Gambia/ Celle: Strafprozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit

von Sebastian Rose
Während in diesen Tagen viel darüber gesprochen wird, wie in Zukunft einmal die im aktuellen Krieg in der Ukraine begangenen Verbrechen vor Gericht aufgearbeitet werden könnten, findet ein wichtiger Strafprozess, der vor einem Monat vor dem Oberlandesgericht Celle begonnen hat, deutlich weniger öffentliche Aufmerksamkeit.

In Celle steht ein Mann vor Gericht, dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Morde) in Gambia in der Zeit des ehemaligen gambischen Staatspräsidenten Yahya Jammeh vorgeworfen werden. Bei dem Verfahren handelt es sich nach Gerichtsangaben um das weltweit erste Strafverfahren gegen ein mutmaßliches Mitglied ehemaliger gambischer Spezialkräfte im Ausland. Die konkret vorgeworfenen Taten beziehen sich auf den Zeitraum 2003 bis 2006. Mittlerweile sind die ersten sechs Prozesstage zu Ende gegangen.

Zum Prozessauftakt am 25. April 2022 kamen auch mehrere Familienangehörige von Mordopfern sowie verschiedene NGO-Vertreter:innen nach Celle, die den Prozess in den kommenden Monaten beobachten werden. Einer der Angehörigen, dessen Vater, ein Journalist, 2004 in Gambia ermordet worden ist, tritt in dem Prozess zudem als Nebenkläger auf und wird voraussichtlich im Juni 2022 aussagen.

Human Rights Watch hat nach dem Prozessauftakt eine kurze Übersicht verfasst, der NDR berichtete am 25.04.2022 knapp. An den ersten sechs Prozesstagen wurden drei Zeug:innen und eine Sachverständige befragt. Human Rights Watch kritisierte, dass den Zuhörer:innen außerhalb der formalen Prozessparteien und akkreditierter Journalist:innen Zugang zur Übersetzung in die Sprache Wolof, die in Gambia weit gesprochene Sprache, verwehrt werde. Zuhörer:innen ohne deutsche Sprachkenntnisse könnten dem Prozess so nicht folgen.
Weil Gerichtsverfahren wie dieses nach bisheriger Praxis in Deutschland weder aufgezeichnet noch inhaltlich protokolliert werden und somit der Öffentlichkeit nur sehr wenige konkrete Informationen bekannt werden, begleitet ein Team von Studierenden der Universität Göttingen unter Leitung von Prof. Dr. Kai Ambos den Prozess während der gesamten Verfahrensdauer und wird Protokolle anfertigen, die in englischer Sprache veröffentlicht werden sollen. So soll der gambischen Zivilgesellschaft, besonders den Opfern des Jammeh-Regimes, sowie allen weiteren Interessierten ermöglicht werden, den Prozess näher zu verfolgen.
Der Prozess wird am 24. Mai 2022 um 9 Uhr fortgesetzt.
Alle weiteren Termine stehen auf der Seite des Gerichtes.
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