1. Oktober 2009 – Die Menschenrechtsvereinigung Chachipe hat die am Montag stattgefundene Abschiebung einer Gruppe von Roma aus Deutschland nach Kosovo schärfstens verurteilt. Die Abschiebung erfolgte auf Grundlage eines bilateralen Rückübernahmeabkommens, das zu Beginn dieses Jahres, zwischen der Bundesregierung und der Regierung Kosovos ausgehandelt wurde, aber bisher noch nicht ratifiziert wurde. Chachipe erklärte, dass die Abschiebung von Roma nach Kosovo gegen die Stellungnahme des UN-Flüchtlingswerkes über die andauernde Schutzbedürftigkeit von Personen aus dem Kosovo verstößt, und beschuldigte die Bundesregierung und die Innenministerien der Länder die Lage der Roma in Kosovo bewusst schönzureden und Sicherheitsbedenken herunterzuspielen.
„Entgegen der Behauptungen der deutschen Behörden hat sich die Situation der Roma in Kosovo keineswegs verbessert. Roma werden auch weiterhin in allen Bereichen diskriminiert. Ihre Menschenrechte werden nicht beachtet. In Folge ihres weitgehenden Ausschlusses aus dem Arbeitsmarkts sind die Roma weitgehend auf Gelegenheitsjobs, wie z.B. das Sammeln von Altmetall, angewiesen. Sie leben überwiegend von den Hilfsleistungen internationaler Organisationen und den ßberweisungen ihrer Verwandten aus dem Ausland,“ erklärte Chachipe. Die Vereinigung erklärte weiter, dass die Abschiebung mehrerer Tausend Personen die Notlage der Roma im Kosovo weiter verschärfen werde.
Chachipe sagte außerdem, dass die Roma auch weiterhin Opfer von Gewalt und Einschüchterungsversuchen sind. „Wir erhalten regelmäßig Berichte über Angriffe auf Roma,“ erklärte die Vereinigung. „Allerdings haben die Roma Angst, diese Vorfälle zu melden, und selbst wenn sie das tun, bedeutet dies längst nicht, dass ihrer Meldung auch Folge geleistet werden und die Täter aufgespürt und vor Gericht gebracht werden.“ Vor einigen Wochen veröffentlichte Chachipe einen Bericht, in dem die Vereinigung aufzeigte, wie sich die mangelhafte Berichterstattung ethnisch motivierter Gewalt durch die kosovarische Polizei auf die Berichterstattung der internationalen Organisationen auswirkt. Chachipe folgerte daraus, dass die Entscheidung über die Abschiebung der Roma nach Kosovo auf einer völlig unvollständigen und ideologisch verbrämten Einschätzung der Sicherheitslage beruht.
Chachipe erklärte, dass das UN-Flüchtlingswerk nicht ohne Grund und trotz massiven Drucks an seiner Stellungnahme bezüglich der andauernden internationalen Schutzbedürftigkeit von Roma aus dem Kosovo festhalte. „Der UNHCR ist überzeugt, dass die Sicherheitslage von Roma im Kosovo nach wie vor unsicher ist, und hat diese ßberzeugung auch in einer Stellungnahme an die Innenministerkonferenz im Mai kundgetan.“. Die Vereinigung beschuldigte die deutschen Behörden, die Warnungen des UN-Flüchtlingsrats bewusst zu überhören. Einige deutsche Politiker sogar soweit gegangen seien, zu behaupten, das UN-Flüchtlingswerk habe seine Zustimmung zu der Abschiebung von Roma ins Kosovo gegeben.
Cachipe widersprach der Behauptung, wonach Deutschland besonders großzügig gegenüber der Flüchtlinge gewesen sei, und dass diese Großzügigkeit jetzt erschöpft sei. Die Vereinigung sagte, dass man nicht vergessen solle, dass viele Flüchtlinge aus dem Kosovo bereits vorher als sogenannte Gastarbeiter in Deutschland gelebt hätten. Außerdem sei es so, dass viele Personen, die in anderen Ländern ohne weiteres Asyl erhalten hätten, in Deutschland nur geduldet wurden. „Dies trifft besonders auf Roma zu, die nun von Abschiebungen bedroht sind,“ erklärte Chachipe.
Chachipe äußerte seine Empörung gegenüber der Behauptung, wonach die Roma nach Kosovo zurückkehren müssten, damit Kosovo multiethnisch werde. „Dieses Argument ist äußerst zynisch und heuchlerisch. Man sollte zunächst daran erinnern, dass die Roma aus dem Kosovo vertrieben wurden. In zehn Jahren hat es die internationale Gemeinschaft nicht geschafft, die Bedingungen für ihre Rückkehr zu schaffen. Ihre Interessen wurden gegenüber dem Ziel, die Gegensätze zwischen den Kosovoalbanern und Kosovoserben zu befrieden, hinten angestellt und übergangen. Nun sollen sie nach Kosovo zurückkehren, damit die internationale Gemeinschaft behaupten kann, dass Kosovo multiethnisch geworden ist, der seine Unabhängigkeit verdiene!“
Angesichts der unsicheren Sicherheitslage und der fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven sei die Abschiebung von Roma ins Kosovo nichts anderes als eine großangelegter Menschenversuch, erklärte Chachipe zum Schluss. Die Vereinigung forderte die Bundesregierung und die Innenministerien der Länder erneut auf, von der Abschiebung von Roma nach Kosovo abzusehen und den Flüchtlingen ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren. Deutschland habe nicht nur eine historische Verantwortung gegenüber der Roma angesichts des Völkermords während des Nationalsozialismus, sondern es sei auch ein Gebot der Menschlichkeit, neues Leid zu verhindern.
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Deportations to Kosovo experiment on human beings, Chachipe says
1 October 2009 “ The Roma rights organisation Chachipe has strongly condemned the forced repatriation, on Monday, of several Roma from Germany to Kosovo, on the basis of a readmission agreement, which was concluded, earlier this year, between the German federal government and the Kosovo authorities. Chachipe said that the forced repatriation of Roma to Kosovo was in violation of the UNHCR position on continued international protection needs of individuals from Kosovo, according to which the security situation for Roma in Kosovo is still fragile, and accused the German authorities of trying to misconstrue the situation and downplaying the security risks in a move to rid of the Roma.
„Contrary to what is said by the German authorities the situation of Roma in Kosovo has not improved drastically. Roma continue to be victims of widespread discrimination and violations of their basic human rights. Their exclusion from the official labour market is such that they are almost confined to occasional jobs such as scrap metal collection. They are heavily relying on humanitarian assistance and remittances from their relatives abroad,“ Chachipe said. The organisation added that the forced repatriation of several thousands of Roma would only put additional stress on a community which is already struggling for its survival.
Chachipe highlighted that Roma continue to be exposed to acts of harassment and intimidation. „We regularly receive reports regarding assaults on Roma,“ the organisation said. „However, Roma are afraid to report these acts to the police and even if they do so, their complaints are not always followed up properly, leading to the arrest and bringing to justice of the culprit.“ Only a few weeks ago, Chachipe issued a report showing how the underreporting of ethnically motivated violence by the Kosovo police is reflected by international organisations. Chachipe concluded that the decision to return Roma to Kosovo is based on an incomplete and partial assessment of their security situation.
Chachipe said that it was not without reason that the UNHCR had resisted pressures to change its position regarding the continued need for international protection of Kosovo Roma. „The UNHCR is convinced that the security situation for Roma in Kosovo continues to be fragile, which was confirmed in a statement to the Conference of the Ministers of Interior, in May.“ Chachipe blamed the German authorities for purposely ignoring the warnings of the UNHCR. The organisation said that some German politicians had gone as far to claim that the UN Refugee Agency has given its avail to the forced repatriation of Roma to Kosovo.
Cachipe also objected to the claim, that Germany had been particularly generous towards the refugees, and that this generosity was now exhausted. The organisation said that while it is true that Germany has taken in many refugees from Kosovo, it should not be forgotten, that many of them had been living in Germany before as „Gastarbeiters“. Moreover, many people who would have qualified for asylum in other countries, were merely granted temporary protection in Germany. „This is particularly the case for Roma who are now facing deportation,“ the organisation added.
Chachipe expressed its outrage at the argument according to which Roma would have to return to Kosovo for Kosovo to become a multiethnic country. „This argument is outmost cynical and hypocritical. It should first be reminded that the Roma have been driven out from Kosovo, and in ten years, the international community has been unable to create the conditions for their safe return. Their interests have been sacrificed and abandoned in an attempt to pacify the antagonisms between Kosovo Albanians and Kosovo Serbs. Now, they are requested to return in order to make it possible for the international community to say that Kosovo has become a multi-ethnic country which deserves to be an independent state!“
Chachipe said that given the poor security situation and the lack of economic perspectives, the forced return of Roma to Kosovo was an experiment on human beings. The organisation renewed its call on the German authorities to stop deporting Roma to Kosovo and to grant them a permanent residence status. The organisation said that Germany had not only a historic responsibility towards Roma resulting from the genocide under National-Socialism, but also that it was a humanitarian requirement to prevent further suffering and hardship.
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