Ruander zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt
Bundesamt blamiert sich mit Rechtfertigung der Ablehnungsentscheidung
PRO ASYL und Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern Asylanerkennung
Ein Gericht in Kigali hat den ruandische Flüchtling Innocent Irankunda am vergangenen Freitag zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen und PRO ASYL sehen damit ihre am 2. Oktober geäußerten Befürchtungen bestätigt: Irankunda, dessen Asylantrag in einer Fehlentscheidung des Bundesamts als „offensichtlich unbegründet“ bewertet wurde, ist nach seiner Abschiebung am 14. Oktober 2009 ein Opfer politischer Verfolgung in Ruanda geworden.
Die Gründe für die Entscheidung des ruandischen Gerichts wurden noch nicht veröffentlicht. Angeklagt war der unmittelbar nach seiner Landung inhaftierte und Angehörigen zufolge auch gefolterte Mann wegen „Verbreitung von Genozidideologie“, „Verrat“ und „Fälschung von Dokumenten“. Offenbar ist es den ruandischen Verfolgungsbehörden “ mit welchen Methoden auch immer “ gelungen, den Willen des Flüchtlings zu brechen und ihn zu einem „Geständnis“ zu bewegen. So soll er nach Aussagen der ruandischen Presse auf eine anwaltliche Vertretung verzichtet, alle Anklagepunkte eingeräumt und um „Verzeihung“ gebeten haben. Den Angehörigen zufolge war Irankunda während der Verhandlung sehr schwach und wirkte mut- und hoffnungslos.
Mit einer nur noch als zynisch zu bezeichnenden Stellungnahme hat das Bundesamt auch nach der erfolgten Abschiebung und Festnahme die Ablehnung des ruandischen Flüchtlings am 3.11.2009 mit der Begründung verteidigt, die vorgeworfenen Delikte ständen „im Zusammenhang mit der Ahndung von Urkundendelikten“, welche „überall strafrechtlich verfolgt“ würden. Mit keinem Wort geht das Bundesamt dabei auf die Tatsache ein, dass
- Irankunda mit gültigen Papieren nach Deutschland geflohen ist,
- er im Asylverfahren weder einen ruandischen Haftbefehl noch sonst irgendwelche Unterlagen aus Ruanda vorgelegt hat, die als „Fälschung“ klassifiziert wurden,
- der Vorwurf der „Verbreitung von Genozidideologie“ eine offensichtliche Form von Gesinnungsjustiz darstellt,
- eine unabhängige Justiz und rechtsstaatliche Gerichtsverfahren in Ruanda nicht existieren,
- strafrechtliche Ermittlungsverfahren in Ruanda regelmäßig mit Misshandlungen und Folter einhergehen.
Sofern Irankunda über einen ruandischen Haftbefehl verfügt hätte, hätte er diesen auch für die Begründung seines Asylantrags in Deutschland genutzt. Die deutschen Behörden wissen, dass Irankunda keinerlei falsche Dokumente bei sich führte, als er nach Ruanda abgeschoben wurde. Dass nun nachträglich ein angeblich gefälschter Haftbefehl auftaucht, spricht eindeutig für eine politische Verfolgung des Mannes. Es wirft kein gutes Licht auf die Qualitätssicherung beim BAMF, dass es diesen offenkundigen Widerspruch gar nicht reflektiert, seinen fehlerhaften Bescheid rundweg aufrecht erhält und gar davon spricht, es sei „zweifelhaft“, ob Irankunda „zu Unrecht dreier Straftaten beschuldigt“ werde. Allein schon die Haftbedingungen in Ruanda “ die Verurteilten werden in großen Gruppen unter menschenrechtswidrigen Bedingungen zusammengepfercht und sterben nicht selten in Haft “ stellen einen Verstoß gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention dar.
Der Vollzug der Abschiebung war im ßbrigen schon deshalb unzulässig, weil die Entscheidung fehlerhaft zugestellt worden war, und weil eine Festnahme ohne vorherige Ankündigung und ohne richterlichen Beschluss erfolgte. Sowohl das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (im Eilverfahren) als auch das Verwaltungsgericht Braunschweig (im Hauptsacheverfahren) werden sich damit noch auseinander zu setzen haben.
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen und PRO ASYL fordern das Bundesamt auf, den unhaltbaren Bescheid von Mai 2009 aufzuheben und durch eine Asylanerkennung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die deutsche Vertretung in Ruanda eine Rückkehr des Herrn Irankunda nach Deutschland auf diplomatischem Weg betreiben kann.
Kontakt:
PRO ASYL, Tel. 069 23 06 95, presse@proasyl.de
Flüchtlingsrat Niedersachsen, Tel. 05121 “ 15605, kw@nds-fluerat.org
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