Mit Freude nimmt der Flüchtlingsrat Niedersachsen zur Kenntnis, dass alle im Landtag vertretenen Parteien – mit Ausnahme der rechtsextremen AfD – eine Verpflichtung niedersächsischer Bürgerinnen und Bürger zur Rückzahlung von Leistungen, die das Jobcenter für syrische Flüchtlinge aufgewendet hat, nicht für vertretbar halten und eine politische Lösung herbeiführen wollen. Unter Bezugnahme auf die heutige Landtagsdebatte fordert der Flüchtlingsrat
a) eine gesetzliche Änderung des §68 AufenthG,
b) einen sofortigen Stopp der Kostenerstattungsverfahren bei den Jobcentern und
c) einen Härtefonds für diejenigen, die bereits zu Erstattungsleistungen verpflichtet wurden.
Der Flüchtlingsrat begrüßt die Ankündigung des niedersächsischen Innenministers, noch in dieser Woche mit der Bundesregierung in Verhandlungen zu treten mit dem Ziel, dass der Bund seine überzogenen Forderungen gegenüber Verpflichtungsgeber:innen fallen lässt: Aufgrund der damals auch von der Landesregierung und den Ausländerbehörden vertretenen Rechtsauffassung, wonach die Leistungspflicht mit einer Anerkennung als Flüchtling enden würde, mussten die Bürgen davon ausgehen, dass die finanzielle Belastung in Form von Unterhaltszahlungen für die aufgenommenen Flüchtlinge kalkulierbar und begrenzt ist. Die Verpflichtungsgeber:innen haben unter teilweise hohen persönlichen Entbehrungen und Kosten für den Lebensunterhalt und die Unterbringung über viele Monate gesorgt. Dafür gebührt ihnen Dank und Anerkennung.
Noch immer gehen neue Kostenbescheide der Jobcenter bei Verpflichtungsgeber:innen in teilweise horrender Größenordnung ein. Die angeschriebenen Verpflichtungsgeber:innen müssen Rechtsanwälte finden und Vorschusskosten tragen, um eine Klage einreichen zu können. Das ist ein unhaltbarer Zustand, wenn inzwischen landauf landab bekundet wird, die Verpflichtungsgeber:innen „nicht im Regen stehen lassen“ zu wollen. Als ersten Schritt aus der Misere fordert der Flüchtlingsrat daher, dass alle Kostenerstattungsverfahren erst einmal gestoppt und die Verfahren ruhend gestellt werden.
Sodann brauchen wir eine Änderung des erst Mitte 2016 geänderten § 68 Aufenthaltsgesetz, der die Grundlage der Forderungen der Jobcenter darstellt, aber die Besonderheiten der damaligen unsicheren Rechts- und Auskunftslage nicht angemessen berücksichtigt.
Schließlich brauchen wir den von den Grünen im Landtag geforderten Hilfsfonds für alle Bürgen, die von einer Gesetzesänderung nicht profitieren können, sei es, weil das Asylverfahren sich aufgrund der damaligen langen Wartezeiten über Jahre hinzog, ohne dass die Verpflichtungsgeber:innen die Dauer des Verfahrens beeinflussen konnten, sei es, weil Kostenscheide bereits rechtskräftig geworden sind.
Kai Weber
siehe hierzu auch:
Niedersächsischer Städtetag fordert Hilfsfonds für Flüchtlingsbürgen
Anja Piel: Hilfsfonds einrichten
Bericht der HAZ vom 14.12.2017
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