Wir gedenken Oury Jalloh

Vor 16 Jahren am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh in einer Zelle auf der Dessauer Polizeiwache. Wir nehmen den 16. Jahrestag seines Todes zum Anlass, um Oury Jalloh zu gedenken, und fordern wie auch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh lückenlose Aufklärung.

Die Umstände seines Todes sind nach wie vor nicht aufgeklärt, vor allem deshalb, weil die Polizei und Staatsanwaltschaft eine gründliche Aufklärung sabotierten. Alle bekannten Fakten legen nahe, dass sich Oury Jalloh nicht selbst verbrannt hat, wie dies Polizei und Staatsanwaltschaft ziemlich frühzeitig behaupteten.

Vertuschungen und fragwürdige Ermittlungen vervielfachen nur die Schmerzen der Angehörigen und Freund:innen und untergraben das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden und den Rechtsstaat als Ganzes. Wir erinnern an die Worte des Vorsitzenden Richters Manfred Steinhoff, dem zufolge die Polizei vor allem gemauert hat: Es sei verheimlicht, vertuscht und verdrängt worden, an Aufklärung sei nicht zu denken gewesen. Er beurteilte das Aussageverhalten der Polizeibeamten mit den Worten: „Das Ganze hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun.“

Immer wieder kommen Menschen, insbesondere Geflüchtete und andere People of Colour, durch Polizeigewalt zu Tode, auch in Niedersachsen. So wurde zum Beispiel am 17. August 2019 der afghanische Jugendliche Aman Alizada bei einem Polizeieinsatz in seiner Wohnung in Stade erschossen. Auch in seinem Fall ist die Staatsanwaltschaft Stade offensichtlich nicht willens, die genauen Umstände tiefergehend aufzuklären, sondern spricht – nachdem die Generalstaatsanwaltschaft Celle angeordnet hatte, dass die Staatsanwaltschaft weiter ermitteln soll – trotz einiger Widersprüchlichkeiten, die nicht zuletzt durch ein forensisches Gutachten aufgeworfen werden, weiterhin von „glasklarer Notwehr“ seitens des Polizisten, der die fünf Schüsse abgab, von denen drei tödlich waren (siehe auch Artikel in ND vom 29.12.2020).

Rassistisches Gedankengut ist in unserer Gesellschaft tief verankert und damit auch in der Polizei vorhanden – schon die zahlreichen aufgedeckten rechtsextremen Netzwerke innerhalb der Polizei zeigen dies. Vor diesem Hintergrund sind eine gründliche Aufklärung der Todesumstände und eine absolute Transparenz in der Polizei zwingend notwendig.

Um Vertrauen in Polizei und Staatsanwaltschaft und letztlich in den Rechtsstaat herzustellen, muss es auch im Interesse der Ermittlungsbehörden sein, Tode oder Verletzungen im Zusammenhang mit Polizeigewalt sowie Vorwürfe rassistischer Gewalt gründlich aufzuklären und Konsequenzen zu ziehen. Darüber hinaus hält der Flüchtlingsrat Niedersachsen nach wie vor eine unabhängige Ombudsstelle, an die sich Opfer von Polizeigewalt wenden können, für notwendig und sinnvoll.

Hintergrund

Oury Jalloh

Break The Silence. Initiative in Gedenken an Oury Jalloh

Wikiwand zu Oury Jalloh

Warum der Fall Oury Jalloh weiter unaufgeklärt bleibt, in: Deutschlandfunk vom 28. August 2020

WDR 5 Tiefenblick: Oury Jalloh, Podcast-Reihe vom Mai/Juni 2020

Aman Alizada

Flüchtlingsrat Niedersachsen, Aktionsseite Tödlicher Polizeieinsatz in Stade

Initiative Aman Alizada

Bürgerinitiative Menschenwürde im Landkreis Stade

Mehr

Tod eines schutzsuchenden Guineers nach einem Polizeieinsatz im Landkreis Emsland, 25. Juni 2020

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