Das Konzept der Nds. Landesregierung zur Aufnahme von Flüchtlingen wird zunehmend konfuser. Hatte die Landesregierung zunächst die Schließung der Landesauf-nahmestelle in Oldenburg beschlossen, um so das traditionsreiche Grenzdurchgangslager Friedland für eine zentralisierte und kasernierte Unterbringung von Flüchtlingen nutzen und das Lager somit erhalten zu können, so ist nunmehr offenbar vorgesehen, Friedland zu einer Erstaufnahmeeinrichtung zu machen.
Damit gerät aber die Neustrukturierung zur Provinzposse. Da das für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständige „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ in Friedland keine Außenstelle betreibt und dies auch für die Zukunft ausschließt, muss bei Umsetzung der Pläne des Innenministeriums jeder und jede Asylsuchende mindestens zweimal von Friedland in das etwa 125 Kilometer entfernte Braunschweig verbracht werden, um ein ordnungsgemäßes Asylverfahren sicherstellen zu können. Bei bis zu 300 Flüchtlingen, die in Friedland untergebracht werden sollen, hat das nicht nur zur Folge, dass ein regelmäßiger Fahrdienst zwischen Braunschweig und Friedland aufgebaut werden muss. Zusätzlich müssen für Aufenthalt und Verpflegung, ggfs. auch für die Übernachtung der Flüchtlinge Parallelstrukturen vorgehalten werden. Dem Vernehmen nach hat das niedersächsische Landeskabinett die ursprünglich für den 22.06. geplante Kabinettssitzung zur Entscheidung über diese kostenträchtige und unsinnige Neukonzeption zunächst verschoben, eine Beschlussfassung ist nach der Sommerpause zu erwarten.
„Die Landesregierung könnte viel Geld sparen und dabei zugleich Gutes tun, würde sie die Kritik des Landesrechnungshofs am bisherigen Unterbringungskonzept konsequent umsetzen“, sagt der Vorsitzende Norbert Grehl-Schmitt. Der Landesrechnungshof hatte bereits vor Jahren eine dreiwöchige Unterbringung in einer Aufnahmeeinrichtung als ausreichend betrachtet. Eine Unterbringung darüber hinaus sei allein schon aus Kostengründen nicht angezeigt, aus Sicht des Flüchtlingsrats auch nur für einen beschränkten Zeitraum von drei Monaten unter der Voraussetzung vertretbar, dass das Land parallel Anstrengungen unternehme, die Aufnahme mit umfassenden Unterstützungs- und Integrationsmaßnahmen zu begleiten. Der von der Landesregierung zum Teil über Jahre erzwungene Aufenthalt in den Landeseinrichtungen widerspreche jedem vernünftigen Integrationskonzept und sei schlicht inhuman, so Grehl-Schmitt weiter.
Aufgrund der niedrigen Zugangszahlen in den vergangenen Jahren sowie hoher An-erkennungsquoten verbleibe eine Zahl von etwa 1.500 Asylsuchenden, die pro Jahr landesweit dezentral verteilt werden müssten. Dies stelle die Kommunen vor keine besonderen Herausforderungen. In den 90er Jahren lag diese Zahl um das Zwanzigfache höher. Andere Bundesländer haben längst auf die teure zentrale Unterbringungsform verzichtet und sind zu einer Verteilung auf die Kommunen zurückgekehrt.
Wie diese Unterbringungskonzepte funktionieren und sich bewährt haben, wird am 24.06.2010 u.a. Thema einer Veranstaltung von Pro Asyl im Neuen Rathaus von Hannover sein (s. auch hier), zu der der Flüchtlingsrat herzlich einlädt.