PRO ASYL „Unser Leben ist schlimmer, als der Krieg.“ Sie sollen aufhören uns zu töten.“ Mit diesen eindringlichen Worten schildert ein kongolesischer Flüchtling die Situation an der EU-Grenze bei Melilla.
„Wenn seine Schusswunden nicht ganz frisch wären, würde ich sagen, dieser Mensch habe einen Krieg erlebt.“ , so ein Arzt nach der Untersuchung eines anderen Flüchtlings, der bei seiner Flucht über den spanisch-marokkanischen Grenzzaun bei Melilla angeschossen und verletzt wurde.
Nachdem PRO ASYL zunehmend beunruhigende Nachrichten aus der spanischen Enklave Melilla über die Gewalt an der Grenze zu Marokko erhielt, recherchierte ich vor Ort. Gemeinsam mit unserem spanischen Kooperationspartner José Palazón von der Kinderhilfsorganisation PRODEIN ( Asociación Pro Derechos de la Infancia ) führte ich Gespräche mit Flüchtlingen, denen im Dezember 2006 der Sprung über den sechs Meter hohen Grenzzaun gelang.
Ich sprach zum Beispiel mit Jaques (Name geändert), der bei seiner Flucht schwer verletzt wurde. Eine Gewehrkugel traf ihn am Bein. Sein Bauch wurde durch die messerscharfen Klingen des Grenzstacheldrahtes aufgeschlitzt. Beim Sturz vom Zaun brach er sich einen Arm. ßber die Gewalt der Grenzbeamten auf Seiten Marokkos berichtet er: „Sie behandeln uns nicht wie menschliche Wesen. Wir müssen uns im Wald verstecken. Sie kommen, sie greifen uns an. Sie nehmen uns unsere Sachen weg “ sogar das Essen, das uns gebracht wird “ sie verbrennen die Laken, die Kleider…alles nehmen sie uns. Wir waren schließlich gezwungen nach Melilla zurück zu kommen. Leben oder sterben… .“
Immer wieder werden Flüchtlinge an der Grenze schwer verletzt, zuletzt Mitte Februar. All dies geschieht weitgehend unter Ausschluss der ßffentlichkeit. In der Presse ist selten etwas hierüber zu lesen. Wer eigene Nachforschungen vor Ort anstellt, muss mit Schwierigkeiten seitens der Behörden rechnen. Das Stadtbild Melillas ist geprägt von Militär und Polizei. Spanische Panzer patrouillieren regelmäßig am Grenzstreifen. Es herrscht ein Klima der Einschüchterung. Selbst das fotografieren des Grenzzauns ist verboten.
Erst jüngst hat die spanische Regierung mit Hilfe von EU Geldern die Grenze in Melilla zu einem neuen Eisernen Vorhang aufgerüstet, der Erinnerungen an die deutsch-deutsche Grenze weckt. Als im Herbst 2005 mehrere hundert Menschen versuchten, über den Zaun zu gelangen, kamen mindestens 14 zu Tode. Einige von ihnen wurden erschossen, vermutlich von marokkanischen Grenzschützern. Bis heute ist der Sachverhalt weder von den marokkanischen noch von den spanischen Behörden aufgeklärt worden. Niemand will sich hierfür verantwortlich erklären. Viele Zeugen sind längst abgeschoben worden. In der Zwischenzeit geht das Schießen weiter.
Es heißt Melilla verfüge über die modernste Grenzschutzanlage der Welt. Nach allem, was ich vor Ort gesehen habe, ist sie auch die unmenschlichste. Um sie zu überwinden müssen die Flüchtlinge zunächst einen sechs Meter hohen Zaun übersteigen, an dessen Ende sich hohe Klappen befinden. Wer oben ankommt, fällt metertief in ein Geflecht aus Drahtseilen, die tiefe Wunden reißen. Zusätzlich treten Tränengas und Pfefferspray aus. Der zweite Zaun ist ebenfalls entweder mit Klappen oder rasiermesserscharfem Natodraht ausgerüstet. Wer auch dieses Hindernis überwindet, steht vor einem weiteren sechs Meter hohen, mit Natodraht gesicherten Zaun. Tiefe Schnitte und schwere Verletzungen sind kaum vermeidbar.
Unsere Partnerorganisation PRODEIN appelliert eindringlich an uns, ßffentlichkeit herzustellen und zu versuchen, Einfluss zu nehmen auf die marokkanische Regierung, die spanische Regierung und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft.
ßffentlicher Druck und das Eingreifen von Zivilpersonen können viel bewirken. Protestieren Sie mit Schreiben an die marokkanische und die spanische Regierung und Angela Merkel, die gegenwärtige EU-Ratspräsidentin.
Im Folgenden zwei Briefe
Estimado Sr. Presidente,
Percibo con gran consternación cómo refugiados e inmigrantes mueren al tratar de alcanzar España o resultan gravemente heridos, como en las instalaciones fronterizas de Melilla. El dispositivo militar para la custodia de las fronteras vulnera los derechos humanos.
Le ruego asegure inmediatemente que los refugiados puedan acceder sin peligro a territo español y a un procedimiento de asilo conforme al Estado de derecho.
Impida Usted que se devuelva a los refugiados a paÃses en los que se encuentren expuestos a un trato contrario a los derechos humanos o en los que peligre su salud o incluso su vida.
Atentamente
Unterschrift
Schicken an :
Señor D. José Luis RodrÃguez Zapatero
Presidente de Gobierno
Complejo de la Moncloa
28071 Madrid
SPANIEN
ßbersetzte Version:
Sehr geehrter Herr Präsident,
ich stelle mit großer Bestürzung fest, wie Flüchtlinge und Immigranten beim Erreichen Spaniens sterben oder schwer verletzt werden, wie in den Grenzbereichen von Melilla. Der militärische Terror zur Bewachung der Grenze verletzt die Menschenrechte.
Ich bitte Sie, zu versichern, dass die Flüchtlinge ohne Gefahr auf spanisches Territorium gelangen können und ein Asylverfahren, dass mit dem Rechtsstaat konform ist, erfahren.
Erkennen Sie an, dass die Flüchtlinge in Länder zurück geschickt werden, in denen sie sich einer, den Menschenrechten völlig widersprechenden Behandlung ausgesetzt sehen oder in denen ihre Gesundheit oder ihr Leben gefährdet sind.
Hochachtungsvoll
Unterschrift
Monsieur le Premier Ministre:
Avec consternation j“observe que les forces de sécurité marocaines emploient des matraquent et même des armes á feu contre des migrants et des réfugiés. Cèst en particulier dans la région du mir frontalier de Melilla que sont constatées de graves violations des droits humains.
Je lance un appel afin que vous fassiez cesser l“emploi d“armes contre les réfugiés et les migrants et qu“en tant représentant d“un Etat signataire de la convention de Genève, vous garantissiez l“observation rigoureuse des droits humains.
Je vous prie de croire, Monsieur, en l“assurance de ma parfaite consideration.
Unterschrift
Schicken an :
Son Excellence Driss Jettou
Premier Ministre
Palais Royal, Touarga
Rabat
MAROKKO
ßbersetzte Version :
Sehr geehrter Premier Minister,
mit Bestürzung sehe ich, dass die marokkanischen Sicherheitskräfte Knüppel und sogar Feuerwaffen gegen Migranten und Flüchtlinge verwenden. Insbesondere in der Region des Grenzzaunes von Melilla werden sie als schwere Verletzung der Menschenrechte angesehen.
Ich appelliere an Sie, den Einsatz von Waffen gegen Flüchtlinge und Migranten sofort einzustellen und dass Sie, als Unterzeichner der Genfer Konvention, die Anwendung der Menschenrechte garantieren.
Hochachtungsvoll
Unterschrift
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...