Am Tag des Inkrafttretens des umstrittenen Gesetzes zur Beschränkung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit sog. „subsidiärem Schutz“ hat das BAMF, wie erst jetzt bekannt wurde, auch die Anerkennungspraxis für syrische Flüchtlinge geändert: Seit dem 17. März 2016 wird Flüchtlingen aus Syrien die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr automatisch zuerkannt. Noch im ersten Quartal 2016 lag die Anerkennungsquote für syrische Flüchtlinge bei nahezu 100% (s.u.).
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen ist empört über diese Änderung der Entscheidungspraxis des BAMF, die der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung eindeutig widerspricht, und fordert alle betroffenen syrischen Flüchtlinge auf, vor dem Hintergrund der gravierenden Folgen für den Familiennachzug gegen die Verweigerung einer Flüchtlingsanerkennung gem. §3 AsylG zu klagen.
In einem Schreiben des BAMF heißt es zur Begründung der Änderung der Verfahrenspraxis:
„Die Gewährung von Flüchtlingsschutz nach § 3 AsylG ist … nicht mehr die Regelentscheidung. Wesentliche Gründe für diese Umstellung sind einerseits die aktuelle Massenfluchtbewegung und die Förderung von Reisemöglichkeiten durch eine geänderte Praxis der Passausstellung der syrischen Behörden – auch für Syrer im Ausland – andererseits. Hiermit lässt sich die pauschale Annahme einer regimekritischen Gesinnung infolge eines Auslandaufenthalts nicht mehr aufrecht erhalten. (…) Nunmehr ist im Rahmen der Einzelfallprüfung festzustellen, ob
– eine geltend gemachte Verfolgung an ein GFK-Merkmal anknüpft und damit zum Flüchtlingsschutz führt (§ 3 AsylG) oder
– (lediglich) ein ernsthafter Schaden vorliegt, der subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) bewirkt.
Aus Gründen der Gleichbehandlung mussten notwendigerweise auch Fälle aus dem Jahr 2015, die bislang noch nicht entschieden worden sind, von dieser Verfahrensumstellung erfasst werden. Denn durch das Asylpaket II erfahren alle Antragsteller, die lediglich den Status nach § 4 AsylG erhalten, nicht mehr die Möglichkeit, einen Familiennachzug zu betreiben (diese Bestimmung ist auf 2 Jahre befristet). Es wäre nicht sachgerecht gewesen, diese Rechtsfolge allein vom Einreisedatum abhängig zu machen. (…)“
Damit bewahrheiten sich alle Befürchtungen von Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsverbänden, dass die Bundesregierung den Familiennachzug für syrische Flüchtlinge nicht nur durch Verfahrensverzögerungen und Verwaltungsauflagen systematisch hinauszögert (siehe hierzu die PE vom 7. April 2016), sondern den Familiennachzug auch durch eine Herunterstufung des syrischen Flüchtlingen gewährten Schutzes aushebeln will: Syrische Flüchtlinge, die keinen Flüchtlingsstatus erhalten, sondern nur „subsidiären Schutz“, fallen unter die am 17.3. in Kraft getretene zweijährige Sperre beim Familiennachzug. Dieses Vorgehen ist mehr als schäbig. Angehörige, insbesondere auch Frauen und Kinder, haben keine Chance mehr auf einen ungefährlichen legalen Familiennachzug und werden zur gefährlichen Flucht über die Boote getrieben.
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Anhang:
Im Zeitraum 01-03/2016 hat das BAMF syrischen Flüchtlingen folgenden Schutz zugesprochen:
- 74.069 GFK, darunter 239 GG-Asylberechtigung
- 573 subs. Schutz
- 117 Abschiebungsverbote
Mit seiner neuen Direktive ignoriert das BAMF die obergerichtliche Rechtsprechung zu Syrien, die weiterhin Gültigkeit beanspruchen dürfte:
OVG-Entscheidungen ua:
- OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss v. 24.04.14
- OVG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 17.07.12
- VGH Hessen, Beschluss v. 27.01.14
- OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 09.01.14
Sh. auch Beitrag im Asyl-Magazin 9/2014, Seite Seite 286-287
PE vom 7. April 2016)
die Sachen die hier aufgeführt werden stimmen wohl genau…man kann es täglich miterleben..
So ist ein Syricher 16 Jähriger anerkannter Flüchtling mit Aufenthaltstitel in Deutschland, nicht erlaubt, im Zuge der Familienzusammenführung, seine noch in Beirut ausharrenden Eltern und Geschwister nach zu holen. Lediglich die Einreise der Eltern wurde Ihm erlaubt.. Aber was sollen die Eltern machen????
Ihre Kinder zurück lassen???
Was ist das nur für eine Gestz