Pläne für Zentrale Abschiebungsbehörde des Landes heute Thema im Landtag

Erstmals befasst sich das Landtags-Plenum heute auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Planungen des niedersächsischen Innenministeriums zur Einrichtung einer zentralen Abschiebungsbehörde. Der Entschließungsantrag fordert die Rückkehr zu einer menschenrechtsbasierten Flüchtlingspolitik in Niedersachsen. Die zunächst geheimen Planungen des Ministeriums waren Anfang des Jahres öffentlich bekannt geworden, nachdem das niedersächsische Innenministerium am 17. Januar 2019 im Rahmen einer Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport des Landtages die Abgeordneten darüber unterrichtete. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen lehnt die Planungen für eine solche Zentralisierung im Rückführungsvollzug strikt ab. In den letzten Wochen haben wir die bereits deutlich rigider werdende und zum Teil rechtswidrige Abschiebungspraxis in Niedersachsen kritisiert.

Der Umgang mit geduldeten und ausreisepflichtigen Flüchtlinge hat sich in den letzten Jahren in Niedersachsen radikal geändert: Die 2014 als Ausdruck von Fairness und Menschlichkeit gefeierte Ankündigung des Abschiebungstermins wurde gesetzlich untersagt, Abschiebungen zur Nachtzeit sind zur Regel geworden, und auch in Niedersachsen mehren sich inzwischen Fälle einer Abschiebung unter Inkaufnahme von Familientrennungen. Es ist absehbar, dass sich eine solche Entwicklung mit einer zentralen Abschiebungsbehörde weiter verschärfen wird.

Während die Planungen des Landes annehmen, dass Abschiebungen von Personen ohne Aufenthaltsrecht zur „politischen Priorität“ geworden sind, hält der Flüchtlingsrat eine solche Priorisierung für nicht angezeigt. Immerhin ist trotz der deutlich gestiegenen Aufnahme von Schutzsuchenden die Zahl der geduldeten und ausreisepflichtigen Flüchtlinge seit 2014 um nicht einmal 50% gestiegen. Dagegen hat sich die Zahl der Menschen, die in Niedersachsen als Schutzberechtigte anerkannt wurden, seit 2014 nahezu verfünffacht. Insofern sollte der politische Schwerpunkt auf der Integrations- und Teilhabepolitik liegen, die auf eine Perspektive in Niedersachsen abzielt.

Eine lokale Ausländerbehörde ist auch stets besser informiert über aktuelle Entwicklungen und näher an den Betroffenen dran als eine weit entfernte Landesabschiebungsbehörde. Auch künftig werden geduldete Flüchtlinge bei ihren Kommunen Ausbildungsduldungen beantragen, Heiraten anmelden oder Operationen im Krankenhaus terminieren, während eine zentrale Ausländerbehörde in Unkenntnis solcher Entwicklungen die Abschiebungsmaschinerie in Gang setzen würde.

Auch die über die Zentralisierung des Abschiebungsvollzugs vermittelte öffentliche Botschaft, die Anzahl der Abschiebungen in Niedersachsen lasse sich mit einfachen Mitteln beliebig erhöhen, lässt die tatsächlichen Daten und Fakten außen vor: So lebten Ende 2018 etwa rund 6.800 ausreisepflichtigte Personen in Niedersachsen, die aus Staaten kommen, in die faktisch derzeit nicht abgeschoben werden kann (Stand: 31.12.2018).1 Dazu zählen etwa die Staaten Afghanistan, Elfenbeinküste, Eritrea, Irak, Iran, Somalia, Sudan, Südsudan oder Syrien. In diese Staaten wird auch auf absehbare Zeit kein Rückführungsvollzug stattfinden können. Vielmehr ginge es hier darum, den Schutzbedarf durch die Behörden anzuerkennen und aufenthaltsrechtliche Perspektiven aufzuzeigen.

 

1 Quelle: Eigene Berechnung auf Grundlage von Landtags-Drucksache 18/2926.

 

Link zum Livestream des Niedersächsischen Landtages (geplante Befassung am 29. März 2019 ab 13.08 Uhr)

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