Afghanistan: Für ein niedersächsisches Landesaufnahmeprogramm!

Pressemitteilung vom 26. August 2021

Sichere Fluchtwege aus Afghanistan schaffen! Landesaufnahmeprogramm auflegen!

Die Situation in Afghanistan ist dramatisch. Viele Afghan:innen sind verzweifelt, weil sie in Gefahr sind. Die Bundesrepublik steht nach dem abrupten und chaotischen Ende des NATO-Einsatzes in der Verantwortung.

Die Evakuierungen besonders gefährdeter Menschen müssen so lange wie möglich fortgesetzt und so stark wie möglich ausgeweitet werden. Besonders gefährdete Menschen müssen auch dann evakuiert werden, wenn ihnen der Pass oder die Aufenthaltserlaubnis fehlen – Ausnahmen im Aufenthaltsrecht sehen dies explizit vor. Das Land Niedersachsen muss weitaus mehr evakuierte Afghan:innen aufnehmen, als die bislang zugesagten 450 Personen.

Über die gegenwärtigen Evakuierungen hinaus muss die Bundesregierung ein großzügiges Bundesaufnahmeprogramm für Ortskräfte und weitere besonders gefährdete Afghan:innen verabschieden. Auch die Innenminister:innen der Länder haben bereits ein Aufnahmeprogramm von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gefordert. Dieser verharrt bislang jedoch tatenlos und schweigt sich weiterhin aus.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert die Landesregierung erneut auf, ein niedersächsisches Landesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Personen aufzulegen – wie es Schleswig-Holstein und Berlin bereits getan haben.

Karim Alwasiti, Flüchtlingsrat Niedersachsen:

„Die erschütternden Nachrichten und Bilder aus Afghanistan führen uns täglich vor Augen, wie dringend wir handeln müssen. Wenn die Landesregierung es ernst damit meint, besonders gefährdete Personen wie Journalist:innen oder Menschenrechtsaktivist:innen vor der Taliban schützen zu wollen, dann muss sie jetzt selbst aktiv werden und ein eigenes Aufnahmeprogramm auflegen – und zwar ganz unabhängig von den Plänen des Bundes. Mit einem solchen Aufnahmeprogramm kann Niedersachsen ein Zeichen der Solidarität setzen und signalisieren, dass wir die Afghan:innen auch dann nicht im Stich lassen, wenn sich die Augen der Welt nicht länger auf Kabul richten. Niedersachsen sollte sicherer Hafen für Afghan:innen werden!“

Warum Aufnahmeprogramme?

Aufnahmeprogramme ermöglichen die Aufnahme von Menschen, die trotz ihrer akuten Gefährdung keine Möglichkeit hätten, nach Deutschland einzureisen. Neben den Ortskräften, Menschenrechtsaktivist:innen, Journalist:innen, Politiker:innen oder ehemaligen Staatsbediensteten sind alle weiteren Personen, die sich dem Regime der Taliban nicht unterwerfen wollen oder können, ebenfalls gefährdet. Dazu gehören unter anderem LGBTIQ*, Abgeschobene (die dem Vorwurf der „Verwestlichung“ ausgesetzt sind) oder schlicht Mädchen und Frauen.

Auch ermöglichen Aufnahmeprogramme, dass Afghan:innen zu ihren Angehörigen nach Deutschland bzw. Niedersachsen ziehen können. Bisher scheiterte selbst der Anspruch von Ehegatten oder minderjährigen Kindern auf Familiennachzug allzu oft an den hohen bürokratischen Hürden und verschleppten Verfahren. Vielfach sitzen diese Angehörigen in Afghanistan oder unter schwierigsten Bedingungen in den Nachbarstaaten bzw. in der Türkei fest. Insbesondere aus der Türkei werden immer wieder Personen nach Afghanistan abgeschoben.

Das von der schleswig-holsteinischen Landesregierung bereits am 17. August 2021 beschlossene Landesaufnahmeprogramm zielt ebenfalls auf die Gruppe der getrennten Familien. Das Land Berlin hat in der vergangenen Woche ebenfalls ein eigenes Landesaufnahmeprogramm angekündigt, das auf afghanische Ortskräfte und besonders gefährdete Personen ausgelegt werden soll.

Kontakt

Flüchtlingsrat Niedersachsen
Muzaffer Öztürkyilmaz
moy@nds-fluerat.org, nds@nds-fluerat.org
0 511 / 98 24 60 38, 0 511 / 98 24 60 30

Hintergrund

Gefährdete Menschen aus Afghanistan aufnehmen. Landesaufnahmeprogramm auflegen!, Pressemitteilung vom 19. August 2021

Afghanistan: Luftbrücke jetzt!, Beitrag vom 17. August 2021

Ausreise aus Afghanistan? Aktuelle Informationen, Beitrag vom 17. August 2021 [Die Informationen werden fortlaufend aktualisiert.]

Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt!, Beitrag vom 11. August 2021

Keine Abschiebungen nach Afghanistan!, Gemeinsamer Aufruf vom 10. August 2021

Bundesregierung redet die Lage in Afghanistan schön, Beitrag vom 23. Juli 2021

Erneute Sammelabschiebung aus Hannover nach Afghanistan – sechs aus Niedersachsen, Beitrag vom 7. Juli 2021

Medienberichte

Erneut Demo in Hannover für Rettung von Afghanen, in: NDR vom 26. August 2021

Flüchtlingsrat fordert Landesaufnahmeprogramm für Afghanen, in: Süddeutsche Zeitung vom 26. September 2021

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