannover auf.

Die Vorschläge der Europäischen Union sehen unter anderem vor:

  • Grenzverfahren in haftähnlichen Lagern. Besonders dramatisch ist eine solche Prüfung der Zulässigkeit in den Grenzverfahren, da in diesen Klagemöglichkeiten eingeschränkt sind und rechtliche Unterstützung nicht ausreichend vorhanden sein wird. Auch Kinder und andere vulnerable Gruppen sollen de-facto inhaftiert werden. Auch in Deutschland können Grenzverfahren unter haftähnlichen Bedingungen stattfinden
  •  Weil die EU aktuell nicht von funktionierenden Demokratien mit guten Schutzsystemen umgeben ist, werden die Kriterien gesenkt, damit unsichere Staaten für sicher erklärt werden können. Noch nicht einmal ein Gebietskontakt des Schutzsuchenden zu diesem Staat soll nötig sein. Das wäre der Ausstieg der Europäischen Union aus dem Asylrecht.
  • Die Verantwortung für Schutzsuchende wird noch stärker als bisher den EU-Außengrenzen aufgebürdet. Überstellungsfristen nach der bisherigen Dublin-Verordnung sollen von 6 auf 12 Monate verlängert werden und in bestimmten Fällen sogar für 3 Jahre möglich sein. Eine feste, verpflichtende Aufnahme der Ankommenden durch alle EU-Staaten wird noch nicht einmal verhandelt. Dies führt zu einer langfristigen Entrechtung der Menschen, die sich im falschen Land aufhalten, ohne jegliche Perspektive. Von Europäischer Solidarität ist keine Spur zu erkennen.
  • Für weitergewanderte Flüchtlinge soll die Gewährung von Sozialleistung verboten werden. Dies ist mit der Verfassung unvereinbar und würde zu einer rechtlich vorgeschriebenen Verelendung führen.

Mit einem gemeinsamen Statement richten heute über 60 Organisationen, darunter auch der Flüchtlingsrat Niedersachsen, einenAppell an die Bundesregierung, ihre Position zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu überdenken.

Mit einem weiteren Appell wenden sich 46 Kinder- und Menschenrechtsorganisationen anlässlich des Treffens der EU-Innenminister*innen an die Bundesregierung und warnen vor einer Entrechtung geflüchteter Kinder und Jugendlicher

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