Presseinformation, 30. April 2020
Hannover: Der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordern rasche Unterstützung für geflüchtete Schülerinnen und Schüler. Die Rahmenbedingungen für erfolgreiches Lernen seien bei den Betroffenen nicht gegeben. Darum solle die Landesregierung rasch ein Konzept zur Unterstützung erarbeiten.
„Viele geflüchtete Kinder und Jugendliche wohnen in Gemeinschaftsunterkünften, die strukturell konflikt- und gewaltfördernd sind. WLAN existiert vielfach nur in Gruppenräumen. Es ist ein Leben mit eingeschränkter Privatsphäre, auf engstem Raum und ohne Rückzugsmöglichkeit. Dazu kommt, dass das Homeschooling nur mit einer intensiven Begleitung der Mütter und Väter möglich wird. Das ist schon für deutschsprachige Eltern eine große Belastung, ohne Deutschkenntnisse ist dies nahezu unmöglich“, gibt Laura Müller vom Flüchtlingsrat zu bedenken.
„Die Schulen müssen für Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache schnellstmöglich geöffnet werden“, fordert sie.
Dafür solle die Landesregierung umgehend ein Konzept erarbeiten.
„Benachteiligte werden durch die Corona-Krise noch stärker benachteiligt. Im Grunde erleben wir das Ende der Chancengleichheit. Das betrifft Geflüchtete, aber auch andere finanziell schlechter gestellte Familien. Viele Eltern können ihren Kindern selber nicht helfen und die geeignete technische Ausstattung ist kaum vorhanden. Mit 150 Euro möglichem Zuschuss vom Bund für Laptop und Drucker wird rein gar nichts erreicht. Die benachteiligten Gruppen müssen ab sofort im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen“, kritisiert die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth.
Nach Überzeugung beider Organisationen zeichnet sich hier ab, wovor Bildungsfachleute warnen: Bildungsungleichheiten und Leistungsunterschiede nehmen bedrohlich zu. Laut einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sind insbesondere Leistungsschwächere dem Risiko ausgesetzt, endgültig den Anschluss zu verlieren.
Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)
Die Forderungen im Einzelnen:
1) Um ein effektives Homeschooling zu gewährleisten, müssen insbesondere Schülerinnen und Schüler, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, kurzfristig leihweise mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden oder müssen ggf. einen angemessenen finanziellen Zuschuss erhalten.
2) Es bedarf einer schrittweisen Öffnung der Schulen für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf, für Schülerinnen und Schüler mit Deutsch als Zweitsprache sowie für versetzungsgefährdete Schülerinnen und Schüler.
3) Geflüchtete Schülerinnen und Schüler, insbesondere die, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, benötigen ein zusätzliches, bedarfsorientiertes Angebot. Es braucht eine zusätzliche pädagogische Betreuung und Räumlichkeiten, die ein Lernen ermöglichen.
4) In den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes Niedersachsen besteht weiterhin keine Schulpflicht, sondern nur ein freiwilliges Angebot des Kultusministeriums (Ausnahme Bad Fallingbostel). Auch hier bedarf es Angebote zum digitalen Lernen und Unterstützung, um Lernrückstände nicht zu verschärfen.
Kontakt:
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Laura Müller, Tel. 0511 98 24 60 35, lm@nds-fluerat.org
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Niedersachsen
Christian Hoffmann, 0511-33804-26 oder 0171-5639733, c.hoffmann@gew-nds.de
Guten Tag,
Sie fordern eine schrittweise Öffnung der Schulen. Und das ist absolut richtig. Das komplette Verrückte ist jedoch, dass die BESn schon am 26.06. wieder ihren Unterricht einstellen müssen. Angeblich um die Schulen zu entlasten.Guckt man sich jetzt an, wer in der BES unterrichtet wird, stellt man fest, dass es sich dabei ausschließlich um im Schulsystem benachteiligte Jugendliche handelt: Schüler*innen, die bisher keinen Abschluss schaffen konnten, Schulverweiger*innen, Schüler*innen mit besonderem Förderbedarf und Neuzugewanderte. Gerade in Hannover ist diese Forderung überhaupt nicht nachzuvollziehen, steht hier doch ein ganzes Gebäude nur für diese jungen Menschen zur Verfügung.
Durch die Reduzierung des Unterrichts auf wenige Stunden pro Woche und Wegfall aller Beratungsangebote ist deren Integration massiv gefährdet.
Es sollte schnell gehandelt und dieser Erlass entsprechend geändert werden.