Am 18. Mai verstarb nach schwerer Krankheit die langjährige Flüchtlingsratsaktivistin Ingrid Vogt. Sie wird morgen beerdigt. Aufgrund der Corona-Pandemie findet die Beisetzung im engsten Familienkreis statt. Wir trauern um Ingrid und werden eine Kerze für sie anzünden.
Über Jahrzehnte hat Ingrid, die als Sechsjährige aus Westpreußen fliehen musste und am eigenen Leib kennengelernt hatte, was es heißt, ein ausgegrenzter Flüchtling zu sein, gemeinsam mit ihrem (bereits am 13.09.2018 im Alter von 87 Jahren verstorbenen) Ehemann Ronald im Auftrag des Flüchtlingsrats Niedersachsen ehrenamtlich über 600 Geflüchtete begleitet, die von Abschiebung bedroht waren und im Herkunftsland eine Verfolgung befürchteten, v.a. Kurdinnen und Kurden. Ingrid trat, solange sie konnte, mit viel Empathie und Herzenswärme für Solidarität mit Geflüchteten ein. Gemeinsam mit Ronald hat sie sich oft mehr zugemutet als zu schaffen war. Ihre Rundreisen zu Familien von Geflüchteten, deren Verfolgungsschicksale sie dokumentierten und deren Traumatisierung die beiden gutachterlich feststellen ließen, schafften die Basis für unzählige Neuaufnahmen und positive Entscheidungen in Asylverfahren.
Ingrid und Ronald Vogt, die über ihr Engagement nie viele Worte verloren und aus Überzeugung Solidarität mit Verfolgten nicht nur bekundeten, sondern praktisch werden ließen, wurden 2007 vom Flüchtlingsrat für den taz-Panterpreis „Heldinnen und Helden“ des Alltags 2007 vorgeschlagen. Auch wenn Ingrid und Ronald Vogt den Preis am Ende nicht erhielten, erfuhren die beiden doch eine (seltene) öffentliche und großartige Würdigung ihres Engagements:
taz 2007: Ingrid und Ronald Vogt: Kämpferisch gegen Abschiebungen
In den letzten Jahren war Ingrid sehr krank, verfolgte aber weiterhin geistig hellwach die Aktivitäten des Flüchtlingsrats. Das letzte Lied, welches über Ingrids Lippen ging: Hevenu Shalom Allechim
Du wirst uns fehlen. Shalom, Ingrid.
Meine Mutter war eine Heldin, so wie mein Vater ein Held gewesen war für viele viele geflüchtete Menschen und nicht zuletzt für uns 6 Kinder mit 14 Enkeln und 10 Urenkeln. Danke, dass ihr auf dieser Erde ward, Eure Tochter Eva-Maria
Ingrid war meine große Schwester, aber eigentlich viel, viel mehr ….
Gelebte Nächstenliebe – ich bin sehr, sehr stolz auf Ingrid!!!
Der Mensch ist erst tot, wenn auch der letzte Mensch keine Erinnerung mehr an ihn hat.
Ingrid und Ronald werden weiter leben – sie sind dort, wo auch wir sind!