Presseinformation, 27. September 2019
Kaum ein Tag ohne Meldungen über Tote und Verletzte
Angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahl und der militärisch und politisch völlig volatilen Lage im Land fordern PRO ASYL und die landesweiten Flüchtlingsräte einen Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan.
»Innenpolitisches Wunschdenken ist mit der brutalen Realität in Afghanistan nicht in Einklang zu bringen. Auch die Innenminister der Länder müssen sich dieser Realität stellen und die Politik der verschlossenen Augen beenden. Afghanistan ist nicht sicher«, sagt Günter Burkhardt anlässlich des bundesweiten Tags des Flüchtlings am 27. September. Der Tag des Flüchtlings 2019 steht unter dem Motto »Menschen und Rechte sind unteilbar« und findet im Rahmen der Interkulturellen Woche statt.
Auch zahlreiche Politiker:innen aus Bund, Ländern und Kommunen werben gerade in dieser Zeit für Weltoffenheit, Akzeptanz und Integration. Gleichzeitig läuft die Abschiebungsmaschinerie nach Afghanistan in vielen Bundesländern ungerührt weiter. Auch wenn sich Niedersachsen bisher sehr zurückhält, haben sich die Behörden zuletzt wieder an einer Sammelabschiebung nach Afghanistan beteiligt und am 28. August 2019 zwei Männer im Alter von 18 und 28 Jahren abgeschoben. Damit hat sich Niedersachsen zum zweiten Mal an den zentral organisierten Sammelabschiebungen nach Afghanistan beteiligt.
Kai Weber, Geschäftsführer Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.:
„Der Flüchtlingsrat Niedersachsen lehnt Abschiebungen nach Afghanistan ausnahmslos ab. Wir kritisieren insbesondere die Abschiebung eines Mannes kurz nach Vollendung der Volljährigkeit. Wir müssen davon ausgehen, dass er als Minderjähriger nach Deutschland eingereist war. Wir fordern von der Landesregierung ein Ende dieser Praxis!“
Die Flüchtlingsräte und PRO ASYL fordern, dass das Thema nun erneut sowohl bei den Innenministern der Länder als auch bei den Sondierungsgesprächen in Brandenburg und Sachsen auf den Tisch kommt. »Kaum ein Tag in Afghanistan vergeht ohne Meldungen über Angriffe und Anschläge mit Dutzenden von Opfern – und hierzulande werden Monat für Monat Sammelabschiebungen nach Kabul durchgesetzt, koste es, was es wolle«, kritisiert Burkhardt. Im September ist die Lage im Land völlig eskaliert; es dürfte schwierig werden, Bundespolizist:innen für einen Flieger in ein Kriegsgebiet abzustellen.
Kurz vor der Präsidentschaftswahl am morgigen Samstag versinkt Afghanistan im Chaos. Die Friedensverhandlungen sind ausgesetzt; die Kriegsparteien gehen massiv gegeneinander vor, auf die Zivilbevölkerung wird keinerlei Rücksicht genommen. Bei blutigen Anschlägen und Angriffen in zahlreichen Provinzen kamen binnen weniger Tage Dutzende Menschen ums Leben oder wurden verletzt:
- bei einem Angriff der afghanischen Armee auf Verstecke der Taliban in der Provinz Helmand gab es mindestens 35 Tote und zahlreiche Verletzte – darunter auch Zivilist:innen
- Dutzende weitere Opfer gab es bei einem Anschlag der Taliban in der Nähe eines Krankenhauses im Süden des Landes
- bei gleich zwei Anschlägen der Taliban auf Wahlkampfveranstaltungen in Kabul und der Provinz Parwan kamen rund 50 Menschen ums Leben, viele weitere wurden verletzt
Seit Jahresbeginn (Stand 5. September) wurden laut UN innerhalb des Landes mehr als 262.000 Menschen neu in die Flucht geschlagen, in 30 von 34 Provinzen fand Binnenflucht aufgrund von Gewalt und Konflikten statt. UNOCHA berichtet zudem von einer extrem schweren Versorgungslage für die Zivilbevölkerung, die sich durch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Kriegsakteuren noch weiter verschärft.
Kontakt
Kai Weber, Geschäftsführer, Tel. 0511 84 87 99 72, E-Mail: kw@nds-fluerat.org, nds@nds-fluerat.org
Es tut mir sehr leid: Für das Verwaltungsgericht Gießen spielt Rassismus die wichtigste Rolle. Die laden die afghanische Flüchtlinge zu einer Anhörung nur dramatisch ein und lehen die Asylanträge einfach und zu Unrecht ab.
Ich bitte die Regierung bzw. die Behörden um eine dringende Überwachung oder Überprüfung der Verfahren, die vom Verwaltungsgericht Gießen durchgeführt werden.