#Wärmefüralle: mehr Schutzsuchende aus Griechenland aufnehmen!

[aktualisiert Anfang Januar 2021: die letzten Aufnahmen am 10. und 17. Dezember 2020 sind nun berücksichtigt]

In der vergangenen Woche hat Deutschland 13 Kinder, die ohne ihre Eltern fliehen mussten, aus Griechenland aufgenommen. Damit sei die „Aufnahme dieser Gruppe abgeschlossen“, teilte das Bundesinnenministerium mit. Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sprach davon, dass ein „erstes Etappenziel“ erreicht sei.

Nach Zahlen von UNHCR werden weiterhin rund 19.500 Schutzsuchende auf den griechischen Inseln festgehalten. Unter ihnen sind auch 5.460 Kinder, von denen 330 unbegleitet sind. Sie müssen noch immer ungeschützt in katastrophalen Lagern wie Karatepe2 (auch Moria2 genannt) ausharren. Mehrere Tausend weitere unbegleitete Minderjährige sitzen in anderen Teilen Griechenlands fest. Bereits vor dem Brand war die Situation in Moria, aber auch anderen Teilen des Landes katastrophal, wie der BumF in dem Bericht „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Griechenland“ ausführlich darlegt. Damit wird deutlich: Nichts ist abgeschlossen!

Derweil zeigt der Spiegel in einer neuen Recherche, wie Griechenland selbst Geflüchtete, die bereits Lesbos erreicht haben, in illegalen Pushacks zurück in die Türkei drängt. Schutzsuchende, unter ihnen auch Minderjährige und Schwangere, werden von der griechischen Grenzpolizei auf Lesbos aufgegriffen und in der Nacht wieder auf das Meer verbracht und dort ausgesetzt. Die europäische Grenzschutzagentur Frontex ist an zahlreichen dieser Pushbacks an Europas Grenzen direkt oder indirekt beteiligt.

Die Brutalität der europäischen Politik an den Außengrenzen macht deutlich: Es geht europäischen Behörden nicht um Aufnahme und die Wahrung der Rechte von Schutzsuchenden, sondern um Abschottung und Abschreckung. Die Aufnahmen einzelner Gruppen werden so immer mehr zu Alibihandlungen, um Humanität vorzutäuschen.

Im gesamten Jahr 2020 hat Deutschland lediglich 204 unbegleitete Minderjährige aus Griechenland aufgenommen, davon 151 seit dem Brand von Moria. Insgesamt aufgenommen hat Deutschland in diesem Jahr nur 1.519 Schutzsuchende aus den griechischen Elendslagern. Versprochen hatte die Bundesregierung mehr als doppelt so viele (rund 2.750). Schon das war nicht viel, aber noch immer deutlich mehr, als tatsächlich aufgenommen wurden.

Konkret aufgenommen hat Deutschland seit dem ersten Flug am 18. April 2020 aus Griechenland:

  • 204 unbegleitete Minderjährige
  • 1.024 Menschen aus der Gruppe schwer erkrankte Kinder und ihre Angehörigen
  • 291 Menschen, die bereits in Griechenland als Schutzsuchende anerkannt wurden. Zugesagt hatte die Bundesregierung nach dem Brand von Moria die Aufnahme von 1.553 Personen aus dieser Gruppe.

Niedersachsen hat hiervon 149 Menschen aufgenommen [Stand: 31. Dezember 2020]

Diese Aufnahmezahlen sind beschämend. Es muss Schluss sein mit der symbolischen Aufnahme kleiner Gruppen, während Zehntausende weiterhin in elenden Bedingungen festgehalten werden. Vielmehr muss endlich die vollständige Evakuierung aller Schutzsuchenden von den griechischen Inseln umgesetzt werden. Seit Monaten sagen Zivilgesellschaft, unzählige Kommunen und mehrere Bundesländer immer wieder: Wir haben Platz!

Allein seit April 2020 haben deutschlandweit 3.742 geflüchtete junge Menschen die Jugendhilfe verlassen. Angesichts dieser Zahlen und der großen Aufnahmebereitschaft von Ländern, Kommunen und Jugendhilfeträgern ist die bisherige wie auch die geplante Aufnahme völlig unzureichend. Hochgerechnet könnten mit kurzem Vorlauf und unter Wahrung des Infektionsschutzes allein für die Gruppe der unbegleiteten Minderjährigen 4.000 Plätze bereitgestellt werden, wie auch die Auswertung einer Befragung von Mitgliedern des BumF bestätigt.

#Wärmefüralle – Bundesweiter Aktionstag

Um der Forderung nach sofortiger Aufnahme der Schutzsuchenden Nachdruck zu verleihen, ruft die Seebrücke zu ihrer Winterkampagne unter dem Motto #Wärmefüralle auf. Am Mittwoch, den 9. Dezember, gibt es ab 18 Uhr eine Online-Demo in den Sozialen Medien (hier der YouTube-Link) und am 13. Dezember einen bundesweiten Aktionstag.

In Niedersachsen sind in den nächsten Tagen folgende Aktionen geplant:

Hannover: Donnerstag, 10. Dezember, 18 Uhr, Hannah-Arendt-Platz (wöchentliche Mahnwache)

Wardenburg: Freitag, 11. Dezember, 14 – 17 Uhr,  Wochenmarkt (Infostand der Kampagne Wardenburg soll Sicherer Hafen werden)

Einbeck, Freitag, 11. Dezember, 17.30 Uhr, Marktplatz Einbeck (wöchentliche Mahnwache)

Braunschweig: Samstag, 12. Dezember, 11 Uhr, Platz der deutschen Einheit/Rathaus (Stille Mahnwache)

Braunschweig: Samstag, 12. Dezember, 12 Uhr, Platz der deutschen Einheit (Kundgebung)

Wardenburg: Samstag, 12. Dezember, ab 7:30 Uhr, Platz bei der LZO an Wardenburgs neuer Mitte (Infostand der Kampagne Wardenburg soll Sicherer Hafen werden)

Oldenburg, Sonntag, 13. Dezember, dezentrale Kreide- und Plakataktion

Osnabrück: Sonntag, 13. Dezember, 14.30 Uhr, Treffen am Theater (Einzeldemo)

Lüneburg: Sonntag, 13. Dezember, 15:30 Uhr, am Stindt

Jever: Sonntag, 13. Dezember, 16 Uhr, Alter Marktplatz (Kundgebung)

Hintergrund

Ein Jahr nach Reise von Pistorius nach Griechenland: Aufnahmebilanz Niedersachsens ernüchternd, Meldung vom 2. November 2020

Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert Landesaufnahmeprogramm, Meldung vom 18. Mai 2020

Übersichtsseite Sichere Häfen in Niedersachsen

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