BMAS: Öffnung der Ausbildungsförderung und der berufsbezogenen Sprachkurse für afghanische Asylsuchende

Nachfolgend dokumentieren wir Hinweise von Claudius Voigt, Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V., zur Öffnung der Ausbildungsförderung und der berufsbezogenen Sprachkurse für afghanische Asylsuchende im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales:

Liebe Kolleg*innen,

das Bundesarbeitsministerium (BMAS) vertritt erfreulicherweise jetzt die Auffassung, dass bei Asylsuchenden aus Afghanistan nunmehr von einem dauerhaften und rechtmäßigen Aufenthalt auszugehen sei. Seit dem 1. Juli sind für diese daher (wie bisher schon für Asylsuchende aus Syrien, Eritrea, Irak, Iran, Somalia und Eritrea) die Integrationsleistungen, die in der Zuständigkeit des BMAS bzw. der Bundesagentur für Arbeit liegen, geöffnet worden. Hierbei handelt es sich um

  • berufsbezogene Deutschkurse nach § 45a AufenthG (gem. Deutschsprachförderverordnung DeuFöV),
  • Leistungen der Ausbildungsförderung gem. § 132 Abs. 1 SGB III (BAB, AbH, ASA, BvB, Ausbildungsgeld, mit unterschiedlichen Wartefristen),
  • frühzeitige Leistungen der Arbeitsförderung bereits ab dem 1. Tag des Aufenthalts und nicht erst nach Zuweisung in die Kommunen (§ 131 SGB III).

Unten findet ihr die Links zu den aktualisieren Übersichten mit den Zugängen zu den jeweiligen Leistungen für die entsprechenden Gruppen.

Die Öffnung ist zwar sehr erfreulich, zu kritisieren ist jedoch (mindestens) dreierlei:

  1. Das völlig untaugliche Instrument, die vermutete „Bleibeperspektive“ – also die Vermutung, ob schon während des Asylverfahrens von einem dauerhaften und rechtmäßigen Aufenthalt auszugehen ist – rein schematisch anhand der Gesamtschutzquote der BAMF-Entscheidungen zu wahrsagen, bleibt auch nach dieser Öffnung erhalten. Dabei wird von der Bundesregierung weiterhin ignoriert, dass die „Bleibeperspektive“ durch eine Vielzahl anderer Faktoren beeiflusst wird, die mit der Anerkennungsquote nichts zu tun haben. So besteht für einen Asylsuchenden aus Serbien, der eine Ausbildung begonnen hat, eine nahezu hundertprozentige Bleibeperspektive (Stichwort: Ausbildungsduldung), obwohl die statistische Asylanerkennungsquote verschwindend gering ist. Dies wird durch die Bundesregierung weiterhin ausgeblendet. Zudem unterliegen die Anerkennungsquoten einiger Herkunftsstaaten ganz erheblichen politischen Stimmungsschwankungen, die mit der Sicherheitslage im Land oder dem persönlichen Schicksal erschreckend wenig zu tun haben.
  2. Neben Asylsuchenden aus Afghanistan und den bekannten anderen fünf Herkunftsstaaten gab es im Jahr 2016 ganze 16 weitere Herkunftsländer, deren Gesamtschutzquote bei mindestens 50 Prozent lag. Selbst aus der inneren Logik der Bundesregierung müssten zumindest diese das Label der „guten Bleibeperspektive“ erhalten. Dass aus den Ländern zum Teil nur sehr wenige Personen kamen, spricht dabei nicht gegen eine Öffnung für diese Gruppen, sondern vielmehr dafür – dann ist ja auch der Kostenfaktor überschaubar!
  3. Das Bundesinnenministerium und das BAMF folgen bislang der (kleinen) Kurskorrektur des Bundesarbeitsministeriums nicht: Die in der Verantwortung von Herrn de Maizière stehenden Integrationskurse bleiben bis auf weiteres für Asylsuchende aus Afghanistan versperrt. Die Folge ist: Sie dürfen zwar nun einen berufsbezogenen Sprachkurs machen, aber den dafür faktisch notwendigen Integrationskurs nicht. Es gibt somit nun für ein und dieselbe Gruppe mit derselben Anerkennungsquote zwei gegensätzliche regierungsamtliche Auslegungen des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Bleibeperspektive“: Für Frau Nahles ist sie bei Afghan*innen gut, für Herrn de Maizière schlecht. Das verstehe, wer will! Ich hoffe, jedenfalls die Verwaltungsgerichte werden es bei Klagen auf Zulassung zum Integrationskurs nicht verstehen…

Das Ziel muss bleiben, die gewahrsagte Bleibeperspektive als Instrument der Verweigerung von Teilhabe für bestimmte Bevölkerungsgruppen abzuschaffen und gleiche Teilhaberechte für alle zu sichern. Zudem dürfen wir die „Bleibeperspektive“ nicht als etwas objektiv Gegebenes hinnehmen, sondern müssen weiter daran arbeiten, für möglichst viele Betroffene gute Bleibeperspektiven zu schaffen.

Hier nun die aktualisieren Übersichten des IQ Netzwerks Niedersachsen:

Übersicht: Anrechnung von Einkommen und Vermögen für Geflüchtete im AsylbLG, SGB II und SGB XII (Juli 2017)

Übersicht: Zugang zu Sprachförderung für Asylsuchende und Geduldete (Juli 2017)

Übersicht: Duldung für die Ausbildung (Juli 2017)

Übersicht: Zugang zu Freiwilligendiensten, Arbeitsgelegenheiten und Studium für Asylsuchende und Geduldete (Juli 2017)

Übersicht: Zugang zur Ausbildungsförderung für Asylsuchende und Geduldete (Juli 2017)

Übersicht: Zugang zum Arbeitsmarkt und zur Arbeitsförderung für Asylsuchende und Geduldete (Juli 2017)

Und hier noch der Auszug aus einem Schreiben der Bundesagentur für Arbeit (leider ohne Briefkopf):

„Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat entschieden, die in den Zuständigkeitsbereich des BMAS fallenden Integrationsmaßnahmen, die eine gute Bleibeperspektive voraussetzen, für Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus Afghanistan für das zweite Halbjahr 2017 zu öffnen.

Damit wird dem genannten Personenkreis der Zugang zu folgenden Integrationsmaßnahmen gewährt:

  • Berufssprachkurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach der Deutschsprachförderverordnung (DeuFöV)
  • Frühzeitiger Zugang zu vermittlungsunterstützenden Leistungen der Arbeitsförderung
  • Ausbildungsbegleitende Hilfen, Assistierte Ausbildung und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen nach drei Monaten gestattetem Aufenthalt

Ebenso besteht im zweiten Halbjahr 2017 für den genannten Personenkreis ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe oder Ausbildungsgeld nach 15 Monaten gestattetem Aufenthalt im Anschluss an die Grundleistungen zum Asylbewerberleistungsgesetz.

Die in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums des Innern fallenden Integrationskurse sind hiervon nicht berührt.

Für die berufsbezogene Sprachförderung nach der DeuFöV hat dies zur Folge, dass die Teilnahme an Berufssprachkursen ab dem Sprachniveau B1 ermöglicht wird, auch wenn vorher kein Integrationskurs absolviert wurde.“

Liebe Grüße

Claudius

Weisung der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit an ihre Regionaldirektionen

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