Warme Worte, aber keine praktischen Maßnahmen zur Rettung afghanischer Ortskräfte: Bundeskanzlerin muss jetzt eingreifen!

Pressemitteilung der Initiative zur Unterstützung der Aufnahme afghanischer Ortskräfte

So wie die Bundesregierung ohne viel Aufsehen ihre Soldaten aus Afghanistan abzieht und Bundeswehr-Stützpunkte an die afghanischen Streitkräfte übergab, zieht sie sich derzeit bei ihrer Verantwortung für ihre afghanischen Ortskräfte aus der Affäre. Während erwartet wird, dass in wenigen Tagen der letzte Militärtransporter mit Bundeswehrangehörigen, darunter zur Sicherung eingesetzte Angehörige des Kommandos Spezialkräfte (KSK), aus dem Hauptstandort Camp Marmal bei Masar-e Scharif abheben wird, gibt es kein Anzeichen für praktische Maßnahmen, dass die Ortskräfte und ihre Angehörigen ebenfalls ausgeflogen werden.

Die Ortskräfte hatten nicht nur in verschiedenen Funktionen den Bundeswehr-Einsatz, sondern auch politische Vorhaben der Bundesregierung in Afghanistan unterstützt. Damit setzten sie sich der Rache der jetzt zurück an die Macht marschierenden Taleban aus. Diese versicherten zwar am 7.6.2021, dass die Ortskräfte nicht zu befürchten hätten, wenn sie ihre frühere Kollaboration bereuten. Aber der am 26.6.2021 von AFP gemeldete  Mord an einer früheren Ortskraft des französischen Militärs in Afghanistan deutet daraufhin, dass es keine Garantie für die Einhaltung dieser Zusage gibt.

Zuletzt hatte am 23. Juni 2021 Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble in einer Aktuellen Stunde zum Afghanistaneinsatz im Bundestag gemahnt, „unsere Schutzverpflichtung … im Übrigen auch gegenüber den afghanischen Ortskräften, die für die Bundeswehr, die Bundespolizei und andere deutsche Organisationen tätig gewesen sind … ernst zu nehmen.“

Über eine leichte Verbesserung der Aufnahmekriterien durch Beschluss der Innenministerkonferenz und warme parlamentarische Worte hinaus sind bis jetzt keine Ortskräfte in Sicherheit gebracht worden. Büros, an die sich die Ortskräfte wenden sollten, wurden bisher nicht eingerichtet. Offenbar versucht die Bundesregierung, die Abwicklung an die UN-Unterorganisation IOM auszusourcen – für die Zeit nach dem deutschen Abzug. Es fehlt offensichtlich am politischen Willen, die Zusage von Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer umzusetzen, allen Ortskräften schnell und unbürokratisch zu helfen.

Selbst diejenigen Ortskräfte, die zuletzt eine deutsche Aufnahmezusage erhalten haben, sitzen überwiegend noch in Nord-Afghanistan fest. Sie sollen sich Flugtickets ab Kabul selbst beschaffen, obwohl der Versuch, Kabul zu erreichen, angesichts des Taleban-Vormarschs auch im Umfeld Masar-e Scharifs immer gefährlicher wird. Viele Ortskräfte mussten bereits abtauchen oder sich von ihren Angehörigen trennen, um diese nicht zusätzlich zu gefährden.

Das Ausfliegen der Ortskräfte ist nötig und möglich

Die Initiative zur Unterstützung der Aufnahme afghanischer Ortskräfte weist deshalb noch einmal eindrücklich darauf hin, dass nur noch wenige Tage bleiben, den Ortskräften effektiv zu helfen. Noch hat die Bundeswehr Präsenz und verfügt über ein Flugfeld bei Masar-e Scharif, von wo aus deutsche Soldaten und Material über Tbilissi (Georgien) in die Heimat geflogen werden. Ein Korridor dorthin kann eingerichtet werden, um Covid-Infektionen auszuschließen. Zudem besteht die Option, die Ortskräfte vom Flughafen Masar nach Kabul zu bringen; auf dieser Linie operieren mehrmals wöchentlich die afghanischen Fluggesellschaften KAM Air und Ariana.

Die Initiative zur Unterstützung der Aufnahme afghanischer Ortskräfte fordert deshalb, dass jetzt die Bundeskanzlerin ein Machtwort sprechen, das Ressortgerangel um Zuständigkeiten und Fristen beenden und Maßnahmen zur Rettung von Menschenleben durchsetzen muss.

Kontakt zur Initiative:

Prof. Dr. Michael Daxner (michaeldaxner@yahoo.com)
Bernd Mesovic (bernd.mesovic@gmx.de)
Thomas Ruttig (thomasruttig@hotmail.com)
Winfried Nachtwei, MdB a.d. (winfried@nachtwei.de)

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2 Gedanken zu „Warme Worte, aber keine praktischen Maßnahmen zur Rettung afghanischer Ortskräfte: Bundeskanzlerin muss jetzt eingreifen!“

  1. Es ist ein Gebot des Anstandes, die ehemals so wichtigen und hilfreichen Ortskräfte jetzt nicht der Rache der Taliban zu überlassen. Ein ähnlicher, katastrophaler Fehler wurde beim Abzug der Amerikaner aus Vietnam gemacht: mit furchtbarsten Folgen für die zurückgelassenen Helfer.
    Solch eine verachtenswerte Rücksichtslosigkeit und Unfairness darf sich nicht wiederholen!
    Das sollten wir aus der Geschichte gelernt haben.
    Kein dunkles DejaVu. Kein weiterer Völkermord durch unsere Schuld.
    Kein neuer Schandfleck auf der Weste der Bundeswehr und der BRD.
    Und die Zeit ist knapp.

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  2. Alle schämen sich. Aber schämen reicht nicht. Was kann das Parlament tun? Was kann das Parlament mit der Parlamentsarmee tun? Die Republik hat in den letzten Jahren Hunderttausende von Flüchtlingen aufgenommen. Das kann nicht das Problem sein. Das Problem ist andererseits, daß wir diese Leute irgendwelchen Killern überlassen. Und schuldig werden (was den Opfern nichts mehr hilft).

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