Drei Monate Kirchenasyl in Göttingen

Göttinger Tageblatt 21.09.2010 18:34 Uhr

Drei Monate Kirchenasyl
Roma-Brüder sind wieder in Göttingen

Mittlerweile seit drei Monaten befinden sich die Brüder Jetmir und Ramadan Kryeziu in einem Wanderkirchenasyl. Die beiden jungen Roma wurden zuerst in der Weender Christophoruskirche aufgenommen, dann von zwei Kirchengemeinden in der Nähe von Peine, nun gewährt ihnen die Reformierte Gemeinde in Göttingen Schutz.

Die beiden seien Gäste der ganzen Gemeinde geworden, betonte Pastor Christoph Rehbein gestern bei einer von Unterstützern organisierten Pressekonferenz.

Das lange Kirchenasyl zehre an ihren Kräften, berichten die von Abschiebung bedrohten Brüder. Sie seien „psychisch und physisch kaputt“ und „eingeschlossen wie ein Tier in einem Käfig“, sagte der 23-jährige Ramadan. Man hoffe auf den Schutz der Kirche, so sein 19-jähriger Bruder. Unterstützer betonen, die beiden seien gut in Deutschland integriert. Das Göttinger Verwaltungsgericht hatte allerdings keine ausreichende Integration der beiden gesehen und eine Aufenthaltserlaubnis abgelehnt. Ausländerrechtlich sei die Angelegenheit damit erledigt, sagt Rechtsanwalt Dietrich Wollschlaeger, der die Brüder vertritt. Er argumentiert daher beim gestellten Asylfolgeantrag beim Bundesamt für Migration und bei einer Petition an den Deutschen Bundestag vom Zielstaat her. Im Kosovo hätten Roma als diskriminierte Minderheit nach wie vor keine Lebensperspektive. Zudem drohe den Brüdern auch persönlich Gefahr, da sich ihr Vater vor der Flucht aus dem Kosovo geweigert habe, mit der paramilitärischen Befreiungsbewegung UCK zusammenzuarbeiten. Dies sei beim ursprünglichen Asylantrag nicht berücksichtigt worden. Auch Wollschläger betont, die beiden seien mittlerweile gut integriert.

Friedrich Selter, Superintendent des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Göttingen, verwies bei der Pressekonferenz auf einen Beschluss der Synode der hannoverschen Landeskirche vom Sommer. Darin wird gefordert, Abschiebungen von Roma aus Niedersachsen in die Republik Kosovo auszusetzen und den Betroffenen einen rechtmäßigen Aufenthalt aus humanitären Gründen zu gewähren. Die Situation von Roma im Kosovo sei weiterhin sehr kritisch. Vor allem junge Leute erlebten die Abschiebung als Vertreibung in ein fremdes Land. Sigmar Wahlbrecht vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat forderte einen Abschiebestopp und eine Bleiberechtsregelung auf Bundesebene. Eva Weber von der Forschungsgesellschaft für Flucht und Migration schilderte die schlechten Bedingungen für Roma im Kosovo.

Ursprünglich war zu Beginn auch der kleine Bruder Hamit Kryeziu mit im Kirchenasyl. Er ist nun wieder bei den Eltern, die nach einem Krankenhausaufenthalt eine Duldungsverlängerung erhalten haben. Der Jugendliche Florim Berisha, der ebenfalls ursprünglich mit im Kirchenasyl in Christophorus Schutz gesucht hatte, konnte mittlerweile einen Asylantrag in Hamburg stellen.

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