In Niedersachsen finden 69,5 % aller Rückführungsmaßnahmen zur Nachtzeit statt. Um dies zu ändern, „unterstützt die Landesregierung Bestrebungen, die auf eine Verhinderung bzw. eine Reduzierung von Nachtabschiebungen abzielen“ – und „begrüßt“ zu diesem Zweck, verfassungswidrige Regelungen, „die es […] ermöglichen würden“, Personen „im Rahmen eines sogenannten Festhalterechts zur Tageszeit abzuholen und zentral unterzubringen.“
Derzeit dürfen Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, nur auf Grundlage eines gerichtlichen Beschlusses und nur dann in Abschiebungshaft oder im Ausreisegewahrsam inhaftiert werden, wenn sie ein Verhalten gezeigt haben, dass auf Fluchtgefahr schließen lässt.
Das (geplante) „Festhalten“ von Abzuschiebenden allein auf Grundlage einer Behördenentscheidung und damit ohne gerichtlichen Beschluss ist verfassungswidrig, da sie gegen den Richtervorbehalt aus Art. 104 Abs. 2 S. 1 und 2 GG verstößt. Danach hat „über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung […] nur der Richter zu entscheiden“, wobei den Festzunehmenden seitens des Gerichts stets rechtliches Gehör zu gewähren ist (Art. 103 Abs. 1 GG). Sofern die Freiheitsentziehung zunächst durch eine Behörde erfolgt, ist „unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen.“
Die Abschaffung des Richtervorbehalts bei der Inhaftierung von Abzuschiebenden würde den (Ausländer)Behörden genau die „Machtvollkommenheit“ verleihen, über die sie – infolge der leidvollen Erfahrungen während des Nationalsozialismus – gerade nicht verfügen sollen.
Daher fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen die Landesregierung auf, den verfassungswidrigen Plänen – vermutlich des Bundesinnenministeriums – entschieden zu widersprechen, anstatt sie wohlwollend zu „begrüßen.“
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