Anmerkung zu den Anwendungshinweisen des BMI zur Bleiberechtsregelung des § 25b AufenthG

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entnommen aus asyl.net
Artikel vom 19.07.2016 von Johanna Mantel, Redakteurin des Asylmagazins

Im Juni wurden vom Bundesinnenministerium (BMI) bundesweit an Ausländerbehörden „allgemeine Anwendungshinweise zur Einfügung des § 25b AufenthG“ verteilt (wir berichten im Asylmagazin 7/2016). Sie beziehen sich auf die am 1. August 2015 in Kraft getretene Regelung des § 25b AufenthG, mit der in Deutschland erstmalig ein alters- und stichtagsunabhängiges Bleiberecht eingeführt wurde.

Ziel der Gesetzesänderung ist die Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Situation von Personen, die „auch ohne rechtmäßigen Aufenthalt anerkennenswerte Integrationsleistungen erbracht haben“ (BT-Drs. 18/4097, S. 1, 23). Personen mit geduldetem Aufenthalt können nun eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie bestimmte Integrationsleistungen vorweisen können. Obwohl die Anforderungen an diese Integrationsleistungen insbesondere in zeitlicher Hinsicht weiterhin hoch sind, bietet die Reform des Bleiberechts für manche langjährig in Deutschland lebende Personen eine Aufenthaltsperspektive (vgl. den Beitrag von Sebastian Röder: § 25a und b AufenthG – Die neuen Bleiberechte bei gelungener Integration. Asylmagazin 4-5/2016).

Die Hinweise des BMI schränken jedoch den Anwendungsbereich der neuen Vorschrift in Teilen erheblich ein.

So vertritt das BMI ausdrücklich entgegen dem Gesetzeswortlaut die Auffassung, der erforderliche Voraufenthalt in Deutschland müsse überwiegend unrechtmäßig, also vor allem mit Duldung, gewesen sein. Nach dem Wortlaut des § 25b sind aber alle Voraufenthaltszeiten anrechenbar, also z.B. auch, wenn die Betroffenen Aufenthaltstitel besaßen.

Diese restriktive Auslegung des BMI veranlasste den migrationspolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Volker Beck, zu einer Nachfrage an die Bundesregierung. Die Regierung wies in ihrer Antwort darauf hin, dass die Anwendungshinweise unverbindlich seien. Aufgrund des Ziels der Gesetzesänderung sollten vor allem geduldete Personen von der Bleiberechtsregelung profitieren können. Das Ministerium räumte aber ein, dass die Anwendung auf Personen mit mehrjährigem rechtmäßigen Aufenthalt gleichwohl möglich ist. Beck bezeichnete die Anwendungshinweise für Ausländerbehörden daher als irreführend.

Es ergeben sich weitere Einschränkungen aus den BMI Anwendungshinweisen: So soll etwa nur „herausgehobenes soziales Engagement“ als relevante Integrationsleistung gelten, die zugunsten der Betroffenen herangezogen werden kann, um andere nicht vollständig erfüllte Erteilungsvoraussetzungen auszugleichen, obwohl diese in der Gesetzesbegründung nur beispielhaft genannt ist. Im Unterschied zu den Anwendungshinweisen lässt das Gesetz es also zu, auch jede andere Integrationsleistung zu berücksichtigen. Darüber hinaus erfährt beispielsweise in den Anwendungshinweisen ein „Fehlverhalten“ der Betroffenen im Rahmen der Prüfung eine höhere Gewichtung als es in Gesetzestext und -begründung vorgesehen ist.

Der Gesetzgeber hatte bei der gleichzeitigen Änderung der Bleiberechtsregelung für junge Menschen in § 25a AufenthG angemerkt, dass die bisherigen engen Voraussetzungen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in der Praxis oft verhindern und wollte daher die Erfordernisse von „verzichtbaren Hemmnissen bereinigen“ (BT-Drs. 18/4097, S. 42 und 23). Daher kann es nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, die Anwendung des neu geschaffenen Bleiberechts über die gesetzlichen Voraussetzungen hinaus einzuschränken.

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