Gemeinsame Presseinformation der Bürgerinitiative Menschenwürde im Landkreis Stade und des Flüchtlingsrats Niedersachsen e.V., 22. Juni 2021
Die Bürgerinitiative Menschenwürde im Landkreis Stade und der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. kritisieren den Umgang der Kreisverwaltung Stade mit Geflüchteten in Sammelunterkünften im Hinblick auf den Schutz in der Pandemie.
Nach den ersten Corona-Fällen in Gemeinschaftsunterkünften im Landkreis Stade zeigte sich auf Kreisebene eine Besorgnis erregende Planlosigkeit, fehlende Weitsicht, verhaltenes Engagement und insgesamt eine geringe Empathie gegenüber den Betroffenen und ehrenamtlichen Helfer:innen.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass die seit Beginn der Pandemie Anfang 2020 vorliegenden Erkenntnisse anscheinend ebenso wenig wie die Hinweise des RKI vom Mai 2020 zum Umgang mit der Pandemie genutzt wurden, um sich angemessen vorzubereiten und eine Handlungsstrategie zu entwickeln.
Aufgrund des höheren Infektionsrisikos von Bewohner:innen in beengten Gemeinschaftsunterkünften ordnete die STIKO diese in Prioritätsgruppe 2 ein, so dass diese Menschen ab Februar 2021 hätten geimpft werden können.
Im Landkreis Stade aber begann die Information dieser Bewohner*innen erst ab Anfang Mai 2021 durch die AWO. Außer in Harsefeld gingen Mitarbeiter:innen von Behörden und Ämtern nicht oder nur vereinzelt in die Unterkünfte. Ein funktionierendes Unterstützungsnetzwerk zur Koordination der Zusammenarbeit aus Politik, Hauptamtlichen, Verwaltung, ehrenamtlichen Unterstützer:innen und sozialen Organisationen existiert nicht.
Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, dass die bei vielen Bewohner:innen feststellbare Verunsicherung auch hervorgerufen wird durch die undurchsichtige Informationslage bezüglich einzuhaltender elementarer Hygieneregeln sowie Masken- und Abstandsgeboten und im Ergebnis zu einer geringen Impfbereitschaft führen kann.
Die Allgemeinverfügung zur Absonderung bei positivem Befund des Landkreises ist in der Praxis nicht umsetzbar, da in den Gemeinschaftsunterkünften sich viele Menschen Küchen, Waschräume und Sanitäranlagen teilen müssen und Abstände nicht eingehalten werden können. Die Kommunen werden bei der Umsetzung vom Landkreis allein gelassen. Damit kommt der Landkreis seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Geflüchteten und den eigenen Vorgaben nicht nach.
Dringender Handlungsbedarf besteht also. Mögliche Lösungsansätze können sein:
Land und Kommunen stehen in der Pflicht, vertrauensvoll zu informieren. Den Menschen müssen auf verschiedene Weise kurze, verständliche, mehrsprachige Informationen zur Verfügung gestellt werden:
- Flyer (mehrsprachig)
- siehe auch mehrsprachige Videos Impfkampagne
- mehrsprachige Hotlines beim Landkreis und bei den betroffenen Kommunen mit Gemeinschaftsunterkünften
- (Wieder-) Einstellung von Sozialarbeiter:innen und Sprachmittler:innen, die regelmäßig zu Beratung und Hilfestellung im Rahmen der aufsuchenden Hilfe in die Unterkünfte gehen, Kontakt herstellen und halten
- Umsetzung der RKI-Richtlinie vom 07.05.2020 zur Prävention und zum Management von COVID-19
- Schaffung niederschwelliger Angebote, um die Impfbereitschaft bei den Menschen zu erhöhen, z.B. durch kreative Angebote und die Bereitstellung und den Einsatz mobiler Test- und Impfteams wie in anderen Städten und Landkreisen
- Aufbau statt Abbau von Strukturen, die Teilhabe und Integration ermöglichen
Mittelfristig müssen auch im Landkreis Stade Gemeinschaftsunterkünfte geschlossen oder wohnungsähnlich umgebaut werden. Eigene Wohnungen sind Voraussetzung für selbstbestimmtes Leben und bieten den Menschen besseren Schutz vor der Pandemie als die vorhandenen, beengten Unterkünfte.
Kontakt
Bürgerinitiative Menschenwürde im Landkreis Stade, bi-menschenwuerde(at)gmx.de
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., Sebastian Rose, Tel. 05 11 98 24 60 34, sr(at)nds-fluerat.org, nds(at)nds-fluerat.org
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