Beratung und Unterstützung für Bewohnende zum Eilrechtsschutz- und Klageverfahren
Bereits am 23. März 2020, d.h. kurz nach in Kraft treten der ersten behördlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, trugen wir gegenüber der Landesregierung vor, dass sich dieses behördliche Ermessen „[…] angesichts der voranschreitenden Pandemie täglich weiter in Richtung null […]“ reduziert, weshalb die Wohnverpflichtung in den landeseigenen Massenunterkünften schlicht aufzuheben und den Bewohnenden ein Umzug in leerstehende (Ferien)Wohnungen, Hotels und Pensionen etc. zu ermöglichen ist (siehe zu diesen und weiteren unserer Forderungen etwa hier, hier und hier).
Während die niedersächsische Landesregierung und die Kommunen weitestgehend untätig verharren und sehenden Auges in Kauf nehmen, dass sich auch in niedersächsischen Massenunterkünften bald Masseninfektionen ausbreiten oder das gesamte Unterkünfte bzw. all ihre Bewohnenden pauschal unter Quarantäne gestellt werden (müssen), haben unterdessen verschiedene Verwaltungsgerichte unsere Auffassung in unterschiedlichen Eilrechtsschutzverfahren teilweise mehrmals bestätigt (Nachweise siehe V.).
Sofern Bewohnende von Gemeinschaftsunterkünften – ganz gleich ob solchen des Landes oder der Kommunen – bzw. ihre Angehörigen Fragen oder Beschwerden im Zusammenhang mit ihrer Unterbringung, insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie haben, steht ihnen sowohl das AMBA- als auch das Einzelfallberatungsteam des Flüchtlingsrats gerne mit Rat und Tat zur Seite!
Nach § 49 Abs. 2 AsylG kann die Verpflichtung, in einer (Erst)Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, unter anderem aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge beendet werden.
Danach müssen die (landesrechtlichen) Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und die entsprechenden Empfehlungen des RKI, insbesondere zur Hygiene, auch in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete zwingend umgesetzt werden, da ihre Einhaltung sowohl für die gesamtgesellschaftliche Infektionsprävention als auch für den Schutz der Bewohnenden unabdingbar ist.
Deshalb dürfen Menschen nicht verpflichtet werden, in Gemeinschaftsunterkünften zu wohnen, wenn sie dort den behördlich verlangten Mindestabstand von je 1,5 Metern zu anderen Bewohnenden und/oder die Empfehlungen des RKI zur Hygiene – etwa weil keine (ausreichenden) Reinigungs- und Desinfektionsmittel vorhanden sind – nicht einhalten können. Vielmehr haben sie einen Anspruch darauf, in eine Unterkunft umzuziehen, in der sowohl die Vorgaben zum Mindestabstand als auch die Hygieneempfehlungen des RKI eingehalten werden (können).
Diese Entscheidungen sind auf die Erstaufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen übertragbar, da auch die hiesige Landesregierung die Einhaltung eines Mindestsicherheitsabstandes von 1,5 Metern in fast allen Lebensbereichen verbindlich festgelegt hat.
Entsprechendes dürfte auch für die Unterbringung von Geflüchteten in kommunalen Gemeinschaftsunterkünften gelten, sofern die Bewohnenden untereinander den Mindestabstand und/oder die Hygieneempfehlungen des RKI nicht einhalten können. Denn auch bei einer Unterbringung in diesen Einrichtungen sind sowohl das öffentliche Interesse als auch die Belange der Geflüchteten zu berücksichtigen, § 53 Abs. 1 S. 2 AsylG.
Die Entstehung weiterer „Infektionsherde“ zu vermeiden, um die Ausbreitung der Pandemie zu verlangsamen, liegt zweifellos im Interesse der Allgemeinheit. Das Verlangen der Geflüchteten, sich nicht allein deshalb ständig einem Infektionsrisiko aussetzen zu müssen, weil sie in einer Gemeinschaftsunterkunft leben (müssen), weshalb sie nicht einmal in ihrem „zu Hause“ das „social distancing“ oder grundlegende Hygieneempfehlungen einhalten können, erklärt sich ebenfalls von selbst.
Personen, die in einer der Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht sind, müssen grundsätzlich zunächst bei der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen – unter Setzung einer Frist von wenigen Tagen – beantragen, in eine Unterkunft umverteilt zu werden, in der sowohl der Mindestabstand von 1,5 Metern zu anderen Personen als auch die Hygieneempfehlungen (des RKI) eingehalten werden (können). Sofern dieser Antrag abgelehnt oder nicht innerhalb der gesetzten Frist beschieden wird, kann beim Verwaltungsgericht ein entsprechender Eilantrag gestellt werden.
Personen, die in einer Gemeinschaftsunterkunft leben, müssen einen entsprechenden Antrag zunächst bei der jeweils zuständigen kommunalen Stelle beantragen. Sofern dieser Antrag abgelehnt oder nicht innerhalb der gesetzten Frist beschieden wird, kann ebenfalls das Verwaltungsgericht im Eilverfahren angerufen werden.
- Wie groß ist das bewohnte Zimmer?
- Wie viele Menschen leben in dem Zimmer?
- Wie viele Menschen teilen sich wie viele Toiletten und Duschen?
- Wie viele Menschen teilen sich eine Küche?
- Sind (immer) Seife und Desinfektionsmittel vorhanden?
- Welche individuellen Belange sind zu berücksichtigen?
- Risikogruppenangehörigkeit, Schwangerschaft, Vulnerabilität
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...