Tödlicher Polizeieinsatz: Geflüchteter in Harsefeld erschossen

In einer Unterkunft in Harsefeld im Landkreis Stade wurde am Sonntagabend (3. Oktober 2021) ein 40-jähriger Geflüchteter aus dem Sudan von der Polizei erschossen. Offenbar war die Polizei an dem Tag insgesamt dreimal von Anwohner:innen alarmiert worden, der dritte Polizeieinsatz endete dann tödlich. Laut Stader Tageblatt war der Mann wegen den Behörden psychischer Probleme bekannt und wurde vom sozialpsychiatrischen Dienst des Landeskreises Stade betreut.

Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen:

„Der Tod des Mannes in Harsefeld macht uns betroffen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Angehörigen. Für eine umfassende Bewertung des Polizeieinsatzes fehlen noch viele Informationen. Es fällt allerdings auf, dass zum wiederholten Male ein Mensch mit psychischen Problemen von der Polizei erschossen wurde. Ganz offenbar mangelt es an guten und tragfähigen Konzepten in den Einsätzen bei Menschen mit psychischen Erkrankungen. Als Flüchtlingsrat haben wir wiederholt gefordert, dass die Polizei bei Menschen mit psychischen Erkrankungen Psycholog:innen zu den Einsätzen standardmäßig hinzuziehen soll. Es ist erklärungsbedürftig, warum dies offenbar auch in Harsefeld nicht geschehen ist.

Im selben Landkreis wurde vor zwei Jahren der 19-jährige Aman Alizada von der Polizei in seiner Unterkunft im Stader Ortsteil Bützfleth erschossen. Auch bei jenem Polizeieinsatz hatte die Polizei keine psychologische Unterstützung herangezogen, obwohl die psychsischen Probleme des jungen Mannes bekannt waren. Trotz vieler offener Fragen und Widersprüche hatte die Staatsanwaltschaft Stade wiederholt alle Ermittlungen eingestellt. Im Falle des getöteten Sudanesen hat die Polizeiinspektion Cuxhaven die Ermittlungen übernommen.

Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat Niedersachsen:

„Eine restlose Aufklärung dieses Polizeieinsatzes ist genauso wie im Fall des 2019 durch einen Beamten getöteten Aman Alizada zwingend notwendig.“

Medienberichte

Statt Hilfe kam der Todesschuss, in: taz vom 19.10.2021

Sudanese war kurzzeitig in der Zelle, in: Stader Tageblatt vom 7. Oktober 2021

Polizei erschießt Asylbewerber, in: taz vom 5. Oktober 2021

Getöteter Asylbewerber in Harsefeld war bei Behörden in Betreuung, in: Stader Tageblatt vom 5. Oktober 2021

Harsefeld: Polizisten erschießen sudanesischen Asylbewerber, in: Kreiszeitung Wochenblatt vom 4. Oktober 2021

Polizisten erschießen Asylbewerber, in: Spiegel vom 4. Oktober 2021

Polizei erschießt Mann in Flüchtlingsunterkunft in Harsefeld, in: NDR vom 4. Oktober 2021

Sudanese stirbt durch Polizeikugeln, in: Stader Tageblatt vom 4. Oktober 2021

Hintergrund

Flüchtlingsrat Niedersachsen, Aktionsseite Tödlicher Polizeieinsatz in Stade

Kontakt

Sigmar Walbrecht
0 511 / 84 87 99 73, sw@nds-fluerat.org

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2 Gedanken zu „Tödlicher Polizeieinsatz: Geflüchteter in Harsefeld erschossen“

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