„Don‘t send Afghans back!“ – unter diesem Motto rief ein breites Netzwerk aus europäischen Initiativen am 17. und 18. Februar 2018 zu Protesten gegen Abschiebungen nach Afghanistan auf.
In insgesamt 47 europäischen Städten fanden Demonstrationen und Kundgebungen statt, um den jeweiligen Regierungen mitzuteilen, dass die Abschiebepraxis nach Afghanistan ob der derzeitigen Sicherheits- und Gefahrenlage dort keineswegs tragbar ist und menschenrechtliche Vorgaben verletze. Das vierte Jahr in Folge wurden mehr als 10.000 Zivilist:innen Opfer der innerstaatlichen Auseinandersetzungen. Allein im Januar 2018 wurden bei vier Anschlägen in Kabul mindestens 150 Menschen getötet.
Von Irland, Schweden und Finnland, über Deutschland, Polen und Österreich bis nach Italien versammelten sich am Wochenende unzählige Demonstrant:innen.1
Allein in Hamburg zogen am Samstag Mittag rund 1.200 Menschen2 durch die Innenstadt und forderten ein Umdenken der deutschen Bundesregierung bezüglich der Sammelabschiebungen nach Afghanistan und Perspektiven für afghanische Geflüchtete. Außerdem war der Besuch des afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die zeitgleich zu den Protesten stattfand, Thema des Protests: „Ghani is not our president“ stand auf den Ghani-Karikaturen, die die Teilnehmer:innen der Demonstration in Hamburg hochhielten.
Auch kleinere Aktionen komplettierten den facettenreichen Protest gegen die Abschiebepraxis der europäischen Länder. In Salzburg beispielsweise fragte die lokale Bleiberechtsgruppe Passant:innen auf dem Marktplatz, ob sie per Los eine (fiktive) Reise nach Afghanistan gewinnen wollen3 – alle lehnten ab und zeigten so indirekt, dass Afghanistan alles andere als ein in Teilen sicheres Land ist.Das bestätigte jüngst auch der Präsident des Bundesnachrichtendienst, Bruno Kahl. Rund 40% des afghanischen Staatsgebietes seien zudem nicht mehr unter Regierungskontrolle, sondern in der Hand der Talibankämpfer.1 Weitere 30 % des Landes sind von Taliban und IS bedroht.
Auf der Hamburger Demonstration war auch der Flüchtlingsrat Niedersachsen vertreten und teilte die Forderungen vor Ort. Derzeit beteiligt sich Niedersachsen in der Regel nicht an Abschiebungen nach Afghanistan. Der Flüchtlingsrat fordert die sofortige bundesweite Umsetzung und Beachtung flüchtlings- und menschenrechtlicher Vorgaben. Statt auf Angst und Einschüchterung zu setzen, gilt es, Solidarität zu zeigen und sichere Perspektiven zu ermöglichen. Die europaweiten Proteste setzen damit ein wichtiges Zeichen.
Der rote Drachen, der das europaweite Zeichen dieses Protestwochenendes symbolisierte, war überall, an Jacken, auf Bannern oder in den Händen der zahlreichen Kinder zu sehen und verband die Städte so nicht nur inhaltlich, sondern auch visuell miteinander. An diesem Wochenende wurde abermals deutlich, wie groß die Solidarität der europäischen Bevölkerung mit afghanischen Geflüchteten und die Forderung nach einem generellen Abschiebestopp nach Afghanistan ist.
Aktuelle Informationsmaterialien und Erkenntnisquellen zur aktuellen Situation „Afghanistan“ sind auf der Homepage des Flüchtlingsrats unter https://www.nds-fluerat.org/infomaterial/afghanistan/ abrufbar.
1https://dontsendafghansback.eu/de/europaeer-gegen-die-rueckfuehrung-nach-afghanistan/
2https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Demo-gegen-Abschiebungen-nach-Afghanistan,afghanistan874.html
3Siehe hierzu zahlreiche Beiträge von ECADA unter https://www.facebook.com/ecada2017/
4http://www.tagesspiegel.de/politik/afghanistan-bnd-chef-kahl-anschlaege-sind-ueberall-moeglich/20968890.html
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