Flüchtlingsrat warnt: Vorerst weitere Abschiebungsgefahr für Flüchtlinge aus Syrien in Niedersachsen

In einem Artikel aus der NWZ vom 7.1.2010 rechtfertigt die Ausländerbehörde des LK Weser-Ems die versuchte Abschiebung eines kurdischen Flüchtlings am 05.01.2010 nach Syrien. Auf Anfrage beim niedersächsischen Innenministerium war folgendes zu erfahren:

1) Das BMI-Schreiben vom 16.12., in dem die Länder gebeten werden, „bis zu einer abschließenden Klärung (u.a.: aktueller Lagebericht AA) anstehende Abschiebungen mit besonderer Sorgfalt zu prüfen und mit Blick auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse sich im Einzelfall ggfs. mit BAMF abzustimmen“, ist bislang den niedersächsischen Ausländerbehörden nicht zur Kenntnis gebracht worden. Auch eine sonstige Aufforderung an die Ausländerbehörden, vor der Einleitung von Abschiebungen erneut auch zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse prüfen zu lassen, wozu allein das BAMF befugt und in der Lage ist, erfolgte bislang nicht.

2) Ein Erlass des nds. MI ist geplant, aber noch nicht ergangen.

3) Es liegt ein neuer ad-hoc-Lagebericht zu Syrien mit Datum vom 22.12.2009 vor, der jedoch eine Prüfung der im Schreiben des BMI vom 16.12. aufgelisteten Fälle einer Festnahme nach Abschiebung noch nicht enthält.

Bewertung:

Trotz der für syrische Flüchtlinge mit einer Abschiebung verbundenen existenziellen Gefahren für die persönliche Integrität, Freiheit und körperliche Unversehrtheit besteht in Niedersachsen weiterhin die akute Gefahr von Abschiebungen für Betroffene, solange das niedersächsische Innenministerium nichts unternimmt. Es ist erschreckend, wie leichtfertig man dort das Leid und die Angst von Flüchtlingen in Kauf nimmt, die oftmals seit vielen Jahren in Deutschland leben und ohne Mitteilung des Abschiebungstermins frühmorgens von der Polizei aus dem Bett geholt werden, um sie in ein Land abzuschieben, in dem das herrschende Regime die Menschenrechte mit Füßen tritt. Die bisherige Untätigkeit des niedersächsischen Innenministeriums ist ein Symptom für den Stellenwert, den Menschenrechtsfragen dort genießen. Offenkundig ist Innenminister Uwe Schünemann im letzten Jahr zu Recht erneut zum „Abschiebungsminister des Jahres“ gekürt worden: „Mit Nacht und Nebel-Abschiebungen, unter anderem in den Folterstaat Syrien, überfallartigen Abschiebungen ohne Vorankündigung und Gnadenlosigkeit auch bei Kindern und Jugendlichen hat sich Schünemann diesen Preis redlich verdient“ so Mohammed Jouni von Jugendliche Ohne Grenzen in seiner Begründung vom 03.12.2009.

Das Schreiben des BMI vom 16.12. legt nahe, dass das niedersächsische Innenministerium den Ausländerbehörden vorschreibt, vor der Einleitung von Abschiebungen die Betroffenen auf die Möglichkeit einer Folgeantragstellung hinzuweisen, wie dies etwa das MI Schleswig-Holstein gemacht hat. Darüber hinaus könnte das Innenministerium mit einem kurzen Anruf beim Landeskriminalamt dafür sorgen, dass Abschiebungen von syrischen Flüchtlingen bis auf Weiteres nicht terminiert werden. Solange dies nicht geschieht, müssen wir wachsam bleiben und ggfs. durch direkte Unterstützung und Folgeanträge an das BAMF für eine vorläufige Aussetzung der Abschiebung in jedem Einzelfall sorgen.

gez. Kai Weber

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