Am 31. August 2019 versammelten sich rund 1.000 Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet, um zunächst in Büren und dann in Paderborn für die Abschaffung der Abschiebungshaft zu demonstrieren. Die Demo, zu der bundesweit aufgerufen wurde, bildete den Höhepunkt der Kampagne „100 Jahre Abschiebehaft“: Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Abschiebungshaft in Deutschland – 1919 eingeführt, um die verächtlich so genannten „Ostjuden“ aus Deutschland abzuschieben –, finden in diesem Jahr in ganz Deutschland zahlreiche Veranstaltungen statt. Büren wurde als Ort für die bundesweite Demonstration ausgewählt, da hier das größte Abschiebungsgefängnis Deutschlands steht. Hier sind bis zu 175 ausreisepflichtige Menschen untergebracht. Das Gefängnis befindet sich abseits von der Stadt mitten in einem Waldstück und ist durch eine hohe Mauer dermaßen abgeschottet, dass es keinen Sichtkontakt zwischen den Gefangenen und der Außenwelt gibt.
Während der Demonstration in Büren lag der Fokus hauptsächlich auf Solidaritätsbekundungen und Grußworten an die Gefangenen. Bei der zentralen Kundgebung in Paderborn machten diverse Redner:innen und Musiker:innen dann auf die gravierenden Missstände in der Abschiebungshaft aufmerksam, bevor der Demonstrationszug am Nachmittag durch die Innenstadt Paderborns zog. Auch ehrenamtliche und hauptamtliche Berater:innen, die in den Abschiebungshaftanstalten tätig sind, schilderten zwischendurch in Redebeiträgen ihre Erfahrungen – darunter auch Johanna Lal vom Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., die jede Woche Gefangene in der Abschiebungshaft Langenhagen in Rechtsfragen berät. In ihrer Rede schildert sie unter anderem den Haftalltag der Gefangenen und die besonders prekäre Situation von Frauen und Kranken. „Viele der Menschen, die wir tagtäglich beraten, sind körperlich oder psychisch krank – die deutschen Behörden sperren Menschen ein mit Epilepsie, mit HIV; Menschen, die depressiv sind, Angststörungen haben und viele, die traumatisiert sind“, so Johanna Lal.
Eingesperrt werden aber nicht nur Kranke, sondern gelegentlich auch ausländische Frauen, die in Bordellen aufgegriffen werden und die im Verdacht stehen, Opfer von Menschenhandel geworden zu sein. „Anstatt ihnen Schutz zu gewähren, sie an Fachberatungsstellen weiterzuverweisen und zu versuchen, mit Hilfe ihrer Aussagen Menschenhandelsorganisationen auf die Schliche zu kommen, werden sie ins Gefängnis gesteckt und des Landes verwiesen.“ Lal schlussfolgert: „Darin, wie die deutsche Regierung Schutzsuchende und Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen behandelt, zeigt sich eine Politik, die sich selbst zum Handlanger von rechtsradikalen Forderungen gemacht hat. In den letzten Jahren hat die deutsche Regierung das Grundgesetz und die Menschenrechte weit hinter sich gelassen.“
Die vollständige Rede können Sie hier lesen.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen veranstaltet am 12.11.19 einen Informationsabend inkl. Ausstellung zur Abschiebungshaft
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