Presseinformation, 08.05.2019
Aktionswochenende am 10. und 11. Mai mit Kunstaktion und Demo
Die Abschiebungshaft in Deutschland begeht dieses Jahr ein trauriges Jubiläum: Sie wird 100 Jahre alt. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen nimmt dieses trostlose Ereignis zum Anlass, um mit einer Kunstaktion und einem Infostand am 10. Mai sowie einer Demo am 11. Mai den Blick auf die Menschen zu richten, die eingesperrt werden, ohne auch nur mutmaßlich eine Straftat begangen zu haben und fordert, das System der Abschiebungshaft endlich auf den Prüfstand zu stellen.
Mit der Kunstaktion, die am 10. Mai von 14 bis 18 Uhr am Kröpcke aufgebaut sein wird, will der Flüchtlingsrat Niedersachsen den Menschen, die für die Gesellschaft unsichtbar hinter verschlossenen Türen sitzen, ein Gesicht geben und eine Stimme verleihen. Gleichzeitig soll mit einem Infostand über die Geschichte der Abschiebehaft informiert werden.
Am Samstag, den 11.Mai. um 16:05 Uhr wird ein gemeinsamer Demozug mit der S-Bahn vom Hauptbahnhof Hannover zum Flughafen Hannover fahren, um anschließend vor dem zentralen niedersächsischen Abschiebungshaftgefängnis zu demonstrieren.
„Alle Menschen, die gegen dieses Unrechtssystem protestieren wollen, rufen wir auf, mit uns zu demonstrieren und ihre Solidarität mit den Gefangenen zum Ausdruck zu bringen. Kommt, informiert euch und geht mit uns am 11. Mai auf die Straße!“, ruft Muzaffer Öztürkyilmaz vom Flüchtlingsrat Niedersachsen auf.
Im Anschluss an die Demo wird ab 19 Uhr im Elchkeller (Am Schneiderberg 50, 30167 Hannover) in angenehmer Atmosphäre bei Snacks und Getränken ein Austausch zur Abschiebehaft stattfinden. Zudem werden Johanna Lal und Muzaffer Öztürkyilmaz vom Flüchtlingsrat Niedersachsen über die 100-jährige Geschichte der Abschiebehaft sowie über das Recht und die Realität deutscher Abschiehaft(gefängnisse) informieren und Fragen der Besucher:innen beantworten.
Heute reicht bereits der Verdacht, sich möglicherweise einer Abschiebung zu entziehen, um einen Menschen bis zu anderthalb Jahre einzusperren. Abschiebehäftlinge haben weder Straftaten begangen, noch werden sie verdächtigt, sich überhaupt strafbar gemacht zu haben. „Diese Menschen werden lediglich eingesperrt, um sicherzustellen, dass sie das Land verlassen“, so Johanna Lal vom Flüchtlingsrat Niedersachsen. Das System der Abschiebehaft sei grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen, anstatt es weiter auszubauen, denn „die Freiheitsentziehung ist der stärkste Eingriff des Staates in die Grundrechte des Einzelnen. Diesen Eingriff allein damit zu rechtfertigen, einen Menschen außer Landes schaffen zu wollen, ist moralisch äußerst fragwürdig“, so Lal weiter.
Bereits vor 100 Jahren wurden vor allem Jüd:innen, die hier vor Pogromen in Osteuropa Schutz suchten, eingesperrt, um sie außer Landes zu bringen. Mit der von Heinrich Himmler verfassten Ausländerpolizeiverordnung wurde die Abschiebehaft 1938 massiv ausgeweitet. Dieses vom Naziregime verfasste Gesetz wurde 1951 von der BRD wörtlich übernommen und erst 1965 überarbeitet. Die Gesetzgebung wurde als Reaktion auf die rassistischen Pogrome zu Beginn der 1990er Jahre weiter verschärft. Durch den „Asylkompromiss“ wurde 1993 nicht nur das Asylrecht faktisch ausgehebelt, sondern auch die Möglichkeiten, Menschen in Abschiebungshaft zu nehmen, stark ausgeweitet und in der Folgezeit massiv zur Anwendung gebracht. Nunmehr sollen die Regelungen zur Abschiebungshaft mit dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ nochmals verschärft werden.
Für Rückfragen: Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Johanna Lal – 0511 85 03 34 90 – jl@nds-fluerat.org
Muzaffer Öztürkyilmaz – 0511 98 24 60 38 – moy@nds-fluerat.org
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