Rückführungen in den Nordirak / Duldungen

Irakische Flüchtlinge, die in Deutschland „wegen Straftaten verurteilt wurden“, sollten dem IMK-Beschluss vom 17.11.2006 zufolge zukünftig in den Irak abgeschoben werden können, allerdings „unter Beachtung der vom UNHCR eingeräumten Möglichkeiten“.

Was das für die niedersächsische Landesregierung bedeutet, verdeutlicht dieser (pdf) Erlass:

  • Flüchtlinge sollen bereits dann in den Nordirak abgeschoben werden können, wenn sie zu mehr als 50 Tagessätzen verurteilt wurden. Bereits ein wiederholter Verstoß gegen die „Residenzpflicht“ kann eine solche Verurteilung nach sich ziehen.
  • Flüchtlinge, die „die innere Sicherheit in Deutschland gefährden“, sollen ebenfalls abgeschoben werden. Eine solche „Gefährdung der inneren Sicherheit“ liegt nach Auffassung des MI bereits dann vor, „wenn es Hinweise auf eine gefährdende Betätigung des Ausländers gibt und die Sicherheitsbedenken nicht innerhalb einer gesetzten angemessenen Frist vom Betroffenen ausgeräumt werden“. Die Ausländerbehörden könnten dabei „auch auf das Vorbringen im Asylverfahren“ abstellen.
  • Eine Abschiebung soll nach den von UNHCR genannten Kriterien nur erfolgen, wenn familiäre Strukturen und soziale Netzwerke vor Ort bestehen, die den Betroffenen bei der Wohnungs- und Arbeitssuche, bei der Registrierung sowie sonstigen Wiedereingliederungsmaßnahmen zur Seite stehen. Auch zu dieser Frage sollen die Ausländerbehörden auf das Vorbringen im Asylverfahren zurückgreifen können. Trotz der in dieser Hinsicht eindeutigen Formulierung des IMK-Beschlusses räumt das MI den Ausländerbehörden eine Anmeldung des betroffenen Personenkreises auch dann ein, wenn keine Informationen zur Rückkehrsituation im Nordirak vorliegen. „Es ist jedoch zu erwarten, dass die kurdisch- nordirakische Seite hierzu Nachfragen stellt und im Zweifelsfall eine Rückübernahme ablehnt“, heißt es lapidar in dem Erlass.

Die niedersächsische Landesregierung scheint mit diesem Erlass ihren Ruf, eine knallharte Abschiebungspolitik zu verfolgen, erneut unter Beweis stellen zu wollen. Nachdem Tausende von Flüchtlingen trotz der anhaltenden Bürgerkriegssituation im Irak durch den Widerruf der Flüchtlingsanerkennung entrechtet und auf den Status der „Duldung“ herabgestuft wurden, sollen die Betroffenen jetzt im zweiten Schritt auf der Grundlage von vagen Verdächtigungen oder geringfügigen Verurteilungen abgeschoben werden. Das Innenministerium scheut dabei nicht davor zurück, den Ausländerbehörden versuchsweise Abschiebungen zu erlauben, auch wenn die von UNHCR genannten Kriterien nicht erfüllt sind.

gez. Kai Weber

Bitte schreiben Sie an dieser Stelle nur allgemeine Kommentare.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...

Schreibe einen Kommentar

Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!