GiZ lässt 161 afghanische Ortskräfte im Stich – „Wir haben Ihre Mission ermöglicht, dafür müssen Sie uns beschützen“

161 afghanische Ortskräfte der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GiZ) fordern ihr Recht auf Evakuierung ein – doch ihr ehemaliger Arbeitgeber ignoriert seit Monaten ihre Anfragen. Die GiZ lässt ihre ehemaligen Mitarbeiter:innen im Stich, meint der Flüchtlingsrat Niedersachsen. Die Organisation fordert vom Auswärtigen Amt, dem BmZ und der GiZ, den ehemaligen Ortskräften unverzüglich Aufnahmezusagen zu erteilen und alles daran zu setzen, sie schnellstmöglich zu evakuieren.

Die 161 Ortskräfte, die bis zum Jahr 2019 bei der GiZ beschäftigt waren und deshalb einen Anspruch darauf haben, nach Deutschland evakuiert zu werden, fürchten um ihr Leben. „Wir haben Ihre Mission ermöglicht, dafür müssen Sie uns beschützen“, so die Forderung der ehemaligen afghanischen GiZ-Mitarbeiter:innen.

Die Ortskräfte haben ihren ehemaligen Arbeitgeber, das Auswärtige Amt (AA) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BmZ) in den vergangenen Monaten mehrfach auf unterschiedlichen Wegen kontaktiert und ihnen eine Liste mit ihren Namen übermittelt. Lediglich das Risikomanagement der GiZ hat nichtssagend reagiert.

Der Flüchtlingsrat hat sich daraufhin an das Auswärtige Amt gewandt und wurde auf das BmZ verwiesen. Das BmZ wiederum teilte dem Flüchtlingsrat vor mehr als zwei Wochen mit, dass es die Liste mit den Namen der 161 Ortskräfte an die GiZ weitergeleitet habe, die sich mit den Ortskräften in Verbindung setzen werde. Geschehen ist seitdem dennoch nichts.

Maryam Mohammadi, Referentin beim Flüchtlingsrat Niedersachsen und ehemalige Mitarbeiterin der GiZ in Afghanistan

Ich stehe in sehr engem Kontakt mit vielen der 161 Personen. Ich bekomme mit, wie frustriert und verängstigt sie sind. Ich kann sie gut verstehen. Weil sie für die GiZ gearbeitet haben, werden sie von den Taliban mit dem Tod bedroht und verfolgt. Die GiZ darf diese 161 und alle anderen ehemaligen Ortskräfte nicht länger im Stich lassen. Das Auswärtige Amt, das BmZ und die GiZ müssen endlich Verantwortung übernehmen, anstatt die Aufnahme der Ortskräfte weiter absichtlich zu verzögern. Sie müssen gemeinsam alles daran setzen, den 161 und allen anderen ehemaligen Ortskräften unverzüglich Aufnahmezusagen zu erteilen und sie schnellstmöglich zu evakuieren.“

Personen, die für internationale Organisationen gearbeitet haben, werden seit jeher von der Taliban mit dem Tod bedroht und verfolgt. Seit die Taliban im August 2021 die Macht über Afghanistan vollständig ergriffen haben, sind diese Personen nun noch stärker gefährdet, Opfer von tödlichen Übergriffen zu werden.

Die Bundesrepublik hat zugesagt, ehemalige afghanische Ortskräfte aufzunehmen, sofern sie im Jahr 2013 oder danach bei deutschen Institutionen oder Organisationen beschäftigt waren. Darüber hinaus wurde auch „besonders gefährdeten“ Afghan:innen eine Evakuierung in Aussicht gestellt. Allerdings haben viele Menschen, die diese Kriterien erfüllen, bislang weder eine Rückmeldung, geschweige denn eine Aufnahmezusage von deutschen Stellen erhalten.

Aus Sicht des Flüchtlingsrat Niedersachsen ist das Beispiel der 161 Ortskräfte der GiZ nur einer von vielen Belegen dafür, dass die Evakuierung von Ortskräften und besonders gefährdeten Personen nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit organisiert wird – mit katastrophalen Konsequenzen für die im Stich gelassenen Ortskräfte.

Kontakt

Flüchtlingsrat Niedersachsen
Maryam Mohammadi
0511 / 84 87 99 76
mmo@nds-fluerat.org, nds@nds-fluerat.org

Hintergrund

Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert Aufnahme und Bleibeperspektiven für Afghan:innen, Pressemitteilung vom 23. September 2021

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Afghanistan: Für ein niedersächsisches Aufnahmeprogramm!, Pressemitteilung vom 26. August 2021

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