Die derzeit für uns geltenden Schutzmaßnahmen sind in Sammelunterkünften für Asyl- und Schutzsuchende hier in Deutschland, vor allem aber in den maßlos überfüllten Camps auf den griechischen Inseln, schlicht nicht umzusetzen. Mehr als 20 000 Menschen leben beispielsweise im Camp Moria auf Lesbos auf engstem Raum unter extrem mangelhaften Hygienebedingungen. Fehlende Sanitäranlagen, ausbleibende medizinische Versorgung und der erschwerte Zugang wichtiger Hilfsorganisationen zum Camp stellen eine lebensbedrohliche Situation für die Menschen dar. Isoliert und gefangen werden sie im Falle eines Ausbruchs ohne Notfallplan ihrem Schicksal überlassen. Anstatt ihre besondere Verwundbarkeit anzuerkennen, wird die europäische Abschottungspolitik immer gewaltvoller. Illegale Abschiebungen, Waffengewalt an der türkisch-griechischen Grenze und die Aussetzung des Asylrechts in Griechenland geschehen derzeit im Schatten der medialen Omnipräsenz des Coronavirus und entziehen sich der internationalen medialen Aufmerksamkeit.
Werdet Teil der Aktion und verbreitet den Aufruf in euren Kreisen! Werdet nicht müde in eurem Engagement für Gerechtigkeit. Im Gegenteil: Werdet lauter!
Auch in Lüneburg haben viele Menschen ein Video mit diesem Aufruf erstellt.
Video Aktion: #LeaveNoOneBehind
Trotz maßgeblicher Veränderungen und Einschnitte in unserem Alltag dürfen besonders schutzbedürftige Personen in Deutschland und an den europäischen Außengrenzen nicht in Vergessenheit geraten. Wir möchten mit dieser Videoaktion gemeinsam mit zahlreichen Unterstützer*innen aus Lüneburg ein Zeichen gegen die Entrechtung Schutzsuchender setzen. Besonders zu Zeiten der Corona-Pandemie müsse Solidarität mit besonders Schutzbedürftigen eingefordert werden. Dazu zählt die Evakuierung aller Menschen aus den überfüllten Lagern an den EU-Außengrenzen und ihre dezentrale Unterbringung in aufnahmebereiten Ländern und Kommunen! Tausend Dank an die zahlreichen tollen Videos, die ihr uns zugeschickt habt! Lasst uns weiter laut sein!#LeaveNoOneBehind
Gepostet von Seebrücke Lüneburg am Sonntag, 5. April 2020
Der Text des Aufrufs
Liebe Osnabrückerinnen und Osnabrücker, liebe Mitmenschen:
Uns scheinen schwere Zeiten bevor zu stehen. Während wir sprechen geht die Welt zunehmend in Quarantäne. Solidarität ist das Gebot der Stunde. Diese Solidarität und Rücksichtnahme muss sich auf alle Menschen beziehen. Aktuell aber werden geflüchtete Menschen in Deutschland und an den europäischen Außengrenzen weitgehend vergessen. In vielen Städten und auch in Osnabrück bilden sich gerade Netzwerke, die besonders gefährdete Nachbarinnen und Nachbarn unterstützen. Das ermutigt und bewegt uns, denn wir alle sorgen uns um Menschen, die uns lieb und wichtig sind.
Doch wie sollen Menschen Kontakte vermeiden, die in Sammelunterkünften für Asyl- und Schutzsuchende auf engstem Raum zusammenleben müssen? So wie in der Sedanstraße, in Bramsche-Hesepe und den anderen Lagern in und um Osnabrück. Welchen Schutz erhalten diejenigen, die unter inakzeptablen Bedingungen in den Hotspots auf den griechischen Inseln ausharren? Seit Monaten verweigern die europäischen Staaten eine solidarische Aufnahme dieser Menschen. Sie verweigern ihnen ihre grundlegendensten Rechte. Werden sie dabei zusehen, wie die Lager abgeriegelt werden, die Gesundheitsversorgung zusammenbricht und weitere Menschenleben verloren gehen? Wie viele Warnungen braucht es noch? Und was ist mit den Menschen an der türkisch-griechischen Grenze – welche Solidarität erfahren sie? Wer übernimmt hier Verantwortung? Diese Menschen müssen aus dem Grenzgebiet und von den griechischen Inseln evakuiert werden. Sofort. Alle. Weil die Pandemie es gebietet. Weil die Menschlichkeit es gebietet.
Das Virus macht vor unseren Grenzen nicht halt, es kennt keine Pässe und Nationalitäten. Wir müssen begreifen, dass unsere Schicksale verbunden sind, auch über die aktuelle Krise hinaus. Doch wer stoppt den Verrat an Schutzsuchenden und damit auch an der Idee der Solidarität, der gleichen Rechte und Würde aller Menschen?
Wir müssen widersprechen. Diese Entrechtung und Unmenschlichkeit geschehen nicht in unserem Namen. Wir nehmen die politisch Verantwortlichen in die Pflicht, die europäischen Regierungen und Institutionen: Beenden Sie die Gewalt an den Grenzen, evakuieren Sie sofort die überfüllten Lager, sorgen Sie für effektiven Gesundheitsschutz. Wir appellieren an die Bundesländer und Städte, die Verwaltungen: Erhöhen Sie den Druck, machen Sie Ihre Solidarität öffentlich, organisieren Sie dezentrale Unterbringung. Und schließlich appellieren
wir an Sie und Euch alle: Werdet nicht müde in eurem Engagement für Gerechtigkeit. Im Gegenteil: Werdet lauter!
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...