Auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Integration durch Arbeit? “ Perspektiven für bleibeberechtigte Flüchtlinge“ (siehe
hier) hat der CDU-Bundestagsabgeordnete Reinhard Grindel, Obmann der CDU/CSU im Innenausschuss, als Ergebnis der Koalitionsverhandlungen folgende Beschlusslage zur Problematik der sog. Altfälle präsentiert, die bereits mit den Innenministern der B-Länder, also der CDU-geführten Bundesländer, abgesprochen sei und „mit großer Wahrscheinlichkeit“ auch so umgesetzt werde:
- Die Innenministerkonferenz werde am 4./5. Dezember eine Verlängerung der erteilten Aufenthaltserlaubnisse auf Probe (§104a AufenthG) um ein Jahr beschließen. Die Verlängerung werde aber nicht alle begünstigen, sondern nur diejenigen, die sich „um Arbeit bemüht haben“.
- Familien mit Kindern sollen im Rahmen einer rollierenden Regelung begünstigt werden. In Anlehnung an § 37 AufenthG (sog.
„Wiederkehroption“) sollen die Kinder von Familien, die hier seit sechs oder acht Jahren leben und die Schule mit Erfolg besucht haben, eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Da es sich bei dieser ins Auge gefassten Regelung ausdrücklich nicht um eine Stichtagsregelung handeln soll, ist ein Hineinwachsen möglich. Die Eltern sollen ein vom Aufenthaltsrecht der Kinder abgeleitetes Aufenthaltsrecht erhalten.
Diese intern bereits abgestimmte Regelung sei maßgeblich auf die beiden CDU-Innenminister Uwe Schünemann und Volker Bouffier zurückzuführen, so Grindel. Ausdrücklich betonte er, dass im Rahmen der unter Nr. 2 ins Auge gefassten Regelung bestimmte Ausschlussgründe wie etwa Identitätstäuschung, Nichtmitwirkung bei der Passbeschaffung oder Untertauchen keine Rolle mehr spielen sollten. Bei Straftätern werde man aber nach wie vor ab einer gewissen Grenze eine Aufenthaltserlaubnis verweigern. Die Problematik, dass ein Aufenthaltsrecht der Eltern mit der Volljährigkeit der Kinder möglicherweise wieder verloren gehe, sah Grindel als nicht gegeben an, da zum Einen die Regelung sich auf Jugendliche und junge Erwachsene vom 16. bis zum 21. Lebensjahr erstrecken solle (und damit auch für die Eltern dieser Kinder), zum Anderen durch weitere, jüngere Kinder das abgeleitete Aufenthaltsrecht sich in vielen Fällen verlängere.
Offenkundig ist also der Vorschlag von Uwe Schünemann vom 12.10. in dieser Frage, den wir auf unserer Homepage dokumentiert und kritisiert haben (siehe hier), kein isolierter Vorstoß, sondern das vorweggenommene Ergebnis von Beratungen innerhalb der CDU-Fraktion. Er impliziert, dass das Aufenthaltsgesetz geändert und bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens der betroffene Personenkreis im Rahmen eines Abschiebungsstopps geschützt werden muss. Freilich ist letzteres offenkundig noch nicht beschlossen worden. Es erscheint uns daher wichtig, frühzeitig auf diesen Vorschlag zu reagieren, mit dem erstmals – und das ist positiv – eine rollierende Regelung beschlossen werden könnte, die aber auch eine Reihe von Mängeln aufweist. Zu diesen Mängeln, die auch auf der Veranstaltung angesprochen wurden und jetzt dringend öffentlich diskuiert werden müssen, gehören u.a.:
- Unklare Perspektiven hinsichtlich des aufenthaltsrechtlichen Schutzes während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens
- Keine Absicherung der Eltern, da das deutsche Aufenthaltsrecht mit der Volljährigkeit der Kinder eine unterschiedliche aufenthaltsrechtliche Behandlung von Eltern und Kindern ermöglicht, ja vorschreibt
- Keine Sozialklausel (Eltern und Kinder bleiben, Oma muss gehen? Kranke und Alte ohne Chance?)
- Fortbestehen der Sippenhaft-Regelung (einer straffällig, alle ausgeschlossen?)
- Absurde Ausschlussregelungen für Personen, die – z.B. aufgrund von (gescheiterter) Ehe mit einer/m Deutschen, kurzzeitigem Verlassen der Bundesrepublik, etwa um der perspektivlosen Eintönigkeit eines Duldungsaufenthalts durch Asylantragstellung im Nachbarland zu entfliehen – keinen ununterbrochenen geduldeten oder humanitären Aufenthalt nachweisen können
- zu hohe Anforderungen an die Lebensunterhaltssicherung für Personen, die aufgrund von Arbeitsverboten, rechtlichen Einschränkungen und fehlender Förderung Dequalifizierungsprozessen unterworfen waren
- usw.
gez. Kai Weber
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