Rassistische Diskriminierung an der Grenze wird fortgeführt

© Gunter Hansen

Mit ihrer Entscheidung, Kontrollen an der Grenze nach Österreich fortzusetzen, hat Bundesinnenministerin Faeser (SPD) ein Zeichen dafür gesetzt, dass die neue Bundesregierung an der Diskriminierung von Flüchtlingsgruppen festhalten wird: Geflüchtete aus der Ukraine sind willkommen, Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern sind es nicht. „Wir sind gemeinsam in der Verantwortung, illegale Einreisen zu stoppen, damit wir weiter den Menschen helfen können, die dringend unsere Unterstützung brauchen“, so die Ministerin laut dpa.

Die Rollen sind damit eindeutig zugewiesen: Hier die Hilfebedürftigen aus der Ukraine, dort die „illegal Einreisenden“ aus Syrien, Afghanistan, Eritrea oder anderen Herkunftsländern. Birkan Görer, stellvertretender Vorsitzender der Jusos, findet gegenüber dts für diese Politik die passenden Worte:
„Nancy Faesers Aussage zur Begrenzung der Zuwanderung nach Europa macht uns sprachlos. Wir erwarten von einer Bundesinnenministerin der SPD, dass sie die Gesellschaft zusammenhält.“ Dabei dürfe der Zusammenhalt in der Gesellschaft niemals auf Kosten der Hilfsbedürftigsten aufs Spiel gesetzt werden. „Damit erreichen wir nur eine Gesellschaft, die nach unten tritt“, so Görer. Wer die Aufnahmebereitschaft für Ukrainer zurecht lobe, könne nicht zugleich Sorgen um Geflüchtete aus dem Mittelmeer und der Balkanroute streuen. „Es braucht keine Politik des Misstrauens und der Grenzkontrollen, stattdessen braucht es eine klare Politik der Solidarität: Eine europäische Lösung für eine gerechte Verteilung, schnelle Lebensperspektiven und einen Staat, der Geflüchtete vor Übergriffen schützt.“
Eigentlich gibt es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. Seit inzwischen sieben Jahren finden an der Grenze nach Österreich solche Kontrollen aber statt, begründet erst als Maßnahme gegen unkontrollierte Migration, dann mit der Kontrolle der Corona-Schutzmaßnahmen. Schon im April hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Kontrollen um ein weiteres halbes Jahr bis Ende November verlängert und damit für Unmut in der Ampel-Koalition gesorgt. Denn kurz zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) ähnliche Kontrollen zwischen Österreich und Slowenien verurteilt und erklärt, Grenzkontrollen dürften nur bei einer „akuten Bedrohung“ für sechs Monate verhängt und nicht beliebig verlängert werden.
„Im vorliegenden Fall scheint Österreich (…) nicht nachgewiesen zu haben, dass eine neue Bedrohung vorliegt“, heißt es in dem Urteil des EuGH. „Die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen muss daher eine Ausnahme bleiben und sollte nur als letztes Mittel eingesetzt werden.“
Entscheidender als die juristische Bewertung der Zulässigkeit von Grenzkontrollen aber ist die von der Politik hier vorgenommene Distinktion: Alle Begründungen, warum Ukrainer anders behandelt werden als andere Flüchtlinge, sind „fadenscheinig bis offen rassistisch“, wie der Pro-Asyl-Vorsitzende Andreas Lipsch feststellt (siehe Migazin vom 03.10.2022).  Anstatt die unbürokratische Aufnahme zahlloser Flüchtlinge aus der Ukraine zu einer Blaupause für eine grundsätzlich andere Flüchtlingspolitik zu machen, werden passend zur rassistischen Diskriminierung diskursive Realitäten produziert.
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