Presseinformation vom 4. Juli 2019
- am Samstag, den 6. Juli 2019, bundesweit über 80 Demonstrationen und Kundgebungen, darunter allein neun in Niedersachsen
- breite Mobilisierung für die Rechte von Geflüchteten und Solidarität mit Seenotretter:innen
- zentrale Forderung: Bundesinnenministerium muss endlich Aufnahme von Geretteten ermöglichen
Angesichts des andauernden Sterbens im Mittelmeer, der fortschreitenden Entrechtung von Geflüchteten und der Kriminalisierung der Seenotretter:innen ruft die SEEBRÜCKE-Bewegung für Samstag, den 6. Juli 2019, zu bundesweiten Demonstrationen auf. Allein in Niedersachsen gehen am Samstag in neun Orten Menschen auf die Straße. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen ruft dazu auf, am Samstag lautstark und solidarisch für die Rechte von Geflüchteten einzutreten.
Bundesweit sind über 80 Demonstrationen und Kundgebungen angekündigt – darüber hinaus gibt es Aktionen in Valencia, Luxemburg, Wien und New York City.
Sascha Schießl, Referent beim Flüchtlingsrat Niedersachsen:
„Trotz der erfreulichen Entlassung von Carola Rackete ist nichts okay: Weiter ertrinken Menschen im Mittelmeer, weiter sind Menschen in den libyschen Folterlagern eingesperrt und dort schwersten Menschenrechtsverletzungen schutzlos ausgesetzt. Wir stehen solidarisch an der Seite von Menschen auf der Flucht und kämpfen für ihre Rechte. Das Bundesinnenministerium muss jetzt handeln und darf die Aufnahme von Geretteten nicht länger blockieren.“
Hilke Brandy, Aktivistin der Seebrücke:
„Für die Menschen, die aus Seenot gerettet werden, gibt es eine sofort anwendbare Lösung: die kommunale Aufnahme. Bundesweit haben sich über sechzig Kommunen zu Sicheren Häfen erklärt und ihre Aufnahmebereitschaft gezeigt. Hinzu kommen europaweit solidarische Städte wie Palermo, Neapel oder Barcelona. Wir fordern vom Bundesinnenministerium, den Kommunen die Aufnahme zu ermöglichen und ab sofort aus Seenot Gerettete ohne Verzögerung in Deutschland aufzunehmen.“
Julian Pahle, Vorstand von Jugend Rettet:
„Ein zentraler Baustein der europäischen Regierungen für die Errichtung der Festung Europas ist die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettungs-NGOs. Diese Kriminalisierung begann nicht erst mit der Festnahme von Carola Rackete. Seit fast zwei Jahren werden Rettungsorganisationen mit radikalen Methoden an ihrer Arbeit gehindert, damit es keine Zeugen im Mittelmeer mehr gibt. Seit August 2017 liegt unser Rettungsschiff IUVENTA beschlagnahmt in einem sizilianischen Hafen; Italien führt gegen zehn unserer Crewmitglieder Ermittlungen. Die Bundesregierung muss endlich die humanitäre Hilfe auf dem Mittelmeer schützen und sich auf die Seite der Menschenrechtsverteidiger:innen stellen, anstatt einen rechten Hetzer im italienischen Innenministerium mit Samthandschuhen anzufassen.“
Demos in Niedersachsen
Am Donnerstag, den 4. Juli 2019:
Vechta, 18 Uhr, Europaplatz (Pferd) (Veranstaltung bei Facebook)
Am Samstag, den 6. Juli 2019:
Braunschweig, 11 Uhr, Schlossplatz (Veranstaltung bei Facebook)
Osnabrück, 11 Uhr, Menschenkette, Treffpunkt vor dem Theater Osnabrück (Veranstaltung bei Facebook)
Lüneburg, 12 Uhr, Clamartpark (Friedenstraße) (Veranstaltung bei Facebook)
Holzminden, 10 Uhr, Ackerbürger, Mahnwache
Hannover, 12:30 Uhr, Ernst-August-Platz (Veranstaltung bei Facebook)
Oldenburg, 13 Uhr, Julius-Mosen-Platz
Göttingen, 14 Uhr, Gänseliesel (Veranstaltung bei Facebook)
Hildesheim, 14 Uhr, Bahnhofsplatz
Wilhelmshaven, 14 Uhr, Börsenplatz (Veranstaltung bei Facebook)
Garbsen, 18 Uhr, Silvanusgemeinde Berenbostel, Mahnwache mit Friedensgebet (mehr Infos)
Pressekontakt
Sascha Schießl
sas@nds-fluerat.org
0152 – 188 999 00 (auch am Samstag)
Hintergrund
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen und die SEEBRÜCKE fordern:
- die Schaffung sicherer Fluchtwege und die Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Menschen auf der Flucht,
- vom Bundesinnenministerium, ab sofort aus Seenot Gerettete ohne Verzögerung in Deutschland aufzunehmen und die Angebote der Kommunen zur Aufnahme endlich wahrzunehmen.
- die Anerkennung und Unterstützung der Arbeit der zivilen Seenotrettung auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen und das Ende der Kriminalisierung der Seenotretter*innen,
- das Ende der Unterstützung der sogenannten „libyschen Küstenwache“ durch die Europäische Union und den sofortigen Stopp der völkerrechtswidrigen Rückführungen von Schutzsuchenden in das Bürgerkriegsland,
- eine Gesellschaft, die nicht auf Abschottung und Abschiebung setzt, sondern sich der Menschenwürde, Solidarität und Bewegungsfreiheit verpflichtet.
Ganz gleich, wer (von uns) was ausgelöst hat: Heute, Mo., 08.07.2019 sprechen sich endlich mehrere Politiker für sofortige Absprachen zwischen europäischen Staaten aus, die dem Wahnsinn am und im Mittelmeer ein Ende bereiten könnten. Sogar von einer Initiativ-Rolle der Bundesrepublik ist die Rede. Wenn das doch nur klappen würde!
Ich bin froh, mich gemeinsam mit Anderen ermutigt zu haben, gegen die Menschen verachtende Politik aufzustehen und zu fordern, dass Politik endlich (ver)handeln muss. Bedauern und Trauer helfen den Fliehenden nicht. Handeln wie Carola Rackete, das ist notwendig.
Ein wenig stellt sich m. E. heute schon die Frage: Wie bleiben wir dran?