Libyen für Geflüchtete immer gefährlicher – Alan Kurdi weiter ohne sicheren Hafen

Angesichts der erneut eskalierenden Kämpfe zwischen rivalisierenden Milizen wird die Situation für Geflüchtete in Libyen noch gefährlicher. Die Journalistin Sally Hayden schildert in einem Bericht für Al Jazeera, was ihr Geflüchtete in den offiziellen Internierungslagern berichten.

„“We can hear the sounds of the guns now. We have many children and women here. We need evacuation. We don’t want to die here,“ a refugee said in a recording sent to Al Jazeera. „This place is not safe. This place is for armed groups who are forcing refugees to load weapons or move weapons.““
Sally Hayden, Libya: Detained refugees ‚terrified‘ as clashes near Tripoli rage, in: Al Jazeera vom 7. April 2019.

Die Mehrheit derjenigen, die in den libyischen Internierungslagern eingesperrt sind, wurden bei ihrer Flucht über das Mittelmeer von der sogenannten „libyschen Küstenwache“ abgefangen und nach Libyen zurückgebracht. Die EU unterstützt die sogenannte „libysche Küstenwache“ finanziell und strukturell und stört sich nicht daran, dass diese regelmäßig Geflüchtete mit illegalen Pushbacks in die libyschen Folterlager zurückgebringt. Bei diesen Pushbacks wendet die „libysche Küstenwache“ regelmäßig Gewalt an und gefährdet das Leben der Geflüchteten in Seenot. Zugleich missachten EU und „libysche Küstenwache“ das See- und Völkerrecht, das Zurückweisungen in eine Bedrohungssituation verbietet.

Kein sicherer Hafen für die Alan Kurdi

Erneut zeigt sich damit, dass Libyen kein sicherer Ort für Geflüchtete ist. Wer aus dem Land flieht, kann nur in Europa einen sicheren Hafen finden. Die Europäische Union muss ihre Unterstützung und Finanzierung der sogenannten „libyschen Küstenwache“ beenden. Wer aus Seenot gerettet wird, darf keinesfalls nach Libyen zurückgebracht werden.

Derweil gibt es noch immer keinen sicheren Hafen für die 64 von der Alan Kurdi (Schiff von Sea-Eye) geretteten Menschen. Die Alan Kurdi hat die Menschen am 3. April aus einem Schlauchboot in internationalen Gewässern vor Libyen gerettet. Die Lage auf dem Schiff ist dramatisch:

„64 Personen plus 17 Besatzungsmitglieder überschreiten die Kapazität der Alan Kurdi. Dennoch ist jeder auf unserem Schiff sicherer als auf einem sinkenden Schlauchboot. Auch rechtlich gibt es keine Diskussion über unsere Rettungspflicht. AUFGRUND DER VERZÖGERTEN LANDUNG MÜSSEN DIE GERETTETEN MENSCHEN JEDOCH UNHALTBARE HUMANITÄRE BEDINGUNGEN ERTRAGEN. Sie müssen teilweise draußen an Deck schlafen und sind Wind, Wellen und Kälte ausgesetzt. Ein nahender Sturm wird die Menschen in große Gefahr bringen. Die meisten der Geretteten sind nach ihrer Flucht und durch die extremen Bedingungen in libyschen Gefangenenlagern in einem schwachen körperlichen Zustand. Viele leiden unter der Seekrankheit, welche sie noch mehr erschöpft. Neben den körperlichen Zuständen ist auch der psychische Zustand vieler Menschen bedenklich. Wir haben eine Frau an Bord, die verkauft wurde, in einem Bordell arbeiten musste und gefoltert wurde, als sie sich weigerte. Schließlich musste sie sich freikaufen. Diese Frau braucht sofortige psychologische Unterstützung und sollte durch verspätetes Ausschiffen nicht noch mehr Stress ausgesetzt werden.“
Pressemitteilung von Sea-Eye vom 7. April 2019.

In Deutschland haben sich bereits rund 50 Städte zu „Sicheren Häfen“ erklärt und damit ihre Bereitschaft gezeigt, aus Seenot gerettete Menschen aufzunehmen. Die Bundesregierung muss unverzüglich die Aufnahme der Geretteten von der Alan Kurdi organisieren.

Hintergrund

Am 18. Februar 2019 hatten der Flüchtlingsrat Niedersachsen, die Seebrücke Hannover und der Caritasverband für die Diözese Hildesheim e.V.  in Hannover die Veranstaltung Resettlement zwischen Flüchtlingsschutz und Feigenblatt – das Beispiel der Evakuierung von Flüchtlingen aus Libyen organisiert. Dort finden sich weitere Links zur Situation in Libyen.

Am 27. April rufen die SEEBRÜCKEN in Niedersachsen und der Flüchtlingsrat Niedersachsen unter dem Motto Sichere Fluchtwege jetzt! zu einer Großdemo in Hannover auf.

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