Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. kritisiert Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF): Trotz fortbestehender Verfolgung sinkt die Schutzquote

Das BAMF verweigert einem zunehmenden Anteil der Asylsuchenden den Flüchtlingsstatus und gewährt in etlichen Fällen nicht einmal mehr subsidiären Schutz. Bei fünf der Hauptherkunftsländer von Schutz­suchenden in Deutschland ist die Anzahl der positiven Entscheidungen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zuletzt deutlich gesun­ken. Dies ergeben Berechnungen des Flüchtlingsrats Niedersachsen. Besonders krass sind die Veränderungen bei Verfahren von afghanischen Flüchtlingen. Hier sank die bereinigte Schutzquote1 von 77,6 % im Jahr 2015 auf 52,9 % im 1. Halbjahr 2016.

„Wir müssen davon ausgehen, dass Hintergrund der deutlich verringerten Schutzquote bei Personen aus Afghanistan auch politische Vorgaben aus Berlin sind“, so Kai Weber, Geschäftsführer des Flüchtlingsrats. „Bundesinnenminister de Maizière versucht schon seit längerem, den Druck zu erhöhen. Die Sicherheitslage in Afghanistan2 und die Lebensrealität der Menschen von dort geben eine veränderte Bewertung der Verfolgungsgefahr jedenfalls nicht her.“

Auch bei den Hauptherkunftsländern Irak, Iran, Pakistan und der Russischen Föderation ist die bereinigte Schutzquote zuletzt gesunken, obwohl sich an den Verfolgungsgründen und der politischen Realität dort wenig geändert hat. „Wir sorgen uns, dass die von BAMF-Leiter Weise forcierte beschleunigte Bearbeitung der Asylverfahren keine fairen Verfahren mehr für alle ermöglicht“, so Weber. „48-Stunden-Bearbeitungskonzepte passen nicht in die Realität von schutzbedürftigen Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten“.

Der Flüchtlingsrat beobachtet die gesamte Entwicklung mit Sorge. Bereits beim Herkunfts­land Syrien hatte das BAMF zuletzt eine deutliche Kehrtwende in seiner Entscheidungs­praxis vollzogen. Zwar erhalten immer noch fast alle Personen aus Syrien, die ein nationales Asylverfahren in Deutschland durchlaufen, einen Schutzstatus. Der Anteil der syrischen Flüchtlinge, denen nur noch subsidiärer Schutz statt einer Anerkennung als Flüchtling zuge­sprochen wird, ist bis Ende Juni 2016 jedoch auf fast 50% angestiegen. Für diesen Perso­nenkreis wurde der Familiennachzug bis März 2018 ausgeschlossen.

1 Erläuterungen dazu sh. Anlage.

2 Sh. etwa den Bericht der UNO v. 11.02.2016 (abgerufen am 05.08.2016).

 

Weitere Informationen:
Flüchtlingsrat Niedersachsen:

Kai Weber, Tel. 0152 160 64 025; kw@nds-fluerat.org

Sebastian Rose, Tel. 0152 160 64 025; sr@nds-fluerat.org

Anlage mit Darstellung der bereinigten Schutzquoten

Presseinformation als pdf

 

Presse dazu:

Hannoversche Allgemeine Zeitung v. 10.08.16, Seite 1:

Flüchtlingsrat sorgt sich um Schutzstatus

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verweigert nach Ansicht des Niedersächsischen Flüchtlingsrates immer mehr Asylsuchenden einen Schutzstatus. Bei fünf Hauptherkunftsländern von Flüchtlingen sei die Anzahl der positiven Entscheidungen des BAMF zuletzt deutlich gesunken, kritisierte der Rat unter Berufung auf eigene Berechnungen. Der sogenannte subsidiäre Schutz wird Flüchtlingen gewährt, deren Asylanträge nicht genehmigt wurden, denen bei einer Rückkehr ins Herkunftsland aber ernsthafter Schaden droht.

Besonders deutlich seien die Veränderungen bei Verfahren von afghanischen Flüchtlingen, obwohl die Sicherheitslage und die Lebensverhältnisse dort eine veränderte Bewertung der Verfolgungsgefahr nicht hergäben. Ähnlich verhalte es sich bei den Herkunftsländern Irak, Iran, Pakistan und Russland. Es gebe Sorge, dass die von BAMF-Leiter Frank-Jürgen Weise forcierte beschleunigte Bearbeitung der Asylverfahren keine fairen Verfahren mehr für alle ermögliche, sagte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, Kai Weber.

 

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