Familie K. aus Lehrte erhält Bleiberecht

Presseinformation, 15. November 2018

Familie K. aus Lehrte erhält Bleiberecht
Flüchtlingsrat Niedersachsen begrüßt aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen begrüßt die Urteile des Verwaltungsgerichts Hannover vom 10. und 17. Oktober 2018 zugunsten von Familie K. aus Lehrte. Allen Familienangehörigen wurde ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Bulgariens zugesprochen. Damit folgt das Verwaltungsgericht Hannover der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts.

„Mit dieser Gerichtsentscheidung endet für die Familie ein langer Leidensweg, der in der Familientrennung bei der Abschiebung Anfang 2017 gipfelte“, erklärt Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats Niedersachsen. „Die Entscheidung zeigt auch Regionspräsident Hauke Jagau und Innenminister Boris Pistorius ein rotes Stoppschild. Beide haben sich Mitte 2016 in zweifelhafter Weise in das Asylverfahren der Familie eingemischt, obwohl sie gar nicht zuständig waren (siehe Presseinformation vom 07.02.2017). Dabei musste ihnen schon damals klar gewesen sein, dass die rechtliche Bewertung der Situation von Geflüchteten in Bulgarien sowohl bei den niedersächsischen Verwaltungsgerichten als auch bundesweit höchst umstritten ist.“

Das zunächst vom BAMF erteilte Bleiberecht für die Familie war auf Betreiben des niedersächsischen Innenministeriums später vom BAMF wieder aufgehoben worden, was als Grundlage für die Abschiebung einiger Familienangehöriger Anfang 2017 nach Bulgarien diente.

Scharf kritisiert der Flüchtlingsrat Niedersachsen im Zusammenhang mit der Gerichtsentscheidung zugunsten von Familie K. das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass die zwischenzeitlich rechtskräftig gewordene und vom Bundesverwaltungsgericht bestätigte obergerichtliche Rechtsprechung des höchsten niedersächsischen Verwaltungsgerichts zu Schutzberechtigten in Bulgarien von Ende August 2018 im gerichtlichen Verfahren mit Familie K. weiter ignoriert und nicht umgehend entsprechende Abhilfebescheide erlassen hat. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert das BAMF auch auf, umgehend in allen gleich gelagerten Fällen positive Bescheide zu erlassen. „Es ist unzumutbar, dass sich betroffene Familien und Einzelpersonen selbst nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weiterhin im Einzelfall ihr Recht vor den Verwaltungsgerichten erkämpfen müssen“, so Weber abschließend.

Kontakt:
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.

Kai Weber, Geschäftsführer, Tel. 0511 84 87 99 72, E-Mail: kw@nds-fluerat.org, nds@nds-fluerat.org

Sebastian Rose, Referent der Geschäftsführung, Tel. 0511 98 24 60 34, E-Mail: sr@nds-fluerat.org, nds@nds-fluerat.org

Hintergrund:

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in der rechtskräftigen Grundsatzentscheidung zu in Bulgarien Schutzberechtigten vom 29.01.2018 (Az. 10 LB 82/17) festgehalten:

„Auch nach diesen strengen Maßstäben bestehen in Bulgarien aktuell grundlegende Defizite im Hinblick auf die Aufnahmebedingungen, die in ihrer Gesamtheit betrachtet, zur Überzeugung des Senats die Annahme rechtfertigen, dass dem Kläger bei einer Abschiebung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. Art. 4 EuGrCh bzw. Art. 3 EMRK droht…“

Das niedersächsische Innenministerium hat mit Erlass vom 05. September 2018 Abschiebungen von in Bulgarien anerkannt Schutzberechtigten aus Niedersachsen vorläufig vollständig gestoppt.

Antwort der Landesregierung auf eine Landtagsanfrage „Abschiebungen nach Bulgarien“ vom 19. September 2018, Landtags-Drucksache 18/1651

Rückblick:
Dokumentationen des Flüchtlingsrats Niedersachsen zu Familie K.:

07. Februar 2017: Rechtswidrige Abschiebung einer syrischen Familie in Lehrte

23. Februar 2017: Auch die 7. Kammer des VG Hannover entscheidet auf Aussetzung von Abschiebungen nach Bulgarien

23. Februar 2017: Flüchtlingsrat appelliert an Pistorius: Stoppen Sie den rabiaten Abschiebungskurs der Region Hannover!

28. Februar 2017: Landesregierung hält an Familientrennung nach Abschiebung fest

03. September 2018: Bundesverwaltungsgericht weist Beschwerde des BAMF in Sachen Bulgarien zurück

Anlage: Ausführliche Falldokumentation

Presseinformation als pdf

Presse

Syrische Familie aus Lehrte darf nicht abgeschoben werden, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung online vom 18. November 2018

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