Landkreis Gifhorn: Schikanen und Drohungen versetzen Geflüchtete in Angst

Landkreis Gifhorn: Schikanen und Drohungen versetzen Geflüchtete im „Pastor Bammel Haus“ in Brome in Angst
Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert sofortige Kündigung der Sicherheitsfirma „Protector Security“

Pastor-Bammel-Haus-soll-75-Fluechtlingen-Platz-bieten_pdaArticleWideIm „Pastor Bammel Haus“ in Brome (Landkreis Gifhorn) verbreitet die mit der Betreuung beauftragte Sicherheitsfirma „Protector Security“ Angst und Schrecken. Dies dokumentieren die Recherchen des NDR, die gestern über „Hallo Niedersachsen“ veröffentlicht wurden. Der Flüchtlingsrat fordert den Landkreis Gifhorn auf, aus dem Skandal umgehend Konsequenzen zu ziehen und den Vertrag mit „Protector Security“ fristlos zu kündigen.

Aufgedeckt wurde unter anderem ein offen aushängender Sanktionskatalog des privaten Betreibers, der etwa Strafzahlungen für Bewohner:innen bei unangemeldetem Besuch, auf dem Flur spielenden Kindern oder Essen außerhalb des Gemeinschaftsraumes vorsah. Auch wurde den Bewohner:innen ein brutales IS-Video vorgespielt.

Für die Aufgaben der sozialen Betreuung, der Hausverwaltung und der Sicherheit in der Gemeinschaftsunterkunft hatte der Landkreis Gifhorn eine Ausschreibung durchgeführt. „Dass dabei einer „Sicherheitsfirma“ der Zuschlag gegeben wurde, die ihren Auftrag selbst mit „Flüchtlingsbewachung“ beschreibt, nur weil diese das preisgünstigste Angebot abgegeben hat, lässt tief blicken und spricht nicht für den Landkreis Gifhorn. Andere Landkreise sind hier weiter, indem sie auch die Qualität des sozialen Betreuungskonzepts in diesem hochsensiblen Feld mit in die Vergabe einbeziehen. Ob Sicherheitsfirmen für den Bereich der Flüchtlingssozialarbeit die richtige Wahl sind, stellen wir aufgrund vieler Praxisberichte grundsätzlich in Frage“, so Geschäftsführer Weber.

Der Flüchtlingsrat fordert, dass die Kreisverwaltung für eine umgehende Rückzahlung aller vom Firmenchef Frank E. rechtswidrig einbehaltenen „Strafgelder“ sorgt und allen von den Vorkommnissen direkt Betroffenen eine Auszugsperspektive anbietet, sofern sie dies konkret wünschen. Darüber hinaus fordert der Flüchtlingsrat eine regelmäßige Kontrolle der beauftragten Betreiberfirmen sowie die Einrichtung eines ständigen Auszugsmanagements für alle Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises, wie es andernorts längst Standard ist.

Weber: „Zielrichtung muss stets das Leben in den eigenen vier Wänden sein, so bald wie möglich. Dies gilt auch für den Landkreis Gifhorn.“

Weitere Informationen:

Flüchtlingsrat Niedersachsen:

Kai Weber, Tel. 0511 84 87 99 72, kw@nds-fluerat.org

Sebastian Rose, Tel. 0152 160 64 025, sr@nds-fluerat.org

Presse dazu:

Wolfsburger Allgemeine Zeitung/ Aller-Zeitung online v. 21.08.2016

Wolfsburger Allgemeine Zeitung/ Aller-Zeitung online v. 22.08.2016

Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 22.08.2016:

Flüchtlinge erheben schwere Vorwürfe
Unterkunftsleiter soll IS-Video gezeigt haben

Gifhorn. Flüchtlinge einer Unterkunft des Landkreises Gifhorn haben Vorwürfe gegen den Betreiber erhoben. Für Verstöße gegen zum Teil willkürlich festgelegte Regeln würden Strafzahlungen verlangt, sagte ein Bewohner dem NDR- Fernsehmagazin „Hallo Niedersachsen“. Einmal sei ein Propaganda-Video der IS-Terrormiliz gezeigt worden, in dem einem Jungen der Kopf abgeschlagen wird. „Wir leben in ständiger Angst. Meine Kinder haben seit vier Tagen das Zimmer nicht verlassen“, sagte der Mann. Der Umgangston in der Unterkunft sei rau und respektlos.

Dass er Flüchtlingen, die zum Teil aus dem syrischen Bürgerkrieg geflohen sind, ein Gräuelvideo zeigte, begründete der Leiter der Einrichtung auf Anfrage von „Hallo Niedersachsen“ so: „Das Video habe ich aus dem Anlass heraus gezeigt, weil in einer Diskussion mal wieder Thema war, zu Hause sei alles besser. Da wollte ich mal veranschaulichen, was da so zu Hause los ist.“

In der Unterkunft hing dem Bericht zufolge über Wochen ein Sanktionskatalog. Darauf seien Strafzahlungen verzeichnet gewesen, die die Flüchtlinge bei Verstößen leisten sollten. Zum Beispiel: „Besucher nicht angemeldet – 20 Euro, Essen außerhalb des Gemeinschaftsraumes – 20 Euro“.

Kreisrätin Evelin Wißmann bestätigte gegenüber dem NDR, dass es Ende Juli Beschwerden gegen den Leiter der Unterkunft gegeben habe. Daraufhin habe es ein Gespräch zwischen dem Mann und einem Mitarbeiter der Ausländerbehörde gegeben. Zu den Sanktionszahlungen sagte Wißmann: „Wenn Flüchtlinge mutwillig etwas beschädigen, dann müssen sie den Schaden ersetzen.“

Bitte schreiben Sie an dieser Stelle nur allgemeine Kommentare.
Wenn Sie individuell Beratung und Unterstützung brauchen, wenden Sie sich bitte an ...

Schreibe einen Kommentar

Jetzt spenden und unsere Arbeit unterstützen!