„Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) arbeitet derzeit an einer Reform des Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII).
Den vorläufigen Arbeitsentwürfen vom 7. Juni 2016 bzw. 23. August 2016 ist zu entnehmen, dass u.a. eine neue Hilfeform mit geringerer pädagogischer Betreuungsintensität – die Entwurfsbegründungen vom 7. Juni und vom 23. August sprechen sogar von „ausgesprochen niedriger Intensität“ – sowie der Vorrang von Infrastrukturangeboten vor individualisierten Einzelfallhilfen vorgesehen ist. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass die Hilfe für junge Volljährige für Geflüchtete in der Praxis eine erhebliche Einschränkung erfährt.
Auffällig ist, dass in der Begründung zum Arbeitsentwurf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie geflüchtete junge Volljährige als einzige explizit benannte Beispielgruppe für dieses abgesenkte und niedrigschwellige Leistungs- und Angebotssystem benannt werden. Diese hätten spezifische Bedarfe, die sich primär auf den Erhalt von Unterstützung bei Verselbstständigung und Integration richten würden.
Die in der Regel bestehenden besonders hohen Unterstützungsbedarfe von umF, die sich aus Gewalt und Fluchterfahrungen, Traumatisierung, dem Erfordernis, in einer fremden Umgebung an- und weiterzukommen, ergeben und nach Erfahrung des Bundesfachverband umF oft erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt als der unmittelbaren Ankunftssituation zu Tage treten, werden in der Begründung zu dem genannten Entwurf hingegen vollständig ausgeblendet.
Die mit Vorrang/Nachrang-Regelungen sowie ermessenslenkenden Vorgaben in dem Arbeitsentwurf geschaffene Systematik setzt mithin um, was einige Länder sowie kommunale Spitzenverbände, während der letzten Monate gefordert hatten: Die gesetzliche Grundlage für die Gewährung von Leistungen mit u.a. abgesenkter Betreuungsintensität für junge Geflüchtete zu schaffen. In den darum geführten Debatten wurde der geringere pädagogische bzw. besondere Bedarf mit einer angeblich höheren Selbstständigkeit geflüchteter Kinder und Jugendlicher begründet. Dieses Argument entbehrt nicht nur jeglicher empirischen Grundlage und macht umF zu einer homogenen Gruppe, die Argumentation erscheint zudem besonders zynisch, wenn die auf der Flucht (gezwungenermaßen) erworbene Überlebensselbstständigkeit und Resilienz zur Begründung allgemein angenommener geringerer Bedarfe herangezogen wird.
In der Praxis droht hieraus ein System von Einbahn- und Umleitungsstraßen zu entstehen, das geflüchteten Kindern, Jugendlichen und jungen Volljährigen den Weg zu individuellen und bedarfsgerechten Leistungen erheblich erschwert sowie von bestimmten Leistungen faktisch ausschließt.“
Unter folgendem Link ist das ausführliche Positionspapier des BumFs aufzurufen:
BumF_Positionspapier_SGB_VIII_Reform
Weitere Informationen über die Themenseite des BumFs “ SGB VIII- Reform“:
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...