Harte Kritik an Frontex-Abschiebung über Frankfurt nach Kabul heute abend um 18:40 Uhr
Heute, am 14.12., soll – nach einem 12jährigen faktischen Abschiebungsmoratorium (ausgenommen Straftäter) – die erste Sammelabschiebung aus Frankfurt nach Afghanistan durchgeführt werden. Basierend auf dem Abkommen zwischen der EU und Kabul sollen die ersten 50 abgelehnten Asylsuchenden vom Frankfurter Flughafen nach Afghanistan abgeschoben werden.
Aus Sicht des Flüchtlingsrats Niedersachsen sind Abschiebungen nach Afghanistan purer Zynismus: Offenbar will Bundesinnenminister de Maiziére durch möglichst martialische Bilder einen Abschreckungseffekt auf Flüchtlinge erzielen. Damit verkehrt sich die noch vor Jahresfrist allerorten verkündete „Willkommenspolitik“ endgültig in ihr Gegenteil. Die politische Inszenierung einer rabiaten Abschiebungspolitik soll Verunsicherung hervorrufen – und versetzt afghanische Flüchtlinge im gesamten Bundesgebiet in Panik, selbst wenn sie als Flüchtlinge anerkannt wurden und nichts zu befürchten haben. Selbst das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), das dem Bundesinnenminister unterstellt ist, widerspricht der Bundesregierung in der Einschätzung, es gäbe „befriedete Zonen“: „In allen Teilen Afghanistans herrscht ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt in Form von Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zwischen afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban sowie anderen oppositionellen Kräften“ (siehe Zeit 17.11.2016). Es scheint eine Frage der Zeit, bis auch Geflüchtete aus Syrien oder dem Irak ins Visier der Abschiebungsbehörden genommen werden. Fakt ist:
- Die Gefährdungslage in Afghanistan ist hoch, siehe Sicherheits- und Gefährdungslage in Afghanistan
- Auch in den vom Bundesinnenminister ausgemachten angeblich „sicheren“ Gebieten brennt die Luft: Bericht Monitor
- Die Schutzquote des BAMF für Flüchtlinge aus Afghanistan liegt im Durchschnitt des Jahres 2016 bei immerhin 55,5 %, bereinigt sogar bei 60,4% (siehe Geschäftsbericht des BAMF)
Wir begrüßen die Aussage der niedersächsischen Landesregierung, dass sie sich vorläufig nicht an Abschiebungen nach Afghanistan beteiligen wird. Auch die Bundesländer Brandenburg, Bremen, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Schleswig-Holstein haben politische Bedenken erhoben und eine neue Einschätzung der Sicherheitslage eingefordert. Aktiv dabei sind unter anderem Hamburg und Bayern.
Vor dem Hintergrund der hohen Schutzquote für afghanische Flüchtlinge fordert der Flüchtlingsrat Niedersachsen die Bundesregierung auf, entsprechend der eigenen Programmatik für afghanische Flüchtlinge „eine gute Bleibeperspektive“ festzustellen und sie schon während des laufenden Asylverfahrens zu den Integrationskursen zuzulassen. Eine „gute Bleibeperspektive“ ist laut Bundesinnenministerium dann gegeben, „wenn ein Asylbewerber aus einem Herkunftsland stammt, das eine Schutzquote von über 50 Prozent aufweist“ (siehe SZ vom 05.11.2015). Dies ist offenkundig gegeben, wie die Auswertung der BAMF-Statistik beweist. Die Aussage des deutschen Innenministers in der Tagesschau vom 01. Februar 2016 klingt da wie Hohn: „Es gibt … keinen Sprach- und Integrationskurs. Die Chancen, erfolgreich in Deutschland zu bleiben, sind ganz gering.“
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe diese Seite leider gerade erst entdeckt, obwohl ich schon seit geraumer Zeit in der Flüchtlingshilfe arbeite und mich gerade, um meine afghanischen „Schützlinge“ sorge – wird doch das Abschiebevorhaben De Meziers gerademedial vollends ausgeschlachtet. Ich hoffe dass sich Niedersachsen, und auch alle weiteren Bundesländenr, dieser Absicht nicht anschließen und Afghanistan nicht als sicheres Herkunftsland verstanden wird! Das ist es nämlich keinesfalls. Und es ist wahrlich blanker Hohn, viele dieser Menschen in ein Land zurückschicken zu wollen, in dem ihr Leben und ihre Freiheit immer noch massiv gefährdet sind. Besonder sauch die Tatsache, dass viele Familien sich sehr um eine Integration bemühen und fleißig die Deutschlurse besuchen, sollte doch Berücksichtigung finden. Ich würde es mir von Herzen wünschen wenn diese Familien auch eine Perspektive hätten, hierbleiben zu dürfen!
Danke für ihr Engagement! Allerdings frage ich mich, warum der Flüchtlingsrat nicht noch stärker medial präsent ist, um somit auch mal eine Plattform „für Flüchtlinge“ zu schaffen. Denn Aufmerksamkeit schenkt man ja zuletzt besonders der entgegengesetzten Denkrichtung… leider.