Humanitäre Notlage in Afghanistan | Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert die Landesregierung auf, Abschiebungen nach Afghanistan auszusetzen | Außenministerium setzt derweil Regierung in Kabul unter Druck
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert von der niedersächsischen Landesregierung einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan.
Die seit Jahrzehnten katastrophale Situation in Afghanistan spitzt sich immer weiter zu. Der schwelende Bürgerkrieg und die manifestierte schlechte wirtschaftliche Lage sorgen für beständige humanitäre Krisen. Durch die Covid-19 Pandemie hat sich die existenzbedrohende Notlage der Zivilbevölkerung noch einmal massiv verschlechtert. Das sukzessive Erstarken der radikalislamistischen Taliban wird durch den Abzug der internationalen Truppen eklatant verschärft. So haben die Taliban mittlerweile mehr als die Hälfte der 388 afghanischen Distrikte unter ihrer Kontrolle. Weitere große Teile sind umkämpft.
Anfang Juli hat das afghanische Flüchtlingsministerium (MoRR – Ministery of Refugees and Repatriation) mitgeteilt, in Anbetracht der Sicherheitslage keine Abschiebungen mehr zu akzeptieren. Während inzwischen Finnland, Schweden und Norwegen daraufhin Rückführungen nach Afghanistan für die nächsten drei Monate ausgesetzt haben, negiert Deutschland die Situation vor Ort weiterhin. Bundesaußenminister Heiko Maas teilte mit, dass er Abschiebungen nach Afghanistan nach wie vor für vertretbar halte. Dennoch soll die Sachlage geprüft und auf Grundlage eines neuen Lageberichts zu Afghanistan entschieden werden. Der Lagebericht enthält jedoch relativierende, veraltete und auch falsche Informationen. Lars Castellucci, der migrationspolitische Sprecher der SPD im Bundestag hingegen will Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen. Von einer verlässlichen Quelle in Kabul ist derweil zu hören, dass erst gestern der deutsche Botschafter für Pakistan und Afghanistan, Jasper Wieck, beim afghanischen Flüchtlingsminister vorgesprochen und massiv Druck ausgeübt hat, um die Abschiebung von wenigstens zehn Afghanen durchzusetzen.
„Dass die Bundesregierung weiterhin an Abschiebungen nach Afghanistan festhält, ist unerträglich. Es ist eine Schande, dass das SPD-geführte Außenministerium die Regierung in Kabul unter Druck setzt, Abschiebungen weiter zuzulassen. Dieses Vorgehen kostet Menschenleben“, kritisiert Dörthe Hinz vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.
Ein sogenannter Abschiebestopp kann gem. § 60a Absatz 1 Aufenthaltsgesetz von den Bundesländern für zunächst drei Monate beschlossen werden.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...