Ein neues Sommerlochthema hat die Schlagzeilen erobert: Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer hat eine „Dienstpflicht (auch) für Flüchtlinge“ in die öffentliche Diskussion gebracht. Was ist davon zu halten?
In der Regel brauchen Flüchtlinge, die in Deutschland aufgenommen werden, zunächst einmal einen Sprachunterricht sowie Förderkurse und Anpassungsqualifikationen. Es wäre unsinnig, Geflüchtete in sozialen Einrichtungen dienstzuverpflichten, bevor sie überhaupt die Sprache erlernt haben. Im Vordergrund der Aufnahme sollte darüber hinaus die (Wieder-) Herstellung der Gesundheit stehen. Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, brauchen erst einmal Zeit, um Traumata zu überwinden und ggfs. eine Therapie einzuleiten.
Wenn es ein Dienstjahr für alle gäbe, sollte es auch für Geflüchteten gelten. Der Flüchtlingsrat ist dafür, Flüchtlinge möglichst frühzeitig in die Gesellschaft einzubeziehen und so zu behandeln wie Einheimische. Es mutet jedoch befremdlich an, dass die Diskussion über das Thema ausgerechnet unter Bezugnahme auf Flüchtlinge entbrennt. Artikel 3 des Grundgesetzes verbietet jede Form von Diskriminierung. Wenn die CDU ein „Dienstjahr für Flüchtlinge“ bejaht, einen Spurwechsel von Geflüchteten in reguläre Arbeit und Ausbildung im Falle einer Ablehnung des Asylantrags aber verweigern will, hat die Dienstverpflichtung von Flüchtlingen den schalen Beigeschmack von Arbeitsausbeutung. Geflüchtete zu einem sozialen Jahr zu verpflichten und sie anschließend abzuschieben, wäre nichts als purer Zynismus.
Gegen die Dienstpflicht bestehen erhebliche juristische Bedenken: Aus historischen Gründen verbietet Art. 12 Abs. 3 ebenso wie Art.4 Abs. 2 EMRK jede Form von Pflicht- bzw. Zwangsarbeit. Ausgenommen sind Wehr- und Ersatzdienste sowie Heranziehungen in Katastrophenlagen. Auch inhaltlich sind Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer Dienstpflicht angebracht: Was soll ein solches Dienstjahr in einer Zeit, in der der Arbeitsmarkt brummt und viele der Infragekommenden auf dem regulären Arbeitsmarkt beschäftigt werden könnten? Ein Pflichtjahr, das obligatorisch ein Jahr lang vom regulären Arbeitsmarkt fernhalten würde, wäre sowohl integrationspolitisch wie fiskalisch kontraproduktiv. Soll der bestehende Pflegenotstand durch dienstverpflichtete Hilfskräfte gedeckt werden, statt endlich die Pflegeberufe aufzuwerten und die in der Pflege tätigen Beschäftigten anständig zu bezahlen?
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