Nachtrag zu unserer heutigen Presseerklärung betreffend die rechtswidrige Abschiebung der Region Hannover nach Bulgarien
Region Hannover schickt „Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung“ an den Sohn der syrischen Familie aus Lehrte
Wie dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 13.02.2017 (Az 7 B 387/17) zu entnehmen ist, hat sich nun auch die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover einem Urteil der 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover angeschlossen und wegen der Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung von Flüchtlingen in Bulgarien die Überstellung dorthin gestoppt. Lediglich die 2. Kammer des VG Hannover ist der Ansicht, dass die menschenrechtswidrige Behandlung von Flüchtlingen (noch) nicht den Schluss zulasse, dass das bulgarische Asylsystem „systemische Mängel“ aufweise. Für Flüchtlinge, die der Rechtsprechung des Verwaltungsgericht Hannover unterworfen sind, ist die Frage, ob sie nach Bulgarien abgeschoben werden dürfen, oder ob wegen schwerwiegender Menschenrechtsverletzungen in diesem Land Abschiebungen als rechtswidrig anzusehen sind, zu einem Lotteriespiel geworden.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat zur Frage, ob in Bulgarien die Behandlung anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter als Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu bewerten und eine Abschiebung / Überstellung unzulässig ist, mit Beschluss vom 23.06.2016 bereits die Berufung zugelassen – 2 LA 283/15 -. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht diese Frage als nicht geklärt an und verlangt eine aktuelle Gesamtwürdigung der vorliegenden Berichte und Stellungnahmen (Beschluss vom 21.4.2016 – 2 BvR 273/16 – NVwZ 2016, S. 1242).
Das Innenministerium hat stets erklärt, für Dublinverfahren und Drittstaatenbescheide nicht zuständig zu sein. Dennoch mischt sich eine ihr untergeordnete Behörde, die Ausländerbehörde der Region Hannover, massiv in die Entscheidungspraxis des BAMF und in die Entscheidungsabläufe ein und bemüht sich um eine nachträgliche Herbeiführung einer Rechtsgrundlage für die in der Nacht zum 3.2.2017 rechtswidrig erfolgte Teilabschiebung der Familie, indem sie nun den Sohn der Familie mit einer Abschiebungsandrohung überzieht. Wir fragen uns: Was treibt die Region, bei der Abschiebung von syrischen Flüchtlingen eine derartige Härte an den Tag zu legen? Warum wird die Region Hannover nicht durch den Innenminister gestoppt? Was hindert den Innenminister, vor dem Hintergrund der widersprüchlichen Entscheidungspraxis der Verwaltungsgerichte die Region anzuweisen, die erst am 22.02. ergangene „Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung“ wieder zurückzunehmen, eine Rückkehr der rechtswidrig abgeschobenen Ehefrau mit drei der vier Kinder anzuordnen und eine Entscheidung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts in Ruhe abzuwarten?
Wir fordern und erwarten von der Landesregierung eine sofortige humanitäre Lösung!
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...