Debatte um Altersfestsetzung im Nds. Landtag

Anknüpfend an die bundesweite Debatte wurde nun auch im niedersächsischen Landtag vergangenen Donnerstag das Thema Altersfestsetzung diskutiert. Anlass war ein Antrag der AfD-Fraktion an die Landesregierung, jeden neu einreisenden unbegleiteten Flüchtling, dessen Minderjährigkeit durch Ausweisdokumente nicht zweifelsfrei belegt werden kann, einer medizinischen Untersuchung zur Altersfestsetzung zu unterziehen.

Im Zuge der Plenarsitzung äußerte sich eine rot-grün-gelbe Mehrheit gegen eine verpflichtende medizinische Alterseinschätzung bei jungen Geflüchteten. Die Argumente der Politiker:innen stützen sich auf auf die Ungenauigkeit derzeit existierender Methoden, als auch auf die geltende Rechtslage, welche einen abgestuften Ablauf der Altersermittlung – inklusive medizinischer Untersuchungen im Verdachtsfall – vorsieht. Für einen flächendeckenden Einsatz invasiver Methoden fehle zudem jede Rechtsgrundlage. So sagte der SPD-Abgeordnete Christos Pantazis, die AfD fordere mit ihrem Antrag „die Landesregierung auf, systematisch gegen geltendes Recht zu verstoßen, nämlich gegen die UN-Kinderrechtskonvention, gegen die EU-Aufnahmerichtlinie und gegen das Grundgesetz. Denn für eine zwingende medizinische Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gibt es gegenwärtig gar keine rechtliche Grundlage“. Auch FDP-Politiker Jan-Christoph Oetjen äußerte, „Röntgen ohne eine medizinische Indikation ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit“. Zudem habe sich das „praktizierte abgestufte Altersfeststellungsverfahren“ bewährt, so Sozialministerin Carola Reimann.

Auch der Flüchtlingsrat Niedersachsen hat bereits mehrfach gegen die flächendeckende Anwendung medizinischer Verfahren Stellung bezogen, zuletzt mit einer Stellungnahme um die aktuelle Debatte um „Altersfeststellung“. Im Fokus der Ermittlungen muss der Hilfe- und Unterstützungsbedarf der Person liegen – gemessen an ihrem körperlichen und geistigen Entwicklungsstand, nicht der Dichte ihrer Handknochen.

Bitte schreiben Sie an dieser Stelle nur allgemeine Kommentare.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...

2 Gedanken zu „Debatte um Altersfestsetzung im Nds. Landtag“

  1. „Im Fokus der Ermittlungen muss der Hilfe- und Unterstützungsbedarf der Person liegen – gemessen an ihrem körperlichen und geistigen Entwicklungsstand, nicht der Dichte ihrer Handknochen“. Das klingt arg wohlfeil, damit macht sich der Flüchtlingsrat im Nebel überlegener Moral vom Acker. Bei aller wirklich notwendigen Unterstützung für Geflüchtete – die Menschen hier wollen sich durch falsche Altersangaben nicht an der Nase herumführen lassen. Der Flüchtlingsrat übersieht, dass er mit seiner „Großzügigkeit“ zu Lasten der Allgemeinheit Fehlanreize schafft und letzten Endes sogar Betrug unterstützt. Deswegen braucht es keine generelle Untersuchung aller, aber Zweifel müssen schon ausgeräumt werden, sonst werden auch die Gutwilligen verprellt.

    Antworten
    • Sehr geehrter Herr Oberlander,
      offenbar haben Sie nicht verstanden, dass das Röntgen der Handwurzelknochen aufgrund der Ungenauigkeit der Messmethode (+/- 2 Jahre) nur begrenzt in der Lage ist „Zweifel auszuräumen“. Abgesehen davon, dass das Problem in der öffentlichen Debatte größer gemacht wird als es ist (siehe Bericht des DLF über entsprechende Untersuchungen in Hamburg: http://www.deutschlandfunk.de/minderjaehrig-oder-volljaehrig-wie-hamburg-das-alter-junger.862.de.html?dram:article_id=408097), scheint die Inaugenscheinnahme durch erfahrene Jugendamtsmitarbeiter:innen u.a. deshalb als die bessere Methode, weil Jugendliche – in Abhängigkeit von ihrer körperlichen und geistigen Reife – auch zwischen 18 und 21 Jahren nach deutschem Recht Jugendhilfe erhalten können und sollen. Im Vordergrund der Jugendliche steht nun einmal das Wohl des Kindes. Jugendhilfe ist kein Ordnungsrecht, und Jugendliche sind kein Technikbaukasten.

Schreibe einen Kommentar

Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!