dpa-Artikel zu Friedland

Nachfolgend ein Bericht von dpa zur Zukunft des Grenzdurchgangslagers Friedland, in dem nach den Plänen des Landes zukünftig auch Asylbewerber/innen untergebracht werden sollen. Eine Kritik des Flüchtlingsrats Niedersachsen zu den vom Land verfolgten Plänen findet sich bereits in unserer Presseerklärung vom 18. Juni (s. Anlage).
Bislang weigert sich das BAMF, nach Friedland umzuziehen und dort eine Erstanhörung durchzuführen. Offenbar deshalb trifft sich Innenminister Uwe Schünemann am 23. August mit dem Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge.

Der Flüchtlingsrat bleibt bei seiner Einschätzung, dass Flüchtlinge nach den innerhalb von drei Wochen zu erledigenden Formalitäten der Erstaufnahme am besten dezentral untergebracht werden sollten. Dies ist nicht nur aus  integrationspolitischen und humanitären Gründen angezeigt, sondern spart auch viel Geld, da eine zentrale Unterbringung das Zwei- bis Dreifache an Kosten verursacht.

gez. Kai WeberGrenzdurchgangslager bei Göttingen
In Friedland geht eine Ära zu Ende
von Matthias Brunnert (dpa)
Friedland wurde für viele zum Symbol der Hoffnung. Für Aussiedler war es  die erste Station in Deutschland. Weil deren Zahl stark sinkt, soll Friedland künftig Asylbewerber aufnehmen.

Das als „Tor zur Freiheit“ weltweit bekannte Grenzdurchgangslager Friedland wird es in seiner bisherigen Form bald nicht mehr geben. Weil kaum noch Aussiedler kommen, soll die Einrichtung formal aufgelöst und in eine Landesaufnahmebehörde umgewandelt werden. Künftig sollen vor allem Asylbewerber nach Friedland im Süden  Niedersachsens kommen.

Eine Hand voll Aussiedler auf dem Weg zum Essen, zwei Mitarbeiter bei der Zigarettenpause: Es ist nicht viel los an diesem Mittag. Kein Vergleich zu früheren Jahren, als Woche für Woche Tausende deutschstämmige Spätaussiedler im Grenzdurchgangslager bei Göttingen eintrafen. Für dieses Jahr rechne er mit höchstens noch 2500 Ankömmlingen aus der früheren Sowjetunion, sagt Lagerleiter Heinrich Hörnschemeyer. So wenige waren es nie zuvor in der 65-jährigen
Geschichte des Lagers.

Friedland geht die Arbeit aus

Und da in diesen Tagen auch noch das letzte Kontingent der 2500 von Deutschland aufgenommenen Irak-Flüchtlinge in die künftigen Wohnorte weiterreist, droht dem Personal die Arbeit auszugehen. Deshalb plane die niedersächsische  Landesregierung, Friedland in eine Einrichtung auch zur Erstaufnahme von Asylbewerbern umzuwandeln, sagte  Innenminister Uwe Schünemann bei einem Besuch in Friedland. Dort könnten dann voraussichtlich ab Januar 2012 jährlich gut 3000 Asylbewerber aufgenommen werden.

Er hoffe sehr, dass der Begriff „Grenzdurchgangslager“ trotzdem erhalten bleibt, sagt Lagerleiter Hörnschemeyer. „Denn der Begriff ist nicht nur in Deutschland, sondern weltweit positiv besetzt“. Das Lager sei schließlich für mehr als vier Millionen Menschen das „Tor zur Freiheit“ gewesen.

Flüchtlingsstrom aus Osten kanalisieren

Die ersten Flüchtlinge waren in Friedland am 26. September 1945 aufgenommen worden. Die britische Militärverwaltung hatte die Einrichtung damals innerhalb weniger Tage hergerichtet, um die anschwellenden Flüchtlingsströme aus dem Osten zu kanalisieren. Die Menschen wurden zunächst provisorisch in beschlagnahmten Viehställen untergebracht. Doch noch vor dem Winter ließen die Briten von deutschen Kriegsgefangenen auf einem Rübenacker Zelte und Wellblechbaracken errichten. An dieser Stelle befindet sich das nach und nach modernisierte Lager noch heute.

Kurz nach der Gründung des Lagers waren jährlich zwischen 200.000 und 500.000 Aussiedler, Flüchtlinge und entlassene Kriegsgefangene aufgenommen worden. Ein neuer Höhepunkt wurde in den 1980er Jahren durch die  massenhafte Auswanderung aus Polen mit bis zu 170.000 Zuzüglern erreicht. Im Jahr 2000 waren noch rund 8000 gekommen.

Erstaufnahmelager für Aussiedler

Seit 2000 ist Friedland das einzige Erstaufnahmelager des Bundes für Aussiedler. Um die Kapazität angesichts der sinkenden Zahlen zu nutzen, bietet Niedersachsen für die Ankömmlinge seit mehreren Jahren sogenannte  Willkommenskurse an, in denen die Aussiedler Deutsch lernen und Wissenswertes über das Leben in der Bundesrepublik  erfahren. Trotz der geplanten Aufnahme von Asylbewerbern werde Friedland aber auch künftig erste Anlaufstelle für  Aussiedler und Juden aus der Sowjetunion bleiben, betonte Schünemann.

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